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Hochschulbarometer 2017
"Die Stimmung ist durchaus solide positiv"

Laut aktuellem Hochschulbarometer sehen die Leitungen ihre Hochschulen gut ins gesellschaftliche Geschehen eingebunden. Allerdings fühlten viele sich finanziell allein gelassen, sagte Pascal Hetze vom Stifterverband, der das Hochschulbarometer herausgibt, im Dlf.

Pascal Hetze im Gespräch mit Kate Maleike | 25.10.2017
    Ein Professor und seine Studenten bei einer Vorlesung an der FH RheinAhrCampus.
    Hochschulen haben laut dem neuen Hochschulbarometer den Eindruck, dass sie gesellschaftlich eine Rolle spielten. Aber das Dauerthema Geld bleibe (imago)
    Kate Maleike: Einmal im Jahr bekommen Hochschulleitungen in ganz Deutschland Post vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Wie schätzen Sie die Lage und die zukünftigen Entwicklungen Ihrer Hochschule ein, werden sie dann gefragt, und daraus ergibt sich eine Art Klimabericht – das Hochschulbarometer. Für 2017 ist es heute erschienen. Pascal Hetze, der Projektleiter ist am Telefon. Guten Tag, Herr Hetze!
    Pascal Hetze: Hallo, Frau Maleike!
    Maleike: Wie, kann man denn sagen, ist die Stimmung an den deutschen Hochschulen gerade?
    Hetze: Also, wir können jetzt eigentlich über die Jahre hinweg schon feststellen, dass die Stimmung durchaus solide positiv ist, was aber auch sehr stark auffällt ist, dass bei einzelnen Themen die Varianz sehr groß ist und zwischen den verschiedenen Hochschultypen.
    Gesellschaftliche Einbindung gut, Sorge um Rahmenbedingungen
    Maleike: Bei welchen Themen ist die Varianz so groß, dass Sie sie messen können?
    Hetze: Wir beobachten jetzt die Stimmung seit rund fünf Jahren, und eine sehr positive Entwicklung, um damit mal anzufangen, stellen wir bei allen Themen fest, die die Hochschule als Akteur in der Gesellschaft sehen. Also sie fühlen sich viel besser eingebunden in kooperative Beziehungen mit der Wirtschaft, mit anderen Wissenschaftseinrichtungen, aber auch immer mehr mit zivilgesellschaftlichen Akteuren. Auf der anderen Seite steigen die Sorgen um die Rahmenbedingungen. Also darunter zählen wir die Finanzsituation, die Autonomie der Hochschulen, aber auch verschiedene andere rechtliche Rahmen, die einer Hochschule das Leben leicht machen können oder es eben erschweren.
    Maleike: Genau im letzten Barometer 2016, da habe ich extra reingeguckt, da haben nämlich die Hochschulleitungen vor allen Dingen das Thema Finanzen genannt und einen großen Nachholbedarf formuliert von 26 Milliarden Euro, um eben die Infrastruktur an ihren Einrichtungen zu stärken. War das diesmal auch wieder ein großes Thema?
    Hetze: Die Finanzen bleiben das Sorgenkind der Hochschulen.
    Kleine und mittlere Unis fühlen sich zwischen den Stühlen
    Maleike: Ein Dauerthema.
    Hetze: Ein Dauerthema, aber hier erkennt man gerade, wenn man nach den einzelnen Hochschulgruppen unterscheidet, doch sehr große Unterschiede. So richtig einen Hilferuf kann man vor allem gerade bei kleineren, mittleren Universitäten erkennen. Die sehen sich so ein bisschen in der Zwickmühle zwischen den unterschiedlichen öffentlichen Förderprogrammen, die es gibt, die entweder sehr stark an der Spitze, Stichwort Exzellenzinitiative, angreifen oder das Thema Transfer sehr stark prominent spielen, aber kleinere, mittlere Hochschulen fühlen sich von allen Dingen nur sehr bedingt angesprochen.
    Maleike: Ist das ein Trend, den Sie jetzt über die Jahre, die Sie ja schon angesprochen haben, in dieser Langzeitbeobachtung schon haben früher feststellen können oder ist der neu?
