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Homo naledi
Sensationeller Knochenfund unter schwierigen Bedingungen

Vor knapp zwei Jahren hatten Forscher in Südafrika im unterirdischen Rising-Star-Höhlensystem Frühmenschenfossilien entdeckt. Trotz des extrem schwierigen Zugangs in 30 Meter Tiefe konnten Hunderte Knochenfragmente nahezu unversehrt geborgen werden. Die Geschichte einer schwierigen Expedition.

Von Michael Stang | 10.09.2015
    Professor Lee Berger mit dem Schädel eines Homo naledi
    Professor Lee Berger mit dem Schädel eines Homo naledi (AFP / Stefan Heunis)
    Rund 40 Kilometer von Johannesburg in Südafrika entfernt liegt Sterkfontein. Die zahlreichen Karsthöhlen gehören zum UNESCO-Welterbe und werden als "Wiege der Menschheit" bezeichnet, denn dort wurden in den vergangenen Jahrzehnten viele berühmte Frühmenschenfossilien entdeckt.
    In Sterkfontein gibt es ein Museum nebst Cafeteria. Hier treffen sich auch Geologen und Höhlenkletterer, die im Auftrag der Universität von Witwatersrand die Höhlen im benachbarten Rising-Star-System nach neuen Fossilienstätten durchsuchen. An der Westseite stieß Steven Tucker vor zwei Jahren in 30 Metern Tiefe auf einen winzigen Eingang, der nur 17 Zentimeter breit ist. Eine Lücke, durch die sich der spindeldürre Südafrikaner gerade so zwängen konnte.
    "Ich gehöre zu den schlaksigen Typen, die sich durch solche schmalen Gänge zwängen können, aber so wenige Zentimeter waren auch für mich eine Herausforderung."
    Die Entdecker von Homo naledi: Der Paläoanthropologe Lee Berger aus Johannesburg und Mitglieder seines Teams im November 2013
    Die Entdecker von Homo naledi: Der Paläoanthropologe Lee Berger aus Johannesburg und Mitglieder seines Teams im November 2013 (picture alliance / dpa / Brett Eloff / Wits University)
    Das Unterfangen war gefährlich, denn in den Höhlen gibt es oft Unfälle.
    "Es war aufregend, durch diesen kleinen Eingang sich nach unten zu begeben. Die Höhle ist eigentlich bekannt, aber diese Ecke des System hatte nie einer beachtet. Dort unten stießen wir direkt auf viele Fossilien. Wir hatten aber keine Ahnung, wie alt sie waren, wie viele es sind oder zu welcher Menschenart sie gehören."
    Einige Tage darauf startete die Rising-Star-Expedition. Deren Leiter, der Paläoanthropologe Lee Berger aus Johannesburg, stellte ein internationales Ausgrabungsteam auf die Beine. Die Arbeiten begannen Ende 2013.
    "Nach einer Woche hatten wir schon genauso viele Fossilien ausgegraben, wie jemals in Sterkfontein gefunden wurden, die bis dahin als reichhaltigste Fundstätte für Frühmenschenfossilien in Südafrika galt. Am Ende waren es mehr Knochen als alle Funde im südlichen Afrika in den vergangenen 90 Jahren zusammen."
    2014 fand eine weitere Grabung statt, danach folgte ein Workshop, in dem die Knochen wissenschaftlich untersucht wurden. Einer der Leiter des Rising-Star-Projekts ist John Hawks von der Universität von Wisconsin in Madison.
    "Es sind die Überreste von mindestens 15 Personen. Viele Stücke können wir einzelnen Knochen zuordnen, da wissen wir, ob das ein Teil eines Oberschenkelknochen ist oder das eines Schienbeins. Hunderte Knochen sind nahezu unversehrt, zudem haben wir eine vollständige Hand und einen ganzen Fuß, auch mehr als 150 Zähne."
    In der Höhle wurden ausschließlich Frühmenschenknochen geborgen, keine Werkzeuge oder sonstige Hinterlassenschaften. Dafür sind die Skelette umso aussagekräftiger.
    "Wir haben alles, was es in einer Population gibt. Erwachsene, Heranwachsende, Kinder und Babys, Frauen und Männer."