Musik 01:
Lee Hyla: We speak etruscan
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
Zwei Instrumente, zwei Spieler, zwei Monologe. Wer ist hier wer? Die Komposition birgt kein Psychogramm. Und dennoch: einer oder eine spricht permanent, dazu die oder der andere lakonische Einwürfe gibt. Zuweilen herrscht Einklang, dann kann man sie kaum unterscheiden; dann wieder sind sie gefangen in einem Wettlauf und ein jedes tritt in seiner Spezifik hervor.
Lee Hyla's Duostück We speak etruscan kombiniert höchst reizvoll die Bassklarinette mit einem Baritonsaxophon. Hyla, Amerikaner, 1952 geboren, verweist im Titel auf einen antiken, südeuropäischen Volksstamm, der - musikhistorisch betrachtet - bereits über Rohrblattinstrumente verfügte, dessen Sprache allerdings immer noch der Entschlüsselung harrt. Hier scheint der Verweis indes ironisch gemeint: das Anfang der 90er-Jahre geschriebene Stück verweigert die Rubrizierung, denn es vermengt Elemente des Jazz mit Errungenschaften der reinen E-Musik-Avantgarde.
Für eine Platte, die nicht nur neuestes Repertoire, sondern auch die Ausführenden porträtiert, ein geeignetes Schluss-Stück. Beate Zelinsky und David Smeyers - als Das Klarinettenduo nicht ganz unerfolgreich auf dem aktuellen Markt der Neuen Musik - haben ihre CD mehrdeutig Annäherung/Abweichung genannt. Mittels acht Kompositionen verschiedenster Herkunft und Handschrift werben sie für eine Besetzung, die sich auf Bass-, B- und Es-Klarinetten beschränkt.
Möglich indes ist dafür vieles. Zwischen Barbara Kolbs 1965 verfasstem Duo Rebuttal und Halo von Malika Kishino liegen 42 Jahre kompositionsgeschichtlich rasanter Entwicklung, die deutlich nachhörbar sind. Leichter spiel- und rezipierbare Werke wie die des Niederländers Paul Termos und des Amerikaners Daniel Rothman wechseln mit spitzfindigen Erkundungen im Bereich der Extreme, für die Beat Furrer wie Adriana Hölszky einstehen. Dank abwechslungsreicher Dramaturgie ergibt sich eine spannende Hör-Exkursion:
Musik 02
Adriana Hölszky: A DUE
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
Wellen, Interferenzen, Interaktionen. Soweit ein Ausschnitt aus Adriana Hölskys A DUE für zwei Es-Klarinetten. Der Titel findet sich auf einer neuen, beim Label edition zeitklang erschienen Porträt-CD mit dem Klarinettenduo Zelinsky/Smeyers.
Die nächste CD kreist gewissermaßen um die Oboe, wenngleich diese an keiner Stelle erklingt. Komponist Matthias Arter, geboren 1964 in Zürich, ist Oboist und als solcher zu Haus auch in der alten Musik. Das macht neugierig darauf, wie Arter als Komponist mit Blasinstrumenten umgeht, obwohl diese auf seiner höchst bemerkenswerten CD Solo Pieces nicht eben im Vordergrund stehen.
Die zwölf Solostücke Mathias Arters, die in den in den letzten 15 Jahren entstanden, werden auf der Platte zu einem Ganzen gefügt. Der Komponist verfügt über beachtliche Kenntnis und Rafinesse beim Erkunden, ja beim Ausloten der Instrumente - jede Miniatur ist in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Spieler entstanden.
Das vitale Akkordeonsolo gleich eingangs lässt aufmerken: Die zwei Manuale agieren - Persönlichkeiten gleich - höchst kontrovers, indes von einem Luftstrom versorgt. Schwieriger Dialog. Radikal geradezu die Kontraste in 3 Klavierstücken, die verschiedene Resonanzverhalten erproben. Bemerkenswert auch das kurze Hornstück Voice: Arter lädt hier zum Ausatmen ein, experimentiert mit Farben, Raumklang, Geräusch, lässt gar einen Zink imitieren.
