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Hightech-Unternehmen am Pranger

Syrien, China und der Iran zählen laut Reporter ohne Grenzen zu den größten Feinden des Internets. In diesen Ländern werden Inhalte zensiert und gefiltert, Kritiker abgehört und ausspioniert. Daran verdienen auch Firmen aus Deutschland.

Von Philip Banse | 12.03.2013
    Der Bericht "Feinde des Internets" kritisiert namentlich fünf westliche Firmen. Unternehmen wie BlueCoat und Amesys würden Computer und Software verkaufen, mit der Staaten das Internet sowie einzelne Computer und Mobiltelefone überwachen können. Matthias Spielkamp, Vorstandsmitglied bei Reporter ohne Grenzen:

    "Wir werfen denen vor, dass sie daran beteiligt sind, Informationen zu sammeln für autoritäre und repressive Regimes, die dann eben einfach dazu führen, dass Dissidenten, das können Aktivisten, Journalisten oder Blogger sein, abgehört werden, inhaftiert werden, dass ihre Quellen auffliegen und dass Leute ins Gefängnis kommen und zum Teil gefoltert werden."
    Die Münchner Firma Gamma etwa, Teil der britischen Gamma Group, stellt Software her wie Finfisher, ein Spionageprogramm für Polizei und Geheimdienste, mit der auch Bürgerrechtler und Journalisten ausspioniert werden, sagt Matthias Spielkamp von Reporter ohne Grenzen.

    "Eine bahrainische Aktivistin hat festgestellt, dass auf ihrem Smartphone eine solche Überwachungssoftware installiert war, in dem Fall eben von der Firma Gamma, mit der überprüft werden konnte, wen sie kontaktiert, und mit der offenbar zum Teil sogar E-Mails dokumentiert, also mitgeschnitten worden sind."

    Die Gamma Group hat auf eine Bitte um Stellungnahme nicht reagiert. Reporter ohne Grenzen verlangt von der OECD, auch die Münchner Trovicor GmbH zu rügen. Die Organisation wirft Trovicor unter anderem vor, in Bahrain Überwachungszentren zu warten, mit denen E-Mails, Skype-Gespräche und Webverkehr überwacht und zensiert werden können.

    "Und das ist das, was wir Trovicor vorwerfen. Da werden Systeme gewartet, die für ein genau solches Monitoring, also solche Überwachung eingesetzt werden. Und wenn die von denen nicht gewartet werden würde, ist die Wahrscheinlichkeit recht hoch, dass die nicht funktionieren würden. Die sorgen dafür, dass das funktioniert. Und dann einfach zu sagen, wir stellen aber keine Produkte her, die so etwas machen, ist schon eine ziemlich schwache Ausflucht."

    Man warte die eigenen Produkte, sagte eine Sprecherin vom Trovicor, verrät aber nicht, wo:

    "Ich kann ihnen leider grundsätzlich keine Aussagen machen zu den Ländern oder Kunden, die das Haus Trovicor betreut oder nicht betreut, weil in den Verträgen Geheimhaltungsklauseln enthalten sind."

    Die Trovicor-Sprecherin sagte, ihre Firma halte sich an die Gesetze in Deutschland und in jenen Staaten, die Trovicor beliefere. Reporter ohne Grenzen fordert daher, dass Produkte, die zur Internet-Überwachung eingesetzt werden können, nicht mehr einfach exportiert werden können:

    "Derartige Software, Hardware und auch Dienstleistungen unterliegen bisher keinerlei Kontrolle. Das heißt, sie werden nicht in demselben Regime überwacht, in dem kontrolliert wird, ob Panzer exportiert werden oder andere Waren, die nicht nur für friedliche Zwecke eingesetzt werden können. Und das wollen wir erreichen."

    Die EU und die USA haben den Export von Überwachungstechnik nach Iran und Syrien verboten, das sei lobenswert, sagt Reporter ohne Grenzen, es müsse dennoch eine europaweite Exportkontrolle für Überwachungstechnik installiert werden.