Donnerstag, 25. April 2024

Archiv


Hochschulrektor: Länder müssen Finanzierungszusagen einhalten

Die Stiftung für Hochschulzulassung geht davon aus, dass hochschulstart.de fristgerecht zum 1. April funktioniert. Ihr Vorsitzender Micha Teuscher, Rektor der Hochschule Neubrandenburg, räumt ein, dass die Finanzierung noch nicht ganz geklärt ist, bleibt aber zuversichtlich.

Micha Teuscher im Gespräch mit Ulrike Burgwinkel | 06.01.2011
    Ulrike Burgwinkel: Sagen wir vorsichtig, die Lage ist etwas unübersichtlich. Wie kommen Studierwillige an ihren Studienplatz und möglicherweise sogar in Wunschfach oder Wunschort? Nach Umwidmung der ZVS zur Serviceagentur und der dezentralen Vergabepraxis mit dem bekannten Problem Mehrfachbewerbung und blockierte freie Plätze soll hochschulstart.de Abhilfe schaffen. Dieses dialogorientierte Onlineverfahren, initiiert von der Hochschulrektorenkonferenz und der Stiftung für Hochschulzulassung, wird aber schon vor dem offiziellen Start am 1.4. heftig kritisiert. Erst gestern sagte die SPD-Bildungsbeauftragte Ulla Burchardt bei uns in Campus & Karriere:

    "Damit das ganze System überhaupt seinen Sinn erfüllt, ist es eine entscheidende Voraussetzung, dass sich alle Hochschulen beteiligen. Mittlerweile ist aber sehr offenkundig, dass es Finanzierungsstreitigkeiten gibt zwischen den Ländern und den Hochschulen: Wer soll die Kosten tragen? Im Moment ist das Ergebnis dieses Streits, dass bei den Hochschulen die Bereitschaft, sich zu beteiligen, deutlich zurückgegangen ist, zum anderen, dass das Full-Service-Verfahren, was den künftigen Bewerbern in Aussicht gestellt wurde, dass dieses so überhaupt nicht kommen wird, sondern wirklich nur ein Schmalspurverfahren, was ausschließlich darin besteht, dass man zu einem Abgleich von Mehrfachbewerbungen kommt."

    Burgwinkel: Professor Micha Teuscher ist in beiden Gremien an entscheidender Stelle aktiv. Guten Tag, Herr Teuscher!

    Micha Teuscher: Guten Tag!

    Burgwinkel: Herr Teuscher, ist denn die Kritik berechtigt von Frau Burchardt?

    Teuscher: Also es ist so, dass der Stiftungsrat der Stiftung für Hochschulzulassung davon ausgeht, dass das Vorhaben, so wie es im Pflichtenheft seinerzeit auch vereinbart worden ist, termingerecht zum 1.4. an den Start gehen wird. Wir sind in der Softwareentwicklung so weit vorangekommen, dass wir das jetzt doch im Vertrauen darauf, dass auch die weiteren Schritte so gehen, wie das im letzten halben, dreiviertel Jahr erfolgreich gewesen ist, dass wir dort zum 1.4. eben starten können. Wir sparen also sehr viel Zeit und können durch das Verfahren, so wie es jetzt auch an den Start gehen wird, sicherstellen, dass Studierwillige auf die frei werdenden und freien Studienplätze vermittelt werden können. Das, was Frau Burchardt kritisiert, ist, dass die Finanzierungsfrage nach wie vor noch nicht ganz einvernehmlich geklärt werden konnte. Es ist so, dass die Hochschulen davon ausgehen und darauf vertrauen, dass die frühere Zusage der Länder vor dem Bildungsausschuss des Bundestages auch realisiert wird, das Verfahren in 2012 zu gewährleisten, also finanziell zu gewährleisten.

    Burgwinkel: Gibt es denn da Ihrer Meinung nach eine kurzfristige Lösung?

    Teuscher: Unabhängig davon, welche gesetzlichen Regelungen die Länder ohne Beteiligung der Hochschulen vorgenommen haben über die Finanzierung, gehen wir nach wie vor davon aus, dass die Länder dieses realisieren. Es ist derzeit im Gespräch, dass viele Länder oder etliche Länder das Verfahren sichern wollen, indem sie die Hochschulen über Zielvereinbarungen dazu verpflichten, teilzunehmen.

    Burgwinkel: Dann stellt man aber die Autonomie infrage.

