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Hillary Clinton im Porträt
Festhalten am persönlichen Traum

Von der Präsidentengattin zur Präsidentschaftskandidatin: Hillary Clinton will die erste Frau im Weißen Haus werden. Doch die 40 Jahre in der Öffentlichkeit haben auch ihre Spuren hinterlassen - viele Amerikaner misstrauen ihr und haben die Fehltritte der Vergangenheit nicht vergessen.

Von Marcus Pindur | 13.05.2016
    Hillary Clinton vor einem Rednerpult. Sie hat die Arme weit ausgebreitet und strahlt.
    Hillary Clinton im Palm Beach County Convention Center in West Palm Beach, Florida (imago/ZUMA Press)
    Die stärksten Passagen ihrer Wahlkampfreden sind die, in denen sie von ihrer Mutter spricht. Dorothy Rodham lebte die letzten Jahre ihres Lebens bei ihrer Tochter Hillary. Sie starb 2011 im Alter von 92 Jahren. Die Widerstandskraft, den Durchhaltewillen, den man Hillary Diane Rodham Clinton gemeinhin zuschreibt – den auch ihre Gegner anerkennen – den hat sie von ihrer Mutter. Dorothy Rodham hatte eine furchtbare Kindheit, ihre Eltern ließen sie im Stich, mit acht Jahren setzte man sie in einen Zug von Illinois nach Kalifornien um dort mit gewalttätigen Großeltern zu leben, und mit 14 fing sie an, als Haushälterin ihr Geld zu verdienen.
    Kleine Gesten des Verständnisses, kleine Hilfen im Alltag, verständnisvolle Menschen waren es, die es der Mutter Hillary Clintons ermöglichten, dennoch einen Highschool-Abschluß zu machen. Die Frau, bei der sie arbeitete, erlaubte ihr, nebenbei zur Schule zu gehen, der Lehrer brachte eine Extraportion Schulspeisung mit - Geschichten von der Verantwortung gegenüber dem Nächsten und die Geschichte der Selbstverantwortung, des Durchhaltens, des Festhaltens am persönlichen Traum.
    40 Jahre im Licht der Öffentlichkeit
    Eine Botschaft, an die viele ihrer Zuhörer – und Zuhörerinnen - anknüpfen können. Eine perfekte Botschaft für eine Wahlkampagne: Seht her, ich weiß um Eure Mühsal. Dennoch misstrauen Hillary Clinton viele. 40 Jahre im Licht der Öffentlichkeit haben Spuren hinterlassen. Die Anfeindungen gegen das junge Babyboomer-Ehepaar Clinton im Weißen Haus waren an Häme und Bösartigkeit kaum zu überbieten, und Hillary Clinton musste dann auch noch den Skandal um die Affäre ihres Mannes durchstehen.
    Hillary Clinton und ihr Mann Bill jubeln ihren Anhängern in Nevada zu.
    Hillary Clinton und ihr Mann Bill freuen sich über den Sieg in Nevada. (AFP / Josh Edelson)
    Was darüber in Vergessenheit gerät, ist, dass der erste Anlauf zu einer Gesundheitsversorgung für alle Amerikaner von der Präsidentengattin Hillary Clinton entworfen wurde. Er scheiterte zwar. Doch die Ehefrau im Weißen Haus hatte gezeigt, dass sie nicht lediglich das repräsentative Anhängsel ihres Mannes sein wollte. Ein Anspruch, der sie in den Augen der Kulturreaktionären unter ihren Gegnern vollends unakzeptabel und verhasst machte.
    Frauen über 45 zählen zu ihren verlässlichen Fans
    All dies hat Spuren hinterlassen, bei ihr, und bei der Öffentlichkeit, die allzuoft den Vorwurf des Skandales für bare Münze nimmt: Es wird schon etwas dran sein. Aber weder damals der Whitewater-Immobiliendeal in Arkansas, noch ihr angebliches Versagen im Fall Bengasi (der amerikanische Botschafter kam zum Ende ihrer Amtszeit als Außenministerin bei einem Terrorangriff ums Leben), noch im Email-Skandal (Clinton benutzte einen persönlichen Server bei sich zu Hause und einige ihrer Emails enthielten vertrauliches Material) haben sich die Vorwürfe bewahrheitet – Überraschungen nicht ausgeschlossen.
