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Hochschulreform in Frankreich vor Verabschiedung

Die französische Regierung will ein Gesetz zur Reform der Hochschulen verabschieden. Die Einrichtungen sollen mehr Autonomie erhalten und enger mit der Privatwirtschaft zusammenarbeiten. Besonders die kleinen Unis befürchten davon aber Nachteile.

Von Burkhard Birke | 01.08.2007
    Autonomie und Öffnung heißt die Zauberformel, mit der Frankreichs Hochschulen im 21. Jahrhundert ankommen sollen. Dabei laufen die Bestimmungen des neuen Gesetzes auf eine Stärkung der Position des Universitätspräsidenten hinaus. Dieser wird für maximal zwei Amtszeiten von jeweils vier Jahren von einem auf 20 bis 30 Mitglieder stark abgespeckten Verwaltungsrat gewählt. Dem Verwaltungsrat dürfen zwar neuerdings sechs bis sieben externe Persönlichkeiten angehören, die - so will es der in letzter Stunde im Vermittlungsausschuss zwischen Senat und Nationalversammlung ausgehandelte Kompromiss - jedoch nicht wahlberechtigt sind.

    Und noch eine Variation des ursprünglichen Gesetzentwurfes: Nicht die Ministerin, sondern der Verwaltungsrat bekommt das Recht, den Präsidenten abzusetzen! Der Universitätspräsident leitet den Verwaltungsrat, berichtet an ihn, erhält jedoch weitgehend freie Hand bei der Einstellung von Lehr- und Forschungspersonal. Er kann künftig auch die Gebäude der Universität managen. Vor allem aber setzt die zuständige Ministerin Valerie Pécresse auf eine stärkere Bindung zwischen Privatwirtschaft und Universitäten. Nicht zur Freude aller. Michel Pouylau ist Präsident der mit 6000 Studierenden kleinen Université de la Rochelle.

    " Es war Zeit, dass in einigen Bereichen reformiert wurde. Wenn die Ministerin allerdings sagt, dass wir Privatunternehmen mit einbeziehen, Stiftungen ins Leben rufen sollen, muss man einfach sehen, dass die Ausgangslage eine ganz andere ist für Universitäten entlang der großen Achse Lille Lyon Marseille als für eine wirtschaftlich rückständige Region wie die unsrige. "

    Ungleiche Wettbewerbsbedingungen für die Universitäten, ungleiche Arbeitsbedingungen künftig beim Personal!? Werden jetzt die Superhirne zu Supergehältern eingekauft? Besonders die an kleinen Unis forschenden Mitarbeiter wie Gerard Blanchard fürchten Nachteile und weisen auf den allgemeinen Rückstand im Hochschulbereich hin.

    " Auf allen Ebenen müssen die Stellen neu bewertet werden: sowohl in der Lehre als auch in der Forschung! "

    Trotz größerer Autonomie des Präsidenten haben auch künftig die Mitarbeiter bei der Stellenvergabe allerdings ein Wörtchen mitzureden! Auch in anderen Punkten hatte Valerie Pécresse ihren Gesetzentwurf entschärft: Die Unis dürfen auch künftig nicht ihre Studenten für den Masterstudiengang selektieren. Dadurch ist die grundsätzliche Billigung der Studentenorganisationen sichergestellt worden. Wenn dennoch zur Rentrée: Dem Semesterbeginn Streiks und Demonstrationen drohen, dann liegt das wohl in erster Linie am Geld!

    Zwar will die Regierung grundsätzlich das Hochschulbudget um eine Milliarde im Jahr anheben: Allerdings erst mit dem Budget 2008. Im Klartext: Das Geld fehlt jetzt! Für die Opposition war dies ein Grund, das Gesetz abzulehnen! Einen Trost hatte Premierminister Francois Fillon gestern nach der Haushaltsklausur seines Kabinetts jedoch: Von den geplanten Stellenkürzungen bleibt der Hochschulbereich ausgenommen.

    " Die Hochschulbildung und Forschung ist eine unserer Prioritäten, deshalb werden wir 1,8 Milliarden Euro zusätzlich in dieses Budget einstellen, und diese Summe stellen wir auch jeweils in den Folgejahren zur Verfügung.
    Und das erklärt auch, weshalb dieser Bereich von Stellenkürzungen ausgenommen bleibt! "