    Teuscher: Den Hochschulen ist schon klar, dass wir uns durch eine Beteiligung, auch bildungspolitisch der Verantwortung stellen müssen, dass wir unsere Jugend in die jeweilig auch gewünschten Ausbildungsbereiche an Hochschulen bringen wollen und sollen. Das Verfahren selber berücksichtigt weitgehend die Autonomievorstellung von Hochschulen, weil Hochschulen auch weiterhin auch in dem Verfahren nur diejenigen Studierenden bei sich jeweils zulassen brauchen, zulassen werden, die ihren jeweiligen Vorstellungen und Zulassungsbedingungen entsprechen. Das, was dann gemacht wird, ist ja der Mehrfachabgleich und damit die Sicherstellung, dass frei werdende Studienplätze möglichst rasch an interessierte Studienwillige vermittelt werden. Deswegen verbinde ich eigentlich mit dem Verfahren selber keine Einschränkung der Autonomie - bis auf die Tatsache, dass in der zeitlichen Gestaltung natürlich man sich dann auf einen Verfahrenszeitraum einigt -, sondern die Teilnahme an sich. Und da ist es eine kommunikative Frage: Wie wird kommuniziert, dass Hochschulen und warum auch an diesem Verfahren teilnehmen sollen? Das ist jetzt intensiv in der Diskussion gewesen im Herbst in den verschiedenen Gremien der Hochschulrektorenkonferenz, mit den verschiedenen Diskussionsforen von Studiensekretariaten, von den Beratern in den Hochschulen für die Studierenden - dort ist das überall auch positiv aufgenommen worden. Das, was jetzt tatsächlich der Punkt ist, ist, wie wird kommuniziert, dass die Politik Regelungen trifft, die zulasten der Hochschulen in der finanziellen Frage gestellt sind. Und dort gibt es eben einfach, denke ich jetzt, das Erfordernis, dass die Länder die Zusage, die sie früher getroffen hatten, einhalten, diese Finanzierungsfrage zu übernehmen und damit den Hochschulen es ermöglichen, da auch voll dran teilzunehmen. Ich denke, den Hochschulen ist klar, dass sie daran teilnehmen müssen und auch teilnehmen sollten. Es ist für alle Hochschulen, vor allem für die großen Hochschulen, eine enorme Erleichterung, weil die Bewerkstelligung und Bearbeitung der vielen Bewerbungen und dann das Risiko dann vieler Mehrfachzulassungen innerhalb der eigenen Hochschule, auch in verschiedenen Studiengängen, kann durch dieses Verfahren besser bewerkstelligt werden und eine höhere Klarheit für die eigene Hochschule bringen. Das heißt, es sind viele Vorteile für die Hochschulen damit verbunden, weshalb auch viele Hochschulen bereits jetzt ihre Teilnahmebereitschaft erklärt haben. Aber es ist eben politisch jetzt auch schwierig, wie die Länder das kommunizieren auf Länderseite, aber zum Teil auch unterschiedlich ihren Hochschulen kommunizieren, wie teilgenommen werden soll. Und das ist, finde ich auch, äußerst unglücklich.

    Burgwinkel: Und das muss bis zum 1.4.2011 spätestens geklärt sein. Was bedeutet denn das jetzt alles für die Studierwilligen, müssen die verunsichert sein oder können sie davon ausgehen, dass das wirklich klappt zum 1.4.2011?

    Teuscher: Wir gehen ran. Und die Studierenden werden sich ja online bewerben auf einem Portal. Also alle Studenten haben sich ja heute, immer schon ganz stark online beworben an ihrer jeweiligen Hochschule. Und dort werden sie dann erkennen, muss ich mir für meinen Studiengang erst so eine ID in Dortmund holen, bevor ich mich bewerben kann, oder kann ich mich nach wie vor wie früher immer schon direkt an der Hochschule bewerben. Das heißt, die Studierenden sollen sich an ihre Hochschule wenden und werden dort, wenn sie sich bewerben wollen, feststellen, muss ich mir diese ID vorher holen oder kann ich es so machen wie bisher. Das heißt, eigentlich müssen sie sich überhaupt nicht Sorgen machen.

    Burgwinkel: Das Unternehmen hochschulstart.de. Das war eine Einschätzung von Professor Micha Teuscher, dem Vizepräsidenten der Hochschulrektorenkonferenz und gleichzeitig Vorsitzenden der Stiftung für Hochschulzulassung. Danke schön.