Hörspiel

"du hast als denkmal dann mein zart gedicht …"

Von Martin Erdmann · 31.12.2005
Das Sonett ist eine europäische Gedichtgattung mit einer erstaunlichen Geschichte. Erfunden wurde es, nach allem, was man weiß, im 13. Jahrhundert am Hofe des Stauferkaisers Friedrich des Zweiten in Neapel, und es hält sich bis heute. Es wanderte in alle Literatursprachen Europas bis nach Georgien und China.
Manchmal geriet es in Mode und erregte den Unmut zum Beispiel Goethes, dessen berühmte Zeile "In der Beschränkung zeigt sich erst der Meister" allerdings nicht nur selbst aus einem Sonett stammt, sondern auch einen wesentlichen Zug dieser Gattung zusammenfasst: die Beschränkung auf 14 Zeilen in einer vorgegebenen Anordnung.

Dabei hat das Sonett inhaltlich eine große Vielfalt erreicht: War es bei Francesco Petrarca noch vorwiegend Liebeslyrik, so kommt bei William Shakespeare die Reflexion über das eigene Schreiben hinzu. Charles Baudelaire erkundet im Sonett die Blumen des Bösen und des Hässlichen. Rainer Maria Rilke benutzt das Sonett für Beobachtungen an Alltagsgegenständen.

Dies sind nur ein paar Stationen auf einer kleinen Reise durch die Geschichte des Sonetts, von seinem ersten bedeutenden Repräsentanten Petrarca bis in die unmittelbare Gegenwart über zwei Kontinente hinweg in sieben verschiedenen Sprachen. Das Wort Sonett kommt vom italienischen "sonare", klingen, und es bot in allen Sprachen seinen Dichtern immer wieder eine Möglichkeit auzuprobieren, wie die eigene Sprache klingt.