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Hitze, Hagel, Hochwasser

Ein schwülheißer Sommertag. Gewaltige Wolken ziehen auf, der Himmel verdunkelt sich. Das Thermometer fällt, heftiger Wind beginnt zu tosen. Nur Minuten später rückt eine gewaltige Gewitterzelle heran. In dem Ort, auf den das Unwetter zueilt, klingeln simultan die Mobiltelefone, SMS-Warnungen gehen bei den Bewohnern ein.

Von Volker Mrasek | 06.08.2007
    In öffentlichen Gebäuden schließen sich Fenster und Jalousien wie von Geisterhand, genauso die Rückstauklappen in den Kanalzuleitungen verschiedener Häuser. Auch die Feuerwehr ist gewappnet. Mit ihrem Pumpen hat sie schon vorher in jenen Stadtteilen Stellung bezogen, in denen es später wie aus Kübeln schüttet.

    Rettungskräfte und Bevölkerung konnten sich darauf verlassen, frühzeitig gewarnt zu werden. Denn um ihren Ort herum ist ein Schutzschirm aus meteorologischen Messsensoren aufgespannt. Die Instrumente schlagen Alarm, sobald ein Unwetter im Anmarsch ist, beschatten es förmlich. In Echtzeit fließen die Daten in ein lokales Informationsnetz, halten Einsatzzentrale und Bevölkerung auf dem Laufenden.

    Das ist keine Fiktion, sondern bald Realität. Auch Deutschland muss sich auf die Folgen des Klimawandels einstellen. Längere sommerliche Hitzewellen, Wasserknappheit, aber auch häufigere und vermutlich heftigere Unwetter: Damit ist zu rechnen. Deshalb testen Forscher tatsächlich demnächst Sensor-Schutzschirme, um besser auf Starkniederschläge vorbereitet zu sein. Nicht nur in einer bayerischen Modell-Gemeinde, sondern auch am Standort eines Chemiebetriebs.

    Das Projekt ist eines von vielen, die "Forschung aktuell" in einer Serie während der besonders kritischen Jahreszeit vorstellt. Wissenschaftler zerbrechen sich nicht mehr nur den Kopf darüber, wie sich Treibhausgas-Emissionen mindern oder ganz vermeiden lassen. Sie arbeiten längst an praktischen Konzepten, um sich auf eine weitere Klimaerwärmung einzustellen und mit dem Unvermeidbaren klarzukommen.

    So haben Medizinmeteorologen des Deutschen Wetterdienstes ein neues, bundesweites Hitze-Warnsystem entwickelt. Es ist eine Reaktion auf den extremen Sommer 2003 mit schätzungsweise 35.000 Toten in Westeuropa. Allerdings ist das System in der Bevölkerung noch nicht sonderlich bekannt. In Großstädten mit ihrem "Wärmeinsel-Effekt" stehen die Bewohner während einer Hitzeperiode unter besonders hohem thermischem Stress. In Freiburg laufen in diesem Sommer Messkampagnen, bei denen untersucht wird, wie Stadtquartiere gestaltet werden müssten, um sie besser zu belüften und den kritischen Wärmeinseleffekt zu verkleinern. Hydrologen machen sich derweil Gedanken, wie sich rückläufige Niederschlagsmengen auf den Wasserhaushalt auswirken werden. Und wie etwa ein zukünftiges Gebietsmanagement im Spreewald aussehen muss, damit die einmalige Kulturlandschaft nicht gänzlich trocken fällt.

    Auf Veränderungen durch den Klimawandel muss sich auch die Landwirtschaft einstellen. In langjährigen Versuchsreihen überprüfen Züchtungsforscher, wie gängige Agrarpflanzen auf verstärkten Hitze- und Trockenstress reagieren - wobei sich Kartoffeln bereits als besonders sensibel erwiesen haben. Am Weinbau lässt sich zeigen, dass steigende Außentemperaturen auch auf andere Weise schädlich sein können: Sie locken wärmeliebende Krankheitserreger aus südlichen Gefilden in unsere Anbauzonen; Forscher registrieren zugleich einen stärkeren Fäulnisbefall - und tüfteln eilig an Strategien für Gegenmaßnahmen. In Reportagen schildert "Forschung aktuell" die Bemühungen verschiedener Wissenschaftszweige, vernünftige Vorsorgekonzepte in Erwartung des fortschreitenden Klimawandel zu entwickeln.

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