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Historikertag in Hamburg
Geschichte kommt in der Schule zu kurz

In Hamburg wird heute der 51. Historikertag eröffnet. Im Fokus des größten geisteswissenschaftlichen Kongresses Europas stehen in diesem Jahr Glaube und Religion. Die Veranstalter wollen aber auch für besseren Geschichtsunterricht an Schulen werben.

20.09.2016
    Schüler lernen im Geschichtsunterricht an einer Hauptschule in Arnsberg (Sauerland).
    Kritik am Geschichtsunterricht in Schulen kommt vom Verband der Geschichtslehrer Deutschlands. (dpa / picture alliance / Fabian Stratenschulte)
    Das Leitthema des Kongresses lautet "Glaubensfragen" und rückt laut Aussagen der Veranstalter "die weltweit auftretenden Auseinandersetzunge zwischen verschiedenen Religions- und Glaubensgruppen ins Zentrum der Aufmerksamkeit und verweist auf die Notwendigkeit ihrer historischen Einordnung". Das Motto betreffe aber aber auch die Geschichtswissenschaft selbst. Denn der "Wunsch nach Erkenntnis und rationaler Durchdringung der Welt" bewege sich stets in einem Spannungsverhältnis zwischen Glauben und Wissen, so die Veranstalter.
    Kritik am Geschichtsunterricht
    Vor der Eröffnung bemängelte der Vorsitzende des Histroikerverbandes, Martin Schulze Wessel, den Geschichtsunterricht an deutschen Schulen. Er sagte, der Unterricht sei in einem "beklagenswerten Zustand". Kern des Faches sei, Ursachen und Folgen der Geschichte zu erkennen. Stattdessen würden meist Einzelereignisse herausgegriffen. Häufig werde Geschichte auch mit Geografie und Sozialkunde zusammengelegt und fachfremd unterrichtet.
    Ulrich Bongertmann, Vorsitzender des Geschichtslehrerverbands, beklagte die einseitige Ausrichtung der Lehrpläne auf Kompetenzen. Die politisch-historische Bildung werde immer mehr zurückgedrängt. In den vergangenen Jahren habe der Unterricht in den Mint-Fächern - Naturwissenschaften und Technik - einseitig im Fokus gestanden und sei stark ausgebaut worden. Historische Inhalte seien aber auch wichtig. Ziel des Geschichtsunterrichts sei es nicht, Fakten auswendig zu lernen, sondern Zusammenhänge herzustellen.
    Ulrich Bongertmann, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Geschichtslehrer (l.) und Martin Schulze Wessel, Vorsitzender des Historikerverbandes, beim 51. Historikertag in Hamburg
    Ulrich Bongertmann, Vorsitzender des Verbandes Deutscher Geschichtslehrer (l.) und Martin Schulze Wessel, Vorsitzender des Historikerverbandes, beim 51. Historikertag in Hamburg (dpa/picture alliance/Daniel Reinhardt/Montage Deutschlandradio)
    Partnerland Indien
    Diesjähriges Parnterland des Kongresses ist Indien. Der Deutsche Historikerverband hat damit erstmals ein Land außerhalb Europas und des transatlantischen Kulturkreises gewählt. Damit wolle man die Bedeutung eines globalen Austausches über Geschichtsbilder signalisieren, so der Verband. Zu dem Kongress werden etwa 3.500 Teilnehmer aus 20 Ländern erwartet. Rund 400 Referenten stehen auf dem Programm. Bei Vorträgen und Podiumsdiskussionen wollen sich die teilnehmenden Historikerinnen und Historiker mit Problematiken der Deutungsmacht, der Überzeugungen, Ideologien und Dogmen auseinandersetzen und auch die Ergebnisse neuester Forschung präsentieren.
    Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) eröffnet den Kongress offiziell. Er ist live aus New York zugeschaltet, wo er an der UNO-Gerneraldebatte teilnimmt.
    Der Historikertag im Programm vom Deutschlandfunk:

    Heute, 20. September:
    - Interview mit Ulrich Bongertmann vom Deutschen Geschichtslehrerverband, Campus & Karriere, ab 14.35 Uhr
    - Kollegengespräch mit dem DLF-Hamburg-Korrespondenten Carsten Schroeder, Kultur heute, ab 17.35 Uhr

    Donnerstag, 22. September:
    - Live-Sendung vom Historikertag, Aus Kultur- und Sozialwissenschaften, ab 20.10 Uhr
    (cvo/tgs)