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Hörsturz
Vom Notfall zum Eilfall

Ohne jede Vorwarnung versagt das Gehör entweder auf der rechten oder linken Seite. Die Diagnose Hörsturz ist für die Betroffenen fast immer ein Schock. Wurden Patienten vor 15 Jahren noch mit Krankenwagen in die Klinik transportiert, dürfen sie es heute ruhiger angehen lassen.

Von Mirko Smiljanic | 15.07.2014
    Ein Mann hält sich in Osnabrück als Gehörschutz einen Finger in das Ohr.
    Viele Patienten wollen vor allem eins: wieder normal hören (dpa / picture alliance / Friso Gentsch)
    Die Zeiten haben sich geändert, auch bei der Behandlung eines Hörsturzes. Wurden Patienten vor 15 Jahren noch mit Krankenwagen in die Klinik transportiert, dürfen sie es heute ruhiger angehen lassen. Der "Notfall" wurde zum "Eilfall" umdeklariert, mit dem Taxi zum Arzt zu fahren, reicht allemal. Etwa zu Dr. Axel Schafigh, einem Kölner HNO-Spezialisten, der häufig Anlaufstelle für Patienten mit einseitigem Hörverlust ist – aufgeregt bis schockiert sind seine Patienten aber trotzdem.
    "Ja, das sehr häufig ein sehr starkes, einschneidendes Erlebnis, und dem muss man dann natürlich entsprechend schnell als Arzt gerecht werden und den Patienten einer vernünftigen Untersuchung unterziehen."
    Und die beginnt damit, den Patienten zu beruhigen. Viele haben im Internet die Ursachen eines Hörsturzes gegoogelt, und bei Begriffen wie "Infarkt" oder "Tumor" reagiert der eine oder die andere schon mal etwas panisch. Zu Unrecht, sagt Axel Schafigh, die Gründe des Hörverlustes können banal sein.
    "Zunächst schauen wir mal, ob es sich nicht um Bagatellgeschichten wie ein verlegter Ohrschmalzpfropf oder Fremdkörper oder dergleichen handelt."
    Ist das ausgeschlossen, folgt eine gründliche Anamnese; anschließend schaut sich der HNO-Arzt mit einem Mikroskop den Gehörgang an, spezielle Messgeräte geben Auskunft über die Funktion des Trommelfells, ein Hörtest zeigt, wie stark der tatsächliche Hörverlust ist, und wenn das nicht reicht, ließe sich das Gehör noch mit einem Kernspintomographen durchleuchten.
    "Das ist letztlich ein diagnostischer Schritt, der zunächst für die Therapie keine Bedeutung hat, aber sichert, dass nicht andere Ursachen, wie zum Beispiel kleine Hirntumörchen, Kleinhirnbrückenwinkeltumörchen, die sogenannten Aukustikusneurinome, ursächlich für diesen Hörsturz dann sind."
    Die Kernspintomographie ist der allerletzte Diagnostikschritt, in den meisten Fällen reichen weniger aufwendige Methoden. Dazu zählt auch ein Blick auf die psychische Situation des Patienten.
    "Sie müssen abspüren, aus welcher Situation entsteht so ein Hörsturz, und mit ein bisschen Gefühl können Sie dem Patienten dann natürlich sein Problem dann auch ansprechen."
    Das hilft mittel- und langfristig, kurzfristig möchte der Patient aber vor allem eines: wieder normal hören. Und da haben sich in den meisten Fällen Kortisonpräparate bewährt, entweder als Tabletten oder als Infusionen. In den meisten Fällen reicht diese Behandlung, nach und nach kann der Patient wieder normal hören. Angst müsse man nicht haben, sagt Axel Schafigh, der Hörsturz sei ja mittlerweile kein Notfall mehr, sondern ein Eilfall.