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Hochschulpakt Hessen
"Eine klare Schwerpunktsetzung bei den Fachhochschulen"

Der neue Hochschulpakt Hessen bevorzugt vor allem die Fachhochschulen. So würden besonders die FHs in Mittelhessen gefördert, wo es eine starke mittelständische Wirtschaft gebe, sagt Deutschlandfunk-Landeskorrespondent Ludger Fittkau.

Ludger Fittkau im Gespräch mit Benedikt Schulz | 03.03.2015
    Benedikt Schulz: Neun Milliarden Euro, das Volumen des hessischen Hochschulpaktes, ist eine zumindest auf den ersten Blick ziemlich stolze Summe, die das Land Hessen da für die Jahre 2016 bis 2020 verteilen will - mehr als je zuvor. Und im Rahmen dieses Paktes hat man sich schon auch auf das Wie geeinigt, also wer kriegt wie viel. Und trotzdem gibt es darum Streit. Heute wird der hessische Wissenschaftsminister Boris Rhein von der CDU im Landtag eine Regierungserklärung abgeben. Fragen zum Thema an unseren Landeskorrespondenten Ludger Fittkau. Neun Milliarden Euro für fünf Jahre, relative Planungssicherheit - ist ja eigentlich ein Grund zum Feiern. Warum gibt es trotzdem Streit?
    Ludger Fittkau: Ja, es ist ein Grund zum Feiern für einige, für andere nicht. Die Frage, haben Sie ja gesagt, wie verteilt man das, wer kriegt wie viel, ist ja eine wichtige Frage. Und da sieht es so aus, dass die Universitäten etwa 0,4 Prozent im Durchschnitt pro Jahr in den nächsten Jahren dazu bekommen werden. Aber die hessischen Fachhochschulen, 3,6 Prozent. 0,4 zu 3,6, das zeigt schon, dass da also eine klare Schwerpunktsetzung bei den Fachhochschulen, bei der angewandten, industrienahen Ausbildung ist, und auch die Lehre wird gestärkt. Der Wissenschaftsminister Boris Rhein glaubt auch, dass er die Forschung stärkt:
    Boris Rhein: Wir in Hessen haben verstanden, dass Wissenschaft und Forschung entscheidend sind für die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft. Dass die großen Fragen, vor denen wir in Deutschland, vor denen wir in Europa und vor denen wir auch weltweit stehen, ohne exzellente Forschung, ohne die Neugier und den Wissensdurst unserer Wissenschaftler nicht beantwortet werden können.
    Fittkau: Der Wissensdurst der Wissenschaftler - da sagt jetzt zum Beispiel die TU Darmstadt, die ja Spitzenforschung im Bereich der Technikwissenschaften macht, ja, dieser Wissensdurst reicht nicht aus, wir brauchen auch Geld für die Studierenden. Und da geht es um den Begriff der Clusterpreise. Damit werden die Studienplätze ausgestattet, mit Labormitteln, mit Technik, und da ist sukzessive bei der Technischen Universität Darmstadt zum Beispiel, die in Hessen ja die einzige TU ist, tatsächlich gekürzt worden.
    Schulz: Warum setzt denn Hessen im neuen Hochschulpakt so stark auf die Fachhochschulen, noch mal im Detail?
    Fittkau: Ja, das ist schon ein ganz zentraler Punkt. Und zwar geht es vor allen Dingen um die mittelhessischen Fachhochschulen. Dort gibt es eine starke mittelständische Wirtschaft, kleinere Unternehmen, die teilweise Weltmarktführer in ihrem Bereich sind. Die wollen die Studierenden in der Region binden, oft durch ein Begleitstudium, also zum Beispiel Fernstudium. Das wird angeboten an der Technischen Hochschule Mittelhessen, die ehemalige Fachhochschule Gießen-Friedberg, die machen also berufsbegleitende Ausbildung, Fernstudien. Das findet die Industrie gut, und das ist auch ein Grund, warum da gerade in diesem Bereich sehr viel Geld jetzt fließt im Vergleich zu den Universitäten.
    Schulz: Es gibt noch einen weiteren Kritikpunkt. Die Mittel für den Hochschulbau werden zurückgefahren. Was bedeutet das für die Hochschulen konkret?
    Fittkau: Das bedeutet 50 Millionen pro Jahr weniger. Das ist ein wirklich einschneidender Punkt. Bisher gab es 250 Millionen dem Heureka-Programm hier in Hessen, jetzt sind es 50 Millionen weniger. Da aber die hessischen Universitäten ja mit gut ausgestatteten Hochschulen konkurrieren beispielsweise in Baden-Württemberg oder in Bayern hier in der Nähe, ist das ein Problem. Und die Opposition sagt auch ganz klar, dass dieser Hochschulpakt nicht befriedigend ist. Eine Stimme zum Beispiel, Gernot Grumbach, der bildungspolitische Sprecher der SPD:
    Gernot Grumbach: Real ist es so, dass Sie bei der Zahl der Mittel für die Studierenden exakt Bundesdurchschnitt haben, dass Sie bei der Zahl des Geldes, dass Sie am Bruttoinlandsprodukt gemessen ausgeben, deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegen. Das heißt, das, was Sie jetzt gerade zulegen, reicht maximal aus, um den Zuwachs an Studierenden abzufedern. Mehr tun Sie nicht, Sie tun Ihre Pflicht.
    Fittkau: Man tut die Pflicht. Der AStA der Uni Marburg sagt sogar, man tut weniger. Das Geld pro Studierendem ist seit 2010 um insgesamt 15 Prozent gesunken, die Zahl der Studierenden ist ja angestiegen. Also, der AStA sagt, 15 Prozent real weniger pro Student.
    Schulz: Informationen zum hessischen Hochschulpakt. Vielen Dank, Ludger Fittkau!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.