Musik 03
Matthias Arter: Voice
Oliver Darbellay, Horn
Hier ein Ausschnitt aus dem Solo 2001 für die Flöte. Boris Previsic, Arters Partner bei musikalischen Erkundungen zum Beispiel in der Balkan-Region, verwendet drei verschiedene Instrumente: Auf der Altflöte entsteht das Klappengeräusch, die C-Flöte übernimmt den Dialog zwischen der Kantilene und den überblasenen, obertonreichen Momenten, und die Piccoloflöte bestreitet den Schluss.
Musik 04
Matthias Arter: Solo 2001
Boris Previsic, Flöten
Matthias Arter, Solo-Pieces 1993 - 2007. Solistische Stücke für Akkordeon, Violine, Horn, Blockflöte, Violoncello, Klavier, Stimme und Flöte. Erschienen beim Münchner Label NEOS.
LYRIK-ELEMENT
Ingeborg Bachmann: Es könnte viel bedeuten
Musik 04
Enno Poppe: Holz
Johannes Schwarz, Fagott
Die letzte CD, die ich Ihnen heute anspielen will, gilt dem Fagott, einem Instrument, für das in Klassik und Barock grandiose Werke entstanden, das in der Neuen Musik bislang nur wenige Fürsprecher hat. Ambitionierte Solisten also, die ab und an Komponisten gewannen, für ihr Instrument neue, möglichst virtuose Stücke zu schreiben.
Johannes Schwarz, Jahrgang 1970, seit einiger Zeit Fagottist beim Ensemble Modern, sieht sich in der Pflicht, hier eine klarere Weiche zu stellen. Im Booklet-Interview erklärt er, wie wichtig das gemeinsame Experimentieren mit musikalischen Urhebern ist, wenn man das klanglich begrenzte, einstimmige Blasinstrument aus seinem traditionellen Gebrauch konsequent herauslösen will.
Die fünf Titel auf der neuen, beim Label Ensemble Modern Medien erschienene Solisten-CD sprechen für sich. Holz von Enno Poppe reizt - wie soeben gehört - zunächst die konventionelle Spielweise aus. Pierluigi Billone hingegen liefert ein Geräuschstück, das bereits konsequent auf Multiphonics beruht - auf Techniken, die Spalt- und Mehrklänge erzeugen. Sascha Janko Dragicevic konfrontiert den Virtuosen mit elektronischem Zuspiel. Der französische Komponist Franck Bedrossian schließlich kombiniert das Fagott mit live-elektronisch erzeugten Verzerrungen, die an Heavy-Metal-Klänge erinnern, und lässt beide kräftig und frei interagieren.
Musik 05
Franck Bedrossian: Transmission
Johannes Schwarz, Fagott
Soweit ein Ausschnitt aus Transmission für Fagott und Live-Elektronik von Franck Bedrossian - gespielt von Johannes Schwarz. Dieser Titel findet sich auf einer neuen CD des Labels Ensemble Modern Medien, welches die einzelnen Ensemble-Mitglieder im Detail porträtiert. Zuvor habe ich Ihnen Solo Pieces von Mathias Arter angespielt, erschienen bei NEOS. Sowie eine bei der edition zeitklang erschienene Porträt-CD mit dem Klarinettenduo Zelinsky/Smeyers.
Diskographie:
01
Lee Hyla, We speak etruscan
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
CD ez-34036, LC 00581
Take 08
dar. 2:10
02
Adriana Hölszky, A DUE
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
CD ez-34036, LC 00581
Take 07
dar. 1:38
03
Matthias Arter, Voice
Oliver Darbellay, Horn
CD NEOS 10940, LC 15673
Take 03
dar.: 0:55
04
Matthias Arter, Solo 2001
Boris Previsic, Flöten
CD NEOS 10940, LC 15673
Take 13
dar. 3:35
05
Enno Poppe, Holz
Johannes Schwarz, Fagott
CD Ensemble Modern Medien EMSACD 002, LC 14544
Take 02
dar: 1:105
06
Franck Bedrossian, Transmission
Johannes Schwarz, Fagott
CD Ensemble Modern Medien EMSACD 002, LC 14544
Take 5
dar: 3:05
Lee Hyla: We speak etruscan
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
Zwei Instrumente, zwei Spieler, zwei Monologe. Wer ist hier wer? Die Komposition birgt kein Psychogramm. Und dennoch: einer oder eine spricht permanent, dazu die oder der andere lakonische Einwürfe gibt. Zuweilen herrscht Einklang, dann kann man sie kaum unterscheiden; dann wieder sind sie gefangen in einem Wettlauf und ein jedes tritt in seiner Spezifik hervor.
