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Hochschulverband Yerun
Die "jungen wilden Unis"

Weil sie bei den globalen Rankings unterrepräsentiert sind, haben sich 15 junge europäische Universitäten vor zwei Jahren zu dem Hochschulverband Yerun zusammengeschlossen. Bei dem Yerun-Treffen in Ulm wurde deutlich, dass dafür auch Lobby-Arbeit in Brüssel vonnöten ist.

Von Thomas Wagner | 26.10.2017
    Die Medizinische Klinik (Zahnklinik) der Universität. Die Universität Ulm ist chronologisch betrachtet die neunte in Baden-Würtemberg
    Unter den 15 jungen Hochschulen, die sich dort europaweit zusammen geschlossen haben, befinden sich aus Deutschland die Unis Bremen, Konstanz und Ulm (Norbert Försterling / picture-alliance / dpa)
    Der stellvertretende Chef: Professor Joachim Ankerhold, Vizepräsident der Universität Ulm: "Ich habe in Bonn studiert. Die Uni ist Anfang des 19. Jahrhunderts gegründet worden. Also die ist jetzt knapp 200 Jahre alt."
    Der Chef: Professor Michael Weber, Präsident der Universität Ulm: "Ich habe in Kaiserslautern studiert, die Uni wird in zwei Jahren 50. Eine der 'jungen Wilden'."
    Der eine kommt von einer Traditions-Uni, der andere, wie er selber sagt, von einer jener 'jungen wilden' Uni-Neugründungen der späten 60er Jahre, die in Forschung und Lehre bis heute manches anders und vieles neu angehen.
    Starke Interdisziplinarität der Forschung
    "Also ein Merkmal ist sicherlich die starke Interdisziplinarität unserer Forschung", so Joachim Ankerhold. Und diese Interdisziplinarität sei bereits damals, vor etwa einem halben Jahrhundert, in der Gebäude-Architektur der Uni-Neugründungen angelegt worden.
    "Das liegt einmal an den Baulichkeiten, die bei uns anders angelegt sind als an einer etablierten Universität wie Heidelberg oder Freiburg, wo im Grunde genommen eigene Institute, eigene Fachbereiche ihre Gebäude haben."
    Anders dagegen bei den jungen Unis: Alles hat auf einem Campus Platz: "Bei uns trifft man sich auf den Gängen. Man kommt ins Gespräch."
    Daneben decken Uni-Neugründungen ganz bewusst nicht alle klassischen Fächer ab: So verzichtet beispielsweise die Uni Konstanz, gegründet 1966, bis heute auf die Medizin.
    Im Schatten der alten, etablierten Unis
    Und Ulm, ein Jahr später aus der Taufe gehoben?
    "Wir haben eigentlich keine ausgebauten Geisteswissenschaften. Das war damals der Deal."
    Durch diese Profilschärfung sollte seinerzeit die Basis für Spitzenleistungen in der Forschung gelegt werden. Nur: Auf europäischer Ebene habe sich das bis heute nicht so recht herumgesprochen, bedauert der Ulmer Uni-Präsident Michael Weber:
    "Die sind bei den Global-Rankings etwas unterrepräsentiert, weil bei den jungen Universitäten insbesondere die Reputation bei den Kollegen weltweit noch nicht so gut ist wie bei den etablierten alten Universitäten. Die sind einfach bekannter. Und das ist auch mit ein Grund, weswegen sich diese jungen Universitäten zusammen schließen - nämlich um zu zeigen, dass sie in der Leistungsfähigkeit genauso gut sind, vielleicht an manchen Stellen sogar besser als die alten, etablierten Universitäten, aber noch nicht so wahrgenommen werden wie eben die großen, alten."
    Ein eigenes Büro in Brüssel
    Um dies zu ändern, kam es vor zwei Jahren zur Gründung von Yerun.
    "Yerun steht für Young University Research Network."
    Unter den 15 jungen Hochschulen, die sich dort europaweit zusammen geschlossen haben, befinden sich aus Deutschland die Unis Bremen, Konstanz und Ulm. Im Wesentlichen haben sie sich zwei Ziele gesetzt, betont Yerun-Vorsitzender Professor Juan Romo, Rektor der 1989 gegründeten "Universidad Carlos III de Madrid".
    "Zuerst haben wir den Austausch Jung-Wissenschaftlern zwischen den europäischen Jung-Universitäten gefördert. Jetzt wollen wir uns gemeinsam um Gelder aus europäischen Forschungsfonds bemühen. Und wir wollen Kontakte aufnehmen mit weiteren Hochschul-Netzwerken außerhalb Europas."
    Dazu hat Yerun vor Kurzem erst ein eigenes Büro am Sitz der EU-Kommission in Brüssel eingerichtet. Für den Ulmer-Präsident Michael Weber ist das ein zukunftsweisender Schritt.
    "Es geht im Grunde genommen auch darum, sich im Verbund Gehör zu verschaffen auf EU-Ebene, wo ja auch die großen Förderprogramme laufen. Und wir wissen das von Verbünden der altehrwürdigen Universitäten, dass die extrem Einfluss nehmen können in die Entscheidungsprozesse, die dann in der EU-Administration ablaufen. Und wenn man da mitgestalten kann, kann man hinterher auch deutlich besser partizipieren."
    Wichtige Kontakte nach Großbritannien
    Zudem gibt es eine weitere Aufgabe, in der Yerun-Präsident Juan Romo den jungen Verband der jungen Unis in der Pflicht sieht: Dabei schielt er auf die University of Essex, auf die Dublin City University und auf die Brunel University London, drei jüngere Hochschulgründungen in Großbritannien. Mit dem Brexit müssen sie den Ausschluss aus europäischen Fördertöpfen befürchten. Durch ihre Yerun-Mitgliedschaft bleiben sie aber trotzdem dicht dran am EU-Hochschulsystem.
    "Unsere Kollegen in Großbritannien sind wirklich glücklich, in dieser Situation Mitglied in unserem Netzwerk zu sein. Die haben uns gebeten, die Zusammenarbeit mit ihnen zu verstärken. Denn sie wollen trotz Brexit ganz dicht an den EU-Universitäten dranbleiben."