    Hetze: Der Trend ist tatsächlich alt, er verstärkt sich nur immer weiter. Also mit 2011, der ersten Befragung, fühlten sich diese mittleren Hochschulen eigentlich noch ganz kommod aufgestellt, seitdem ist aber kontinuierlich eine Verschlechterung festzustellen.
    Hochschulen sollten sich mehr in Weiterbildung engagieren
    Maleike: Sie haben dieses Mal auch ganz besonders in einem Schwerpunktthema auf den Bereich der akademischen Weiterbildung geschaut – mit welchem Ergebnis?
    Hetze: Die Hochschulen sehen die akademische Weiterbildung durchaus als Handlungsfeld, auch unter dem Bereich der Third Mission, dritte Mission, und 80 Prozent der Hochschulen haben Angebote zur Weiterbildung. Das ist schon recht beeindruckend. Sie nutzen die Potenziale, die sich daraus für sie ergeben, sowohl im akademischen Bereich als auch als Finanzmittel, jedoch nur bedingt.
    Maleike: 'Jedoch nur bedingt' heißt was übersetzt?
    Hetze: Es sind gerade mal sechs bis sieben Prozent aller Studierenden in Weiterbildungsstudiengängen oder belegen Zertifikatskurse. Das ist, wenn man das riesige Nachfragepotenzial sich anschaut, das auf dem Weiterbildungsmarkt besteht, eine ganz, ganz kleine Zahl.
    Maleike: Das bedeutet, eigentlich müsste man sagen, die Hochschulen müssen sich mehr engagieren im Weiterbildungssektor.
    Hetze: Das sollten sie auf jeden Fall tun, und sie sollten die Weiterbildung auch durchaus als gesellschaftliches Instrument sehen, aber auch als Instrument, um das eigene Hochschulprofil weiter zu stärken.
    Niveau privater und staatlicher Hochschulen gleicht sich an
    Maleike: Gab es irgendwas, Herr Hetze, was Sie besonders überrascht hat dieses Mal oder eine überraschende Erkenntnis?
    Hetze: Eine überraschende Erkenntnis war, auch wenn man noch mal auf das Stimmungsbild schaut, wie sich private Hochschulen und staatliche Hochschulen annähern. Wir konnten in den letzten Jahren eigentlich immer feststellen, dass die privaten Hochschulen deutlich besser aufgestellt waren, deutlich zufriedener sich gezeigt haben. Da scheint sich eine Trendwende abzuzeichnen. Gerade, was das Thema Autonomie betrifft, sind die privaten Hochschulen nicht mehr besser als die staatlichen.
    Maleike: Und was macht Sie so sicher, dass Sie die Stimmung tatsächlich, sage ich mal, wirklich exemplarisch erfassen, wenn Sie zum Beispiel die Studierenden, die ja die größte Anzahl der Beteiligten sind, nicht befragen?
    Hetze: Es ist tatsächlich das Stimmungsbarometer der Hochschulleitungen. Wir wählen die Hochschulleitungen, weil sie natürlich ganz maßgeblich die Strategien der Hochschulen mitbestimmen. Wir wollen ja auch eine Art Trendbarometer dabei sein, und wir denken, dass bei den Hochschulleitungen die unterschiedlichen Stimmungen tatsächlich kumuliert ankommen.
    Stimmungsbarometer als Argumentationsgrundlage
    Maleike: Was passiert denn jetzt mit diesem Stimmungsbild? Das ist ja wie ein Wetterbarometer, auf das klopft man ja auch immer mal drauf, um zu sehen, wie wird es denn morgen. Was machen Sie damit, wie wird das genutzt?
    Hetze: Wir nutzen das Barometer vielfältig. Wir nutzen es auch für unsere internen Initiativen und Programme. Es ist sozusagen auch Resonanzraum für die Aktivitäten des Stifterverbandes insgesamt, aber wir wollen natürlich auch die Öffentlichkeit und die Politik aufrütteln und den Finger in die Wunde legen, wo brauchen die Hochschulen eigentlich noch mehr Unterstützung in Zukunft.
    Maleike: Im Hochschulbarometer wird jedes Jahr aufs Neue die Stimmung an den Hochschulen in Deutschland abgefragt und ausgelotet. Zu den Ergebnissen 2017 war das Pascal Hetze vom Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Vielen Dank!
    Hetze: Danke Ihnen!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.