Lee Hyla's Duostück We speak etruscan kombiniert höchst reizvoll die Bassklarinette mit einem Baritonsaxophon. Hyla, Amerikaner, 1952 geboren, verweist im Titel auf einen antiken, südeuropäischen Volksstamm, der - musikhistorisch betrachtet - bereits über Rohrblattinstrumente verfügte, dessen Sprache allerdings immer noch der Entschlüsselung harrt. Hier scheint der Verweis indes ironisch gemeint: das Anfang der 90er-Jahre geschriebene Stück verweigert die Rubrizierung, denn es vermengt Elemente des Jazz mit Errungenschaften der reinen E-Musik-Avantgarde.
Für eine Platte, die nicht nur neuestes Repertoire, sondern auch die Ausführenden porträtiert, ein geeignetes Schluss-Stück. Beate Zelinsky und David Smeyers - als Das Klarinettenduo nicht ganz unerfolgreich auf dem aktuellen Markt der Neuen Musik - haben ihre CD mehrdeutig Annäherung/Abweichung genannt. Mittels acht Kompositionen verschiedenster Herkunft und Handschrift werben sie für eine Besetzung, die sich auf Bass-, B- und Es-Klarinetten beschränkt.
Möglich indes ist dafür vieles. Zwischen Barbara Kolbs 1965 verfasstem Duo Rebuttal und Halo von Malika Kishino liegen 42 Jahre kompositionsgeschichtlich rasanter Entwicklung, die deutlich nachhörbar sind. Leichter spiel- und rezipierbare Werke wie die des Niederländers Paul Termos und des Amerikaners Daniel Rothman wechseln mit spitzfindigen Erkundungen im Bereich der Extreme, für die Beat Furrer wie Adriana Hölszky einstehen. Dank abwechslungsreicher Dramaturgie ergibt sich eine spannende Hör-Exkursion:
Musik 02
Adriana Hölszky: A DUE
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
Wellen, Interferenzen, Interaktionen. Soweit ein Ausschnitt aus Adriana Hölskys A DUE für zwei Es-Klarinetten. Der Titel findet sich auf einer neuen, beim Label edition zeitklang erschienen Porträt-CD mit dem Klarinettenduo Zelinsky/Smeyers.
Die nächste CD kreist gewissermaßen um die Oboe, wenngleich diese an keiner Stelle erklingt. Komponist Matthias Arter, geboren 1964 in Zürich, ist Oboist und als solcher zu Haus auch in der alten Musik. Das macht neugierig darauf, wie Arter als Komponist mit Blasinstrumenten umgeht, obwohl diese auf seiner höchst bemerkenswerten CD Solo Pieces nicht eben im Vordergrund stehen.
Die zwölf Solostücke Mathias Arters, die in den in den letzten 15 Jahren entstanden, werden auf der Platte zu einem Ganzen gefügt. Der Komponist verfügt über beachtliche Kenntnis und Rafinesse beim Erkunden, ja beim Ausloten der Instrumente - jede Miniatur ist in Zusammenarbeit mit dem entsprechenden Spieler entstanden.
Das vitale Akkordeonsolo gleich eingangs lässt aufmerken: Die zwei Manuale agieren - Persönlichkeiten gleich - höchst kontrovers, indes von einem Luftstrom versorgt. Schwieriger Dialog. Radikal geradezu die Kontraste in 3 Klavierstücken, die verschiedene Resonanzverhalten erproben. Bemerkenswert auch das kurze Hornstück Voice: Arter lädt hier zum Ausatmen ein, experimentiert mit Farben, Raumklang, Geräusch, lässt gar einen Zink imitieren.
