Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

Hollande in der Krise
Rückendeckung von den Jungsozialisten

Frankreichs Präsident Francois Hollande hatte in den vergangenen Monaten wenig zu lachen: seine Affäre wurde bekannt, seine Beziehung ging in die Brüche, dazu miese Umfragewerte und politische Krisen. Jetzt will die Parteijungend seine Pechsträhne beenden - mit überraschenden Plänen.

Von Bettina Kaps | 22.09.2014
    Frankreichs Präsident Francois Hollande bei einer Rede in der Bretagne.
    Frankreichs Präsident Francois Hollande bei einer Rede in der Bretagne. (AFP / Fred Tanneau)
    Ein Metroausgang in der Nähe von Montmartre: Zwischen einem Kinderkarroussel und einem Stand für gegrillte Maiskolben steht eine junge schwarze Frau und verteilt Flugblätter.
    Kadiatou Coulibali lädt die Passanten zu einem "Rosenfest" ein. Die Rose ist das Parteisymbol der französischen Sozialisten. Die Studentin wirbt damit, dass der sozialistische Bürgermeister des Stadtteils kommen werde, außerdem gebe es Essen, Trinken und Spiele für die Kinder.
    Es ist das erste Mal, dass der Ortsverein im 18. Pariser Arrondissement ein solches Fest organisiert. Die Idee dazu sei ihnen erst Anfang September gekommen, als sich die Hiobsbotschaften für den Staatspräsidenten und seine Regierung häuften, sagt PS-Mitglied Pierre Le Texier.
    "Wir dürfen uns nicht schämen. Es stimmt: Einige Mitglieder sind enttäuscht von dem, was die Regierung macht. Aber das ist nicht schlimm: Wir sind und bleiben Sozialisten und als solche glauben wir an eine bestimmte Idee vom Gemeinwohl. Geselligkeit gehört auch dazu. Bei unserem Fest wollen wir debattieren, Spaß haben und zeigen, dass wir uns nicht zu sehr stressen lassen."
    Kadiatou Coulibali ist der PS im Wahljahr 2012 beigetreten, voller Euphorie über den Sieg von Francois Hollande. Außerdem ist sie aktives Mitglied der Jugendorganisation "Mouvement des Jeunes Socialistes". Die Hochstimmung ist längst verflogen, trotzdem hat die 21-jährige Jura-Studentin jetzt problemlos junge Mitstreiter gefunden, die ihr helfen, die Flugblätter zu verteilen und das Fest vorzubereiten.
    "Natürlich sind wir enttäuscht. Wenn man sich an die große Wahlkampfrede von Francois Hollande erinnert, ist man zwangsläufig enttäuscht. Sein Slogan hieß: 'Der Wechsel kommt jetzt'. Aber aufgrund der Krise macht Hollande nun Reformen, die erst langfristig Wirkung zeigen werden."
    Kaum Hoffnungsträger in der Partei
    Die PS-Mitglieder Pierre Le Texier und Florent Parolini, beide um die 30, geben allerdings zu, dass es in ihrem Ortsverband derzeit ziemlich, wie sie sagen, "kompliziert" sei. An der Basis stünden sich zwei Lager gegenüber, genau wie bei den sozialistischen Parlamentsabgeordneten: Jene, die den Reformkurs mittragen, und die Riege der aufmüpfigen Frondeure. Um beide Lager zu versöhnen, sagt Parolini, müsse Hollande auch linke Arbeitsmarktreformen einleiten.
    "Wir verstehen, dass die wirtschaftliche Lage schlecht ist und den Firmen geholfen werden muss, aber wir erwarten, dass es dafür einen Ausgleich geben wird, beispielsweise in SachenArbeitszeitverkürzung. Wir treten für die 32-Stundenwoche ein. Vielleicht ist das ja ein frommer Wunsch. Aber im Moment hoffen wir noch, dass wir etwas in diese Richtung erreichen können."
    Pierre Le Texier tröstet sich mit dem Blick in die Zukunft.
    "Wenn Sozialisten an die Regierung kommen, geben sie den Leuten entweder Freizeit oder Geld. Diesmal ist das nicht der Fall. Mir gefällt die Wirtschaftspolitik jetzt auch nicht. Aber für mich steht fest: Francois Hollande hat eine Zukunftsvision. In zehn Jahren wird man sagen: Dieser Mann hat die richtigen Reformen eingeleitet. Wie bei Gerhard Schröder. Nein, für mich ist er kein schlechter Präsident. Aber ich weiß nicht, wie man das den Leuten heute klar machen kann."
    Einen neuen Hoffnungsträger sieht keiner der Drei in der Partei. Alle, an die er mal geglaubt habe, hätten sich ihre Chancen durch Profilierungssucht und Karrierestreben verdorben, sagt Parolini. Zum Beispiel der kürzlich geschasste Wirtschaftsminister Arnauld Montebourg und die ehemalige Parteichefin Martine Aubry.
    Von Manuel Valls sind die drei jungen Sozialisten jedenfalls nicht begeistert. Der Premierminister gehört dem rechten Parteiflügel an, einer Minderheit innerhalb der PS, er befürwortet eine arbeitgeberfreundliche Wirtschaftspolitik.
    "Manuel Valls, das ist nicht meine politische Linie. Aber da wir Beide Sozialisten sind, finden sich bestimmt auch Themen, bei denen wir einer Meinung sind. In der PS gibt es so viele Sichtweisen wie Mitglieder. Bei uns wird immer debattiert. Manchmal sind wir uns einig, manchmal nicht – das ist die DNA unserer Partei."
    Pierre Le Texier ist froh, dass Ex-Präsident Nicolas Sarkozy jetzt in die politische Arena zurückkehrt, indem er für den Vorsitz der konservativen UMP kandidiert. Endlich werde es wieder leidenschaftliche Debatten mit der Rechten geben. Das werde die Sozialisten zusammenschweißen.