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Homogener und makelloser Klang

Die Debüt-CD des jungen niederländischen Ensembles Bach Concentus unter der Leitung von Ewald Demeyere vor umfasst Ouvertüren von Johann Bernhard Bach und Georg Philipp Telemann. Die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der beiden ehemaligen Kollegen, werden hier deutlich.

Von Christiane Lehnigk | 17.02.2008
    Wir stellen Ihnen heute die Debüt-CD des jungen niederländischen Ensembles Bach Concentus unter der Leitung von Ewald Demeyere vor. Das Programm umfasst Ouvertüren von Johann Bernhard Bach und Georg Philipp Telemann und erschien beim Label Accent im Vertrieb von note1.

    Musikbeispiel: Johann Bernhard Bach, aus Ouverture D-dur: - La Joye

    Johann Bernhard Bach der Ältere schrieb zwar verbriefterweise' 'viele schöne, nach dem Telemannischen Geschmacke eingerichtete Ouverturen', ist aber höchstens Musikwissenschaftlern und Alte-Musik-Spezialisten ein Begriff. Er war ein Vetter zweiten Grades von Johann Sebastian Bach und der Enkel des Erfurter Organisten Johann Bach. Er wirkte als Stadtorganist in Eisenach und war Mitglied der dortigen Hofkapelle für die er diese vier Ouvertüren schrieb, die leider fast die einzigen Werke sind, die sich von ihm erhalten haben.

    Dass diese Kompositionen nicht, wie die übrigen verloren gegangen sind, ist allein seinem Vetter Johann Sebastian Bach zu verdanken, der sie für sein Collegium musicum in Leipzig kopierte um sie dort aufzuführen. Diese Ouvertüren zeigen Johann Bernhard Bachs Gewandtheit in der Handhabung des französischen Orchesterstils, der damals das Vorbild für diese Kompositionen war.

    Musikbeispiel: Johann Bernhard Bach, aus Ouverture G-dur: - Sarabande/- Bourée-Gayement

    Der Bach Concentus unter der Leitung des Cembalisten Ewald Demeyere hat auf seiner ersten CD-Einspielung den vier Ouvertüren von Johann Bernhard Bach drei solcher Kompositionen von Georg Philipp Telemann gegenüber gestellt, was sehr schön die Gemeinsamkeiten, aber auch die Unterschiede der beiden ehemaligen Kollegen verdeutlicht.

    Bernhard Bach, der von 1676 bis 1749 lebte, war Organist an der Georgenkirche und Mitglied der Eisenacher Hofkapelle, die seit 1708 von Telemann geleitet wurde. Als dieser 1712 Eisenach verließ und nach Frankfurt ging, wurde Johann Bernhard Bach zu dessen Nachfolger ernannt. Er blieb bis zu seinem Tode 1749 Kapellmeister der Hofkapelle.

    Es gibt zwar keine direkten Nachweise, aber es ist anzunehmen, dass sich Bach und Telemann ausgetauscht haben, die Ouvertüren speisen sich jedenfalls aus dem gleichen französisch-italienischen Stoff. Die Ouvertüre hat ihre Bezeichnung von dem ursprünglich so bezeichneten Einleitungssatz, der der nachfolgenden Suite ihren Namen gab. Stilbildend waren hier die Ouvertures von Jean Baptiste Lully, in Deutschland entwickelten sie sich aber in der Art von Ensemble-Suiten freier und beschränkten sich nicht mehr nur auf Tanzsätze.

    Bei Telemann und Bach wurden dann auch konzertante Elemente mit aufgenommen. Dass Johann Sebastian Bach hier auch von seinem Vetter Johann Bernhard Bach beeinflusst wurde, zeigt sich zum Beispiel in seiner h-moll Suite BWV 1067.

    Der produktivste Komponist von Orchestersuiten war mit Sicherheit Georg Philipp Telemann. Telemann, der wie kein anderer die Instrumentalmusik seiner Zeit prägte, gab die Zahl selbst mit 600 an.

    Hier ein Ausschnitt aus der E-dur-Ouvertüre, in der die Streichergruppe mit Basso Continuo durch eine Oboe d'amore ergänzt wird.

