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Hochzeitsmesse für Schwule und Lesben
Gleich zwei Hochzeitskleider gesucht

Hochzeitsmessen gibt es viele, doch nur wenige sind auf die Bedürfnisse von Homosexuellen zugeschnitten. In Frankfurt am Main fand jetzt die erste Hochzeitsmesse für schwule und lesbische Paare im Rhein-Main-Gebiet statt - mit rosa Weinkartons, extravaganten Torten und spezialisierten Hochzeitsplanern.

Von Ludger Fittkau | 24.11.2014
    Hochzeitstorte mit zwei Frauenfiguren
    Eine Hochzeitstorte mit zwei Bräuten. (AFP / Gabriel Bouys)
    Ein Backstein-Industriebau in Frankfurt-Fechenheim. Die Außenfassade wird von Bodenstrahlern mit einem rosaroten Schimmer überzogen. Durch das Gitter der leicht abgerundeten Industrieguss-Fenster dringt helles Licht nach draußen. Die sorgfältig restaurierten, weiß getünchten Räume der alten Fabrik bieten den Rahmen für die erste Hochzeitsmesse für schwule und lesbische Braut- beziehungsweise Bräutigampaare im Rhein-Main-Gebiet.
    Gleich im Eingangsbereich sind üppig mit Blumen und Tüchern dekorierte Tafeln aufgebaut, an denen Hochzeitsgäste bei einer Feier Platz nehmen können. Zwei Frauen wollen ihren Namen nicht nennen, weil auch im Bekanntenkreis noch nicht alle wissen, dass sie im kommenden Jahr ihre eingetragene Partnerschaft groß feiern wollen. Die beiden werfen einen kritischen Blick auf die in Weiß und Metallisch gehaltenen Tischdekorationen, die sich ein wenig dem Industriedesign der Halle anpassen.
    "Das ist mir eine Nummer zu viel. Gerade wenn man halt irgendwo im Grünen heiratet, so mit grünen Tulpen oder mit Lilien angehaucht. So mit den Farben dahinten, das finde ich ganz schön."
    Doch nicht die Tischdekorationen interessieren das lesbische Paar zuallererst. Sondern der Stand mit den Hochzeitskleidern. Denn sie brauchen schließlich zwei:
    "Ja, das ist gerade das Schwierige, da zwei Kleider zu finden, die passend sind. Weil wir nicht daran gedacht haben, die beide beim gleichen Designer machen zu lassen. Wir haben immer gedacht, jeder geht mit seiner Trauzeugin los und schaut. Und hier ist es jetzt eben der Fall, dass die Dame sagte: Sie trifft uns parallel, nicht gemeinsam und denkt, dass sie uns langsam in die Richtung lenkt, egal welchen Stil wir beide haben, dass es dann am Ende toll aussieht."
    Andreas und Manfred – die Nachnamen spielen keine Rolle - wollen nächstes Jahr auf dem Standesamt ihren Partnervertrag schließen. Sie suchen auf der Messe jemanden, der der die dazu geplante Feier organisiert:
    "Vor allem ist es schwierig, im gleichgeschlechtlichen Bereich überhaupt jemanden zu finden, der es macht, beziehungsweise der auch dafür geeignet ist. Und den suchen wir hier."
    Rosafarbene Weinkartons
    Elmar Köller könnte jemand sein, der einen tollen Rahmen für die Hochzeit eines schwulen Paares zu bieten hat. Gemeinsam mit seinem Partner betreibt er nämlich ein Weingut in Rheinland-Pfalz mit einem wunderbaren Garten, der unter Denkmalschutz steht. Erst vor einer Woche hat der Winzer erfahren, dass es die erste Hochzeitsmesse für Homosexuelle in Frankfurt am Main gibt. Doch nun ist er mit rosafarbenen Weinkartons dabei:
    "Als ein Weingut, das von zwei Schwulen geleitet wird - das passt."
    Elmar Köller und sein Partner sind äußerst erfolgreiche Quereinsteiger in den Winzerberuf:
    "Seit 2011 - und wir wurden jetzt in den Gault Millau aufgenommen - zu den tausend besten Weingütern."
    Ihre hoch dekorierten Weinberge in Stetten im Dreieck Rheinhessen, Nahe und Pfalz bearbeitet das schwule Winzerpaar mit einem rosa gestrichenen Traktor:
    "Das hat einen einfachen Grund. Wir kamen in ein sehr konservatives Dorf. Und als dann die Leute gemerkt haben, dass wir die größten Weinbergsbesitzer im Ort sind, kamen immer die spitzen Bemerkungen, wann wir denn einen Traktor bekämen. Und um diesen Gesprächen ein Ende zu machen, habe ich gesagt, wenn wir einen Traktor bekommen, der wird sofort rosa lackiert. Und das war dann so ein lokaler Schock."
    Inzwischen ist der rosa Traktor längst im lokalen Kirmes- oder Kerbumzug, wie der Jahrmarkt in der Region heißt, integriert.
    "Sehr ansprechend für lesbische Paare"
    Rosa ist zwar nicht die Farbe, die lesbische Paare auf der Hochzeitsmesse anspricht. Dennoch fühlen sich die Frauen auf der Messe in Frankfurt am Main nicht von den Schwulen dominiert:
    "Wir haben eher damit gerechnet, dass eher die Männer heute hier vertreten sein werden, aber es ist auch sehr ansprechend für lesbische Paare."
    Darauf habe man bei der Organisation auch sehr genau geachtet, betont die Hochzeitsplanerin Nina Ossenfort. Sie hat mit dem Fotografen Marc Krischak die Messe vorbereitet:
    "Wobei wir auch beide die Erfahrung gemacht haben, dass auch auf den klassischen Hochzeitsmessen eher die Männer vertreten sind und das man lesbische Paare nicht so häufig antrifft, eigentlich."
    Marc Krischak beendet seine kleine Führung bei einem Stand mit künstlerisch gestalteten Hochzeitstorten:
    "Wie man hier zum Beispiel sieht, eine Torte, die einen Zylinder mit Fliege, mit einem Sakko und eine Uhr anhat. Mehr oder weniger in realistischen Größen. Was ganz Außergewöhnliches fürs Auge, was aber auch noch super lecker schmeckt."
    Mark Krischak ist fest entschlossen, aus der ersten Hochzeitsmesse für Schwule und Lesben im Rhein-Main-Gebiet eine Dauereinrichtung zu machen.
    "Wir machen das auch zum allerersten Mal, die Messe jetzt hier. Aber ich denke, wir wollen das etablieren und das ist jetzt der Startschuss für die kommenden Jahre, den wir hier legen."