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Hochschulkürzungen
Leipziger Studenten protestieren weiter

Erst vor einem Monat haben tausende Studierende im Leipzig gegen die Kürzungen an den sächsischen Hochschulen demonstriert. Nun haben Studenten der Theaterwissenschaft das Rektorat besetzt und zu einer Pressekonferenz eingeladen. Die Uni handele rechtswidrig, eventuell soll sogar geklagt werden.

Von Claudia Euen | 25.07.2014
    Studenten laufen mit einem Transparent mit der Aufschrift "Kürzer geht's nicht! Bildung braucht Zukunft!" am 25.06.2014 zu einer Kundgebung auf dem Augustusplatz in Leipzig (Sachsen).
    Studenten aus Sachsen-Anhalt und Sachsen protestierten in Leipzig gegen die Kürzungen in ihren Hochschulbereichen. (picture alliance / dpa / Peter Endig)
    Wo sich jetzt Studierende und Lehrende drängen, lagen bis gestern noch Isomatten und Schlafsäcke: im Rektorat der Universität Leipzig. Zwei Wochen lang campierten Studierende der Theaterwissenschaft in den offiziellen Räumen. Sie protestieren gegen die Politik der Universität, die ihr Institut verkleinern, andere Institute gänzlich schließen will. 72 Stellen sollen bis 2020 wegfallen. Ina Lutz hat mehrere Nächte hier verbracht. Die Studentin der Theaterwissenschaft engagiert sich seit Jahren im Fachschaftsrat und im Stupa. Heute ist sie müde und gleichzeitig aufgekratzt. Gemeinsam mit anderen Besetzern hat sie zur Pressekonferenz geladen.
    "Es ist so, dass eine Universität, die Stellen kürzen muss, diese Stellen nur kürzen muss anhand eines Qualitätssicherungssystems. Das findet sich in Paragraf neun des Hochschulfreiheitsgesetzes. Dieses Qualitätssicherungsystem beinhaltet eine regelmäßige Evaluierung. Alle zwei Jahre müssen alle Institute sowohl intern evaluiert werden. Als auch extern von externen Gutachterinnen. Das ist nicht erfolgt."
    Keine Transparenz
    Ina Lutz und ihre 12 Mitstreiter haben in den letzten Tagen nicht nur Seminare im besetzten Rektorat abgehalten, Filme gezeigt, mit Vertretern des Landtages und der Uni gesprochen: Sie haben auch Gesetzesbücher gewälzt, eine Anwältin um Rat gefragt und sind zu dem Schluss gekommen, dass die Leitung der Universität etwas Wichtiges versäumt hat: Alle Verantwortlichen in den Entscheidungsprozess miteinzubeziehen. Nicht nur der Senat wurde viel zu spät über geplante Kürzungen informiert, sagt Ina Lutz.
    "Dieses Umgehen vom Gremien betrifft auch die Evaluation, Absprachen mit dem Studentinnenrat muss stattfinden, auch das ist nicht geschehen. Es gab keine Absprache, keine Meinungsabfrage. Wenn ein Institut geschlossen werden soll, dann müssen auch die Fachschaftsräte miteinbezogen werden, weil ja auch die Fachschaftsräte geschlossen werden sollen und das meinen wir mit Umgehen von Gremien. Diese Kommunikation hat nicht stattgefunden."
    Kampf gegen die Rektore
    Die Studierenden fühlen sich schlichtweg übergangen, in ihren Forderungen nicht ernst genommen. Sie wissen um den Druck, der auf Rektorin Beate Schücking lastet, dennoch: Müssten sie nicht gemeinsam den Kürzungsplänen der Landesregierung entgegentreten? Mittlerweile kämpfen die Studierenden gegen die Rektoren, werfen ihnen Fehler und Intransparenz vor. Für Professor Thomas Lenk, Prorektor für Entwicklung und Transfer hat der Vorwurf, dass die Lehre nicht ausreichend evaluiert wurde, nichts mit den Kürzungen zu tun. Zudem ist ihm das Auftreten der Protestler mit ihren bunten Masken zu provokant und habe die Diskussion nicht vorangebracht, sagt er.
    "Das Ergebnis ist nicht gut. Dass der Prozess intern noch mal angestoßen wurde, dass wir über die gewählten Vertreter gehen, das ist unstrittig. Das ist gut so. Und es stimmt auch nicht, dass wir die Gremien: Hochschulrat oder Senat nicht rechtzeitig einberufen haben, wir sind da schon gesetzeskonform vorgegangen. Die Frage ist, ob es aus Sicht derer, die jetzt protestieren früh genug war. Aber wir haben die Reihenfolge eingehalten."
    Der letzte Paukenschlag
    Die Fronten haben sich verhärtet. Die Besetzer sind mit ihrem Streik in Leipzig erst mal am Ende. Im August wollen sie mit ihren Forderungen in den Dresdner Landtag ziehen. Die heutige Pressekonferenz war der letzte Paukenschlag mit einem konkreten Ziel, sagt Ina Lutz.
    "Wir möchten, dass eine Institution, am besten die Theaterwissenschaft klagt, gegen die Kürzungen aufgrund von Verfahrensfehlern im Prozess der Kürzungen, die rechtswidrig sind in Bezug auf das Hochschulfreiheitsgesetz. Das ist ein schwieriger Punkt. Wir haben immer gesagt zum Rektorat, stellt euch hinter die Institute, stellt euch hinter die Studierenden. Das hat das Rektorat nicht getan. Es ist vielleicht der einzige Weg dieses Institut noch zu retten."
    Ob das Institut der Theaterwissenschaft wirklich klagen wird, bleibt abzuwarten. Als nächstes soll die Lehre evaluiert werden. Dann können vielleicht inhaltliche Argumente überzeugen, das Institut zu erhalten und keine rechtlichen - so wie es an einer geisteswissenschaftlichen Fakultät Gang und Gebe ist.