    Ihre Kompetenz zweifeln auch ihre Gegner nicht an: Hillary Clinton hat einen Jura-Abschluß von Yale und hätte wahrscheinlich ohne ihren Mann schneller Karriere gemacht. Immer war sie engagiert: Ihren ersten Job hatte sie beim "Children´s Defense Fund", einer Sozialorganisation. Dort knüpfte sie von Anfang der 70er-Jahre an Kontakte zu schwarzen und Latino-Frauen, die sie bis heute pflegt. Frauen über 45 zählen insgesamt zu ihren verlässlichsten Fans.
    Ihre Beliebtheitswerte sind jedoch für eine Präsidentschaftsbewerberin eigentlich zu schlecht. Sie wirke kompetent, aber nicht authentisch, heißt es oft. Manchmal wirkt sie bemüht. Erst in letzter Zeit hatte man auf ihren Wahlkampfveranstaltungen den Eindruck, dass sie in eine glaubwürdige Rolle gefunden hat. Am besten, am emotionalsten und auch am glaubwürdigsten sind gerade die Auftritte, bei denen sie sich an politischen Inhalten abarbeitet. Sie formuliere erst ihre politischen Inhalte, und daraus ergebe sich dann ihre übergeordnete politische Botschaft, kolportiert ihr Wahlkampfteam, das um die Schwächen seiner Kandidatin weiß.
    Leicht nach links gerückt
    Sie selber scherzt, sie habe immer nur im Amt gute Beliebtheitswerte gehabt, ob als Senatorin für den Bundesstaat New York oder als Außenministerin Barack Obamas. Außerdem seien die Beliebtheitswerte ihres Konkurrenten Donald Trump noch viel schlechter – was stimmt, aber angesichts des unberechenbaren Phänomens "Trump" ihre Berater kaum beruhigen wird.
    Im Wahlkampf ist die Mitte-Links-Politikerin leicht nach links gerückt. Den Transpazifischen Partnerschaftsvertrag, einen Handelsvertrag der USA mit Staaten des pazifischen Beckens, hat sie als Außenministerin befürwortet und lehnt sie als Wahlkämpferin ab. Nach dem ihr Konkurrent Bernie Sanders sie in einer Debatte bedrängte, machte sie sich auch den flächendeckenden Mindestlohn von 15 Dollar als Forderung zu Eigen.
    Ein Foto des US-Senders CNN zeigt Hillary Clinton neben Bernie Sanders während einer TV-Debatte der Demokraten im US-Bundesstaat Michigan.
    Der Ton wird schärfer zwischen Hillary Clinton und Bernie Sanders. (picture alliance / dpa / Edward M. Pio Roda / CNN / Handout)
    Die demokratische Basis und Bernie Sanders haben sie nach links gedrängt. Sanders hat die Pragmatikerin Clinton mit seiner linkspopulistischen Botschaft deutlicher unter Druck gesetzt, als vor Beginn des Vorwahlprozesses möglich erschien, und er will bis zum Ende durchalten, das heißt bis zum Wahlparteitag im Juli - obwohl er keine Chance mehr hat, die Nominierung zu gewinnen.
    2016 - das Jahr der Populisten
    Ob dies ein Vorteil oder ein Nachteil für Clinton ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die einen sagen, die Konkurrenz zu Sanders habe Clinton gezwungen, eine schärfere, bessere, pointiertere Wahlkämpferin zu werden und trage dazu bei, die demokratische Basis anzufeuern. Andere halten es für schwierig, die beiden sehr unterschiedlichen Flügel der Partei anschließend wieder zu einem gemeinsamen Wahlkampf zusammenzubringen.
    2008 haben die Demokraten dies geschafft. Doch das ist lange her. 2016 ist ein Jahr der Populisten, wie der Erfolg Sanders` und Trumps zeigt. Klar ist, dass ihr republikanischer Konkurrent Donald Trump alle Register ziehen wird. Ob das am Ende nicht eher für Clinton spricht, wird sich zeigen.
    Ihre offizielle Website:
    https://www.hillaryclinton.com/
    Ihr Porträt auf der Website des Weißen Hauses:
    https://www.whitehouse.gov/1600/first-ladies/hillaryclinton
    Ein Porträt auf Deutsch aus dem Focus:
    http://www.focus.de/politik/ausland/usa/hillary-clinton-die-frau-mit-killerinstinkt-will-us-praesidentin-werden_id_5379131.html
    Ein Portrait von Carl Bernstein in der Washington Post (von 2007)
    http://www.washingtonpost.com/wp-dyn/content/article/2007/06/01/AR2007060101841.html