Musik 03
Matthias Arter: Voice
Oliver Darbellay, Horn
Hier ein Ausschnitt aus dem Solo 2001 für die Flöte. Boris Previsic, Arters Partner bei musikalischen Erkundungen zum Beispiel in der Balkan-Region, verwendet drei verschiedene Instrumente: Auf der Altflöte entsteht das Klappengeräusch, die C-Flöte übernimmt den Dialog zwischen der Kantilene und den überblasenen, obertonreichen Momenten, und die Piccoloflöte bestreitet den Schluss.
Musik 04
Matthias Arter: Solo 2001
Boris Previsic, Flöten
Matthias Arter, Solo-Pieces 1993 - 2007. Solistische Stücke für Akkordeon, Violine, Horn, Blockflöte, Violoncello, Klavier, Stimme und Flöte. Erschienen beim Münchner Label NEOS.
LYRIK-ELEMENT
Ingeborg Bachmann: Es könnte viel bedeuten
Musik 04
Enno Poppe: Holz
Johannes Schwarz, Fagott
Die letzte CD, die ich Ihnen heute anspielen will, gilt dem Fagott, einem Instrument, für das in Klassik und Barock grandiose Werke entstanden, das in der Neuen Musik bislang nur wenige Fürsprecher hat. Ambitionierte Solisten also, die ab und an Komponisten gewannen, für ihr Instrument neue, möglichst virtuose Stücke zu schreiben.
Johannes Schwarz, Jahrgang 1970, seit einiger Zeit Fagottist beim Ensemble Modern, sieht sich in der Pflicht, hier eine klarere Weiche zu stellen. Im Booklet-Interview erklärt er, wie wichtig das gemeinsame Experimentieren mit musikalischen Urhebern ist, wenn man das klanglich begrenzte, einstimmige Blasinstrument aus seinem traditionellen Gebrauch konsequent herauslösen will.
Die fünf Titel auf der neuen, beim Label Ensemble Modern Medien erschienene Solisten-CD sprechen für sich. Holz von Enno Poppe reizt - wie soeben gehört - zunächst die konventionelle Spielweise aus. Pierluigi Billone hingegen liefert ein Geräuschstück, das bereits konsequent auf Multiphonics beruht - auf Techniken, die Spalt- und Mehrklänge erzeugen. Sascha Janko Dragicevic konfrontiert den Virtuosen mit elektronischem Zuspiel. Der französische Komponist Franck Bedrossian schließlich kombiniert das Fagott mit live-elektronisch erzeugten Verzerrungen, die an Heavy-Metal-Klänge erinnern, und lässt beide kräftig und frei interagieren.
Musik 05
Franck Bedrossian: Transmission
Johannes Schwarz, Fagott
Soweit ein Ausschnitt aus Transmission für Fagott und Live-Elektronik von Franck Bedrossian - gespielt von Johannes Schwarz. Dieser Titel findet sich auf einer neuen CD des Labels Ensemble Modern Medien, welches die einzelnen Ensemble-Mitglieder im Detail porträtiert. Zuvor habe ich Ihnen Solo Pieces von Mathias Arter angespielt, erschienen bei NEOS. Sowie eine bei der edition zeitklang erschienene Porträt-CD mit dem Klarinettenduo Zelinsky/Smeyers.
Diskographie:
01
Lee Hyla, We speak etruscan
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
CD ez-34036, LC 00581
Take 08
dar. 2:10
02
Adriana Hölszky, A DUE
Klarinettenduo Zelinsky / Smeyers
CD ez-34036, LC 00581
Take 07
dar. 1:38
03
Matthias Arter, Voice
Oliver Darbellay, Horn
CD NEOS 10940, LC 15673
Take 03
dar.: 0:55
04
Matthias Arter, Solo 2001
Boris Previsic, Flöten
CD NEOS 10940, LC 15673
Take 13
dar. 3:35
05
Enno Poppe, Holz
Johannes Schwarz, Fagott
CD Ensemble Modern Medien EMSACD 002, LC 14544
Take 02
dar: 1:105
06
Franck Bedrossian, Transmission
Johannes Schwarz, Fagott
CD Ensemble Modern Medien EMSACD 002, LC 14544
Take 5
dar: 3:05