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Hoffen und Bangen an der Basis

Im Schatten der WM beginnen die Frauenbundesligisten mit ihrer Saisonvorbereitung, was von dem Weltturnier übrig bleiben wird ist noch ungewiss.

Von Daniel Theweleit | 10.07.2011
    Viel ist nicht los an diesem Nachmittag an der Mündelheimer Straße in Duisburg-Hüttenheim. Drei Autos stehen auf dem Parkplatz des FC Rumeln 2001 Duisburg. Die Geschäftsstelle, die in einem Baucontainer untergebracht ist, ist geschlossen. Nur der Geschäftsführer sitzt in seinem Büro und telefoniert. Gleich beginnt das zweite Training der neuen Bundesligasaison, und in einem normalen Jahr müssten auch Simone Laudehr, Linda Bresonik, Annike Krahn, Inka Grings und Alexandra Popp hier erscheinen. Aber was den Frauenfußball betrifft ist bekanntlich nichts normal in diesen Tagen. Für all jene, die nicht im Raumschiff Nationalmannschaft fliegen, ist das eine ziemlich irreale Situation, erzählt die Duisburger Torhüterin Christina Bellinghoven:

    "Es ist natürlich schon komisch so, die Leute, mit denen man sonst in der Mannschaft zusammenspielt, im Fernsehen zu sehen. Auch mit der ganzen Werbung, die da im Moment läuft, in jedem vierten Werbespot jemanden zu sehen, den man kennt. Aber hier im Verein ist alles wie immer, hier merkt man bisher keinen Unterschied."

    Zumindest fast keinen Unterschied. Auf den Fensterbänken des rustikalen Vereinsheims wurden ein paar schwarz-rot-goldene Luftschlangen drapiert. Es gibt eine kleine Leinwand, auf der die Spiele laufen. Zumindest die Spiele der Deutschen, sagt die Wirtin. Die ganz große Euphorie wie bei der Männer-WM sei hier nicht ausgebrochen. Es ist eine seltsame Vorstellung, dass Laudehr, Krahn, Grings und die anderen bald schon wieder in diesem kleinen Klubheim sitzen. Als ganz normale Leute. Jedenfalls, wenn sie so zurückkehren wie sie sich verabschiedet haben. Mittelfeldspielerin Jennifer Oster ist sich da gar nicht so sicher:

    "Das ist natürlich das, was wir alle im Kopfhaben, wie kommen die Spielerinnen zurück? Das wird man sehen. Die werden ja nach der WM auch noch einen kurzen Urlaub bekommen, und deswegen hoffe ich, dass die dann motiviert wieder zurückkommen und so sind wie vorher auch."

    Trainer Marco Ketelaer hat sich allerdings darauf eingestellt, die Nationalspielerinnen nach ihrem Urlaub erstmal ins normale Fußballerrinnenleben zurückholen zu müssen, bevor er sich wieder in die Mannschaft einbauen kann. Das Wort Hybris meidet Ketelaer, Rückkehrer, die mit beiden Beinen auf dem Boden stehen, erwartet er aber nicht:

    "Also ich gehe schon davon aus, dass so eine tolle Geschichte, wie die Weltmeisterschaft einen schon verändert. Und wenn die d ann kommen und vielleicht sagen, ich bin derjenige jetzt, und ihr habt einfach nur trainiert, unterbewusst wird das so rüber kommen. Aber ich denke in ein, zwei Monaten sind die wieder auf dem Level sein, dass wir sie wieder in die Mannschaft integrieren können und ein harmonisches Mannschaftsleben haben werden."

    Neben der bangen Frage, was die WM mit den Mitspielerinnen anstellt, sind die Fußballerinnen ziemlich stolz, so nah dran zu sein an diesen gigantischen Event. Auch wenn sich durch diese Weltmeisterschaft eine gewaltige Kluft auftut zwischen der DFB-Elf und der Bundesliga. Die Nationalspielerinnen sind jetzt Berühmtheiten, einige von ihnen haben die Möglichkeit, viel Geld zu verdienen, während die meisten Mitspielerinnen weiterhin Protagonistinnen einer wenig beachteten Randsportart bleiben werden. Neid oder gar Missgunst gebe es aber nicht, glaubt Jennifer Oster:

    "Es ist schon irgendwie eine tolle Sache, weil auch wir, wenn wir nicht in der Nationalmannschaft dabei sind, sind wir irgendwie ja Teil des Ganzen. Weil der Frauenfußball gerade die Ankerkennung bekommt, die er verdient. Und ich hoffe natürlich, dass sich das so ein bisschen auf die Bundesliga überträgt, dass wir dann auch ein bisschen davon zehren können, also dass wir dann nicht vor 1000 Zuschauern spielen, sondern mal vor zwei, dreitausend Leuten jeden Sonntag."

    Davon träumen der Verband und die Klubs. Nachhaltig soll diese Weltmeisterschaft sein, das ist eines der Hauptmotive des Turniers. Mehr Zuschauer, mehr Fußball spielende Mädchen soll es in Zukunft geben. Aber die Sache mit der Nachhaltigkeit ist eine sensible Angelegenheit, meint Ketelaer:

    " Meine Befürchtung geht aber dahin, dass es nur es vielleicht nur für einen kurzen Zeitraum sein wird. Es muss auf jeden Fall das Bestreben sein, das weiter fortzuführen diejenigen die dann neu dazu kommen, die dann auch zu begeistern und zu packen, weil die, die am kürzesten da sind, die sind dann auch am schnellsten wieder weg."