Aus den Feuilletons

Ins chinesische Gefängnis wegen Trümmerfotos

Zerstörte Unterkünfte von Wanderarbeitern in einem Vorort von Peking
Ein Mann steht am 27.11.2017 in Xinjian, einem Vorort von Peking, auf Schutt. Nach einem Feuer mit 19 Toten hatten die Behörden die Unterkünfte der Wanderarbeiter abgerissen. © picture alliance/dpa/Foto: Simina Mistreanu
Von Tobias Wenzel · 20.12.2017
Ohne Vorankündigung hatten chinesische Behörden Häuser von Wanderarbeitern abreißen lassen. Der Künstler Hua Yong hatte ein Video darüber ins Netz gestellt und ist dafür verhaftet worden. Der Vorwurf: Er habe eine Menschenansammlung herbeigeführt, schreibt die "TAZ".
Um in China ins Gefängnis zu kommen, braucht man nicht mehr als ein Smartphone und einen Selfie-Stick. Das jedenfalls erfährt man aus Artikeln in der TAZ und der FRANKFURTER ALLGEMEINEN:
"Der Künstler Hua Yong war mit seinem Smartphone und einem Selfie-Stick einfach durch die Trümmerlandschaften gewandert, in die Pekinger Sicherheitsbehörden die früheren Behausungen von Wanderarbeitern innerhalb weniger Tage verwandelt hatten", schreibt Mark Siemons in der FAZ unter der Titelzeile "Dokumentieren lebensgefährlich".
Nachdem ein Feuer in einem dieser Hochhäuser neunzehn Menschen umbrachte, hat die städtische Regierung sehr viele Häuser der Wanderarbeiter abreißen lassen. Und zwar "ohne Vorankündigung", so dass die Menschen, die zum Beispiel auf dem Bau, bei der Müllabfuhr und als Babysitter arbeiten, "von einem Tag auf den anderen auf der Straße" landeten.
Und das, den Abriss und die protestierenden Wanderarbeiter, hat Hua Yong, der sein Geld als Maler verdient, mit seinem Smartphone gefilmt und auf Videoplattformen veröffentlicht.
"Die schlichten, mit geringstmöglichem technischen Aufwand aufgenommenen Bilder machen in China einen so starken Eindruck", erklärt Siemons, "weil sie genau jene einfachen Leute in all ihrer Hilflosigkeit zeigen, als deren Anwalt sich der offiziellen Propaganda zufolge die Regierung Xi Jinpings ausgibt."
Die Behörden haben die Videos im Netz gelöscht und den Künstler festgenommen. Er sei aber auf Kaution wieder freigelassen worden, berichtet Felix Lee in der TAZ und erläutert, Hua Yong werde vorgeworfen,
"auf kriminelle Weise eine Menschenansammlung herbeigeführt zu haben, um den Verkehr zu stören".

Kritik über Berichterstattung zu schwedischen Gesetzentwurf

Vom Verkehr zum Verkehr: "Schweden definiert in einem neuen Gesetz, wann Sex einvernehmlich stattfindet, und die deutsche Presse verliert sich in falschen Behauptungen, Übertreibungen und Klischees", schreibt Hengameh Yaghoobifarah. Das wirft sie dem ZDF, genauer der Social-Media-Redaktion von heute.de vor.
Der Sender habe "unterirdische Fakenews" verbreitet. Welche genau das gewesen seien, sagt die Journalistin allerdings nicht. Stattdessen klärt sie allgemein auf, dass im schwedischen Gesetzentwurf, der durch die "Mee too"-Debatte ausgelöst wurde, "Nein heißt Nein" durch das Prinzip "Nur Ja heißt Ja" ersetzt worden sei. Das sei gar nicht "revolutionär". Letztlich bleibe es in der Realität wohl oft bei Aussage gegen Aussage. Es bestehe auch entgegen empörter Behauptungen "keine Pflicht, vor dem Sex und für jede neue Stellung einen schriftlichen Vertrag aufzusetzen".
Welt.de wiederum habe, so Yaghoobifarahs Vorwurf, anstatt die Fakten zu checken, Panik verbreitet, mit Sätzen wie: "Schweden ist jetzt das unromantischste Land der Welt, gleich hinter Saudi-Arabien und dem Iran."
Das Fazit der Journalistin in ihrem TAZ-Artikel: "Wer auf ´Nur Ja heißt Ja` so reagiert, kann ein Nein anscheinend nicht verkraften."

Ein Escortgirl trifft Volker Kauder

Salomé Balthus sagt gerne ja, wenn die Bezahlung stimmt. Die WELT, nun die gedruckte Ausgabe, hat dem Berliner Escortgirl, das mit bürgerlichem Namen Hannah Lakomy heißt und die Tochter des DDR-Liedermachers Reinhard Lakomy ist, Raum gegeben, um fröhlich über ihr Metier zu schreiben.
Sie berichtet, wie Volker Kauder sie in einem Flugzeug angesprochen hat:
"Das ist aber nett, mal so eine adrette junge Dame als Flugnachbarin zu haben." – "Und ich finde es interessant, einen CDU-Politiker einmal persönlich kennenzulernen. Sonst kenne ich nämlich nur Leute von der Linken, wie Gregor Gysi zum Beispiel." – "Sie kennen den Gysi? Was machen Sie denn beruflich?" – "Ich bin Prosituierte." – "Nicht doch." – "Doch, Herr Kauder. Aber nicht dass Sie jetzt denken, der Gysi wäre einer meiner Kunden. Den kannte ich vorher schon." – "Sie, eine Prostituierte? Aber Sie sehen doch so nett aus."
Ob Volker Kauder wohl recht ist, dass sein etwas spezielles Bild von Prostituierten nun so verbreitet wird?
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