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Hochschulzukunftsgesetz
Verhärtete Fronten in NRW

Beim für 2015 angekündigten "Hochschulzukunftsgesetz" der NRW-Landesregierung geht es im Kern darum, wer bei Finanzen, Forschung und Lehre der Unis künftig das Sagen hat. Genau darum ringen die NRW-Unis heftig mit der Landesregierung.

Von Barbara Schmidt-Mattern | 14.01.2014
    Eines möchte Ursula Gather, Rektorin der Technischen Universität Dortmund und Vorsitzende der nordrhein-westfälischen Landesrektorenkonferenz, kurz LRK, erst einmal klarstellen:
    "Wir befinden uns nicht auf Kriegsfuß mit dem Ministerium, sondern in einer sachlichen Auseinandersetzung."
    In der Sache wird allerdings hart und durchaus ideologisch argumentiert, ja sogar gestritten um das neue „Hochschulzukunftsgesetz“ im bevölkerungsreichsten Bundesland. Im Kern geht es um die Frage, wer bei Finanzen, Forschung und Lehre der Unis künftig das Sagen hat – die Hochschulen selbst oder die Landesregierung. Für die LRK-Vorsitzende Gather ist der Fall klar, sie lehnt den Gesetzentwurf entschieden ab, weil:
    "Er die Wissenschaftsfreiheit drastisch einschränkt, die demokratische Teilhabe in den Universitäten eher unterwandert und insgesamt so den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort NRW schwächt."
    Konkret wehren sich die Rektoren dagegen, dass sie ihre Forschungsprojekte künftig schon zu Beginn öffentlich machen sollen und nicht erst bei der Publikation von Ergebnissen. Auch die stärker vom Ministerium eingeforderte Transparenz bei Nebeneinkünften der Dozenten und bei der Drittmittel-Werbung ist den Hochschulen ein Dorn im Auge. Wissenschaftsministerin Svenja Schulze, SPD, hält dagegen:
    "Es ist an ganz vielen Punkten so, dass man einfach 37 Einzelberichte bekommt, aber wenn es um zusammenfassende Daten geht, unglaublich schwierig ist, an Informationen zu kommen."
    Zweieinhalb Jahre Vorbereitung
    Zweieinhalb Jahre habe sie die Reform vorbereitet und angekündigt, jetzt will Schulze ernst machen, aus Rücksicht auf den Steuerzahler, wie sie sagt:
    "Der Landtag hat mich aufgefordert, ich möge doch bitte dafür sorgen, dass bei Prüfungen nicht mehr der Amtsarzt gefragt wird, wenn der Prüfling nicht erscheint, sondern ein anderer Arzt, weil die Amtsärzte einfach so überlastet sind. Da haben die Hochschulen nicht gesagt, nein, geht nicht, oder wollen wir nicht, sondern sie haben mir ein Rechtsgutachten geschickt, dass ich dazu nichts zu sagen habe."
    Die Fronten sind verhärtet, und beide Seiten nehmen für sich in Anspruch, recht zu haben. Hans-Jürgen Simm, Kanzler der Universität Bielefeld, ist jedenfalls überzeugt:
    "Es geht eigentlich gar nicht um Transparenz, sondern es geht darum, in allen finanzrelevanten Angelegenheiten Eingriffsoptionen für das Ministerium herzustellen."
    Dass Ministerin Schulze qua Reform ermöglichen will, einer Fakultät sogar das Promotionsrecht zu entziehen, erbost die Wissenschaftler ganz besonders. Axel Freimuth ist Rektor der Universität Köln:
    "Ein Frontalangriff auf das Selbstverwaltungsrecht ist ganz sicher die Möglichkeit, das Promotionsrecht einem Fachbereich zu entziehen. Das Promotionsrecht gehört zum Kernbereich der akademischen Selbstverwaltung an Universitäten. In der Promotion findet die prägende Verbindung von Forschung und Lehre statt. Es muss zudem ganz sicher bezweifelt werden, inwieweit ein Ministerium die Qualität des Promotionsgeschehens besser beurteilen kann als die einzelne Fakultät und die Wissenschaft selbst."
    Aufforderung keine Rüstungsforschung mehr zu betreiben sei völlig unangebracht
    Und auch die Aufforderung keine Rüstungsforschung mehr zu betreiben, sei völlig unangebracht, findet wiederum die LRK-Vorsitzende Ursula Gather:
    "Wenn der Auftraggeber ein Ministerium ist, das ja immerhin verfassungsgemäß ist und einer deutschen Hochschule einen Auftrag gibt, dann ist das keine Überraschung, und das kann dieses Ministerium auch in Zukunft unbedingt veröffentlichen. Da haben wir überhaupt nichts dagegen."
    Geht es nach den Universitäten, soll am besten alles so bleiben, wie es ist. Mit dem von Schwarz-Gelb eingeführten Hochschulfreiheitsgesetz, habe man in den letzten Jahren gut arbeiten können. Ursula Gather nennt zwei Beispiele:
    "… nämlich der große Erfolg und zwar überproportional im Bundesvergleich in der Exzellenzinitiative der NRW-Universitäten, und die absolut reibungslose Bewältigung des doppelten Abiturjahrgangs, verbunden mit einem Anstieg der Studierendenzahlen. Weit über 50 Prozent einer Jahrgangskohorte befinden sich inzwischen an den Hochschulen."
    Doch Ministerin Schulze ist fest entschlossen, und, so versichert sie, sie habe die volle Rückendeckung von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft. Dabei hatte ausgerechnet Kraft als frühere Wissenschaftsministerin in NRW den Weg bereitet für eine stärkere Autonomie der Hochschulen. Damit könnte im Herbst 2015 Schluss sein, frühestens dann soll die Reform in Kraft treten. Allerdings, das gilt auch in diesem Fall, bisher hat noch kein Gesetz den Landtag so verlassen, wie es eingebracht wurde.