    Musikbeispiel: Georg Philipp Telemann, aus Ouverture E-dur TWV 55:E2: - Ouverture

    Die Ouvertüren-Suiten von Georg Philipp Telemann und Johann Bernhard Bach weisen eine ganze Anzahl von Ähnlichkeiten auf, wie zum Beispiel die bevorzugte Besetzung mit einem vierstimmigen Streicherensemble und die Vermeidung standartisierter Tanzsätze zugunsten von vielfältigen 'Charakterstücken' mit bildhaften, üblicherweise französischen Titeln. Dabei scheinen sich die beiden Komponisten gegenseitig beeinflusst zu haben. Dies ist in dieser Einspielung der Doppel-CD mit dem Bach Concentus unter der Leitung von Ewald Demeyere sehr gut nach zu vollziehen. Der Bach Concentus wurde 2006 von dem Cembalisten Ewald Demeyere dem Violinisten Giulio D'Alessio gegründet und legt den Schwerpunkt seiner Arbeit auf die Instrumental- und Vokalmusik des Barock und der Klassik mit einem besonderen Interesse an Werken der gesamten Bach-Familie sowie auch Stücken unbekannter Komponisten. Dahinter steckt eine akribische musikologische Arbeit, die das Studium aller verfügbarer Quellen mit einbezieht.

    "Bach Concentus liegt aber vor allem am Herzen", so Demeyere,' die Kunst der Aufführung so zu respektieren und umzusetzen, dass eine spontane, lebendige und dynamische Kommunikation mit dem Publikum entsteht."

    Ewald Demeyere, Jahrgang 1974, hat zuvor schon eine Reihe von Cembalo-Werken bei Accent aufgenommen. Er hat unter anderem Cembalo am Königlich Flämischen Musikkonservatorium in Antwerpen studiert und machte 1997 sein Meisterdiplom bei Jos van Immerseel, dessen Professur er nach dessen Weggang übernahm. Als Kammermusiker arbeitete er mit vielen bedeutenden Formationen zusammen und ist unter anderem Mitglied von La Petite Bande und Il Fondamento. Diese Debüt-CD zeigt, dass es dem Ensemble bereits gelungen ist, einen ganz eigenen, sehr homogenen, geradezu makellosen Klang zu schaffen, der nur das Ergebnis akribischer Zusammenarbeit sein kann. Dass die Mitglieder des Ensembles, fast ausschließlich Damen, mit den barocken Stilmitteln ganz selbstverständlich vertraut ist, zeigt den hohen Standart einer neuen Generation von Alte-Musik-Spezialisten.

    Das Klangbild der Aufnahme ist sehr hell aber ausgewogen. Dennoch handelt es sich bei dieser CD nicht um eine wirkliche Entdeckung, gibt es doch schon eine 15-Jahre alte Einspielung der vier Ouvertüren von Johann Bernhard Bach mit dem Freiburger Barockorchester, die eigentlich auch kaum etwas zu wünschen übrig ließ.

    Man darf dennoch gespannt sein, welche Programme Ewald Demeyere mit seinem Bach Concentus noch entwickeln wird. Bei aller Konkurrenz, dürfte es dem Ensemble kaum schwer fallen, sich schnell einen Platz in der internationalen Szene zu erspielen.

    Musikbeispiel: Johann Bernhard Bach, aus Ouverture e-moll:- Courante/Gavotte en Rondeaux

    Die Neue Platte im Deutschlandfunk, heute mit Ouvertüren von Johann Bernhard Bach und Georg Philipp Telemann mit dem jungen Bach Concentus unter der Leitung von Ewald Demeyere. Zuletzt hörten Sie einen Ausschnitt aus Bach e-moll Ouvertüre. Diese Doppel-CD erschien beim Heidelberger Label Accentus und ist jetzt im Vertrieb von note1 erhältlich.


    Titel: Johann Bernhard Bach
    Georg Philipp Telemann
    Overtures
    Ausführende: Bach Concentus
    Leitung: Ewald Demeyere
    Label: LC 06618 ACCENT ACC 24198
    Vertrieb: note 1