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Honig als Antibiotikum

Mikrobiologie. - Schon seit Jahrtausenden nutzen Menschen Honig von wilden Bienen um Wunden zu heilen oder Infektionen zu bekämpfen. Schwedische Wissenschaftler haben nun herausgefunden, warum sich Honig so gut als natürliches Antibiotikum eignet. Im Fachmagazin "PLoS Biology" berichten die Forscher, dass sich die Bienen einen ganzen Zoo von bisher unbekannten Milchsäurebakterien in ihrem Honigmagen halten. Diese Mikroben machen den Honig haltbar und schützen die Bienen außerdem vor Krankheitserregern.

Von Christine Westerhaus | 30.03.2012
    Die Begeisterung für Honig hat Tobias Olofsson von seinem Großvater geerbt. Dieser züchtet schon seit 81 Jahren Bienen und hat seinem Enkel schon als Kind alles beigebracht, was er über die Imkerei gelernt hatte.

    "Ich wusste also schon von kleinauf, dass bestimmte Honigsorten gesünder sind, als andere. Später wollte ich herausfinden, woran das liegt und habe dann mit meinen Kollegen die Milchsäurebakterien untersucht, die wir im Honig gefunden haben. Dabei haben wir gesehen, dass diese Mikrobenflora aus dem Honigmagen der Bienen stammt und dass sie sich aus sehr vielen verschiedenen Arten zusammensetzt, die zum großen Teil bisher völlig unbekannt waren."

    Der Honigmagen von Bienen ist ein spezielles Organ, in dem die Tiere den gesammelten Nektar speichern und bei Bedarf wieder erbrechen, um andere Nestmitglieder zu füttern. Die Milchsäurebakterien in diesem Spezialmagen haben offenbar eine doppelte Funktion, erklärt der Mikrobiologe von der Lund Universität: Einerseits wirken ihre Stoffwechselprodukte als Konservierungsmittel und verhindern, dass der Honig von Hefepilzen oder anderen Mikroben befallen wird. Gleichzeitig vertreiben diese Substanzen aber auch Krankheitserreger aus der Bienenkolonie.

    "Wenn es diese Milchsäurebakterien nicht gäbe, würde der Nektar im Honigmagen der Bienen vermutlich innerhalb kürzester Zeit anfangen zu gären. Gleichzeitig könnte der fertig produzierte Honig nicht mehr als natürliches Antibiotikum wirken und dann wären die Bienen und ihre Larven nicht mehr vor Krankheiten geschützt."

    Tobias Olofsson sieht hier einen Zusammenhang zu dem mysteriösen Bienensterben, von dem immer mehr Imker betroffen sind. Im Gegensatz zu wilden Bienen könnte den Zuchttieren der natürliche Schutz durch die Milchsäurebakterien fehlen, vermutet der Forscher.

    "Diese Probleme treten vor allem in den USA auf und dort ist es im Gegensatz zu Europa erlaubt, Bienenvölker mit Antibiotika zu behandeln. Diese Medikamente töten aber nicht nur Krankheitserreger, sondern auch die Milchsäurebakterien im Honigmagen der Bienen. Außerdem schwächen viele Imker die Abwehrkräfte ihrer Kolonien, weil sie den Tieren anstelle von Honig nur synthetischen Zucker als Nahrung geben."

    Um genaueres über die nützliche Bakteriengemeinschaft zu erfahren, haben Tobias Olofsson und seine Kollegen wilde Bienenvölker untersucht, die sie auf der ganzen Welt gesammelt hatten. Dabei fanden sie bei allen Arten eine recht ähnliche Zusammensetzung von Milchsäurebakterien.

    "Sogar bei Bienen, die auf unterschiedlichen Teilen der Erde leben, haben wir die gleichen Bakterien gefunden. Außerdem haben wir beobachtet, dass frisch geschlüpfte Tiere schon nach wenigen Minuten von den Arbeiterinnen mit Milchsäurebakterien beimpft werden. Das zeigt, wie wichtig diese Mikroben für die Immunabwehr der Bienen sind."

    Tobias Olofsson und seine Kollegen wollen nun herausfinden, welche Substanzen die Milchsäurebakterien produzieren und warum sie Bienen vor Krankheiten schützen. Die Forscher hoffen, aus diesem Cocktail natürliche Antibiotika gewinnen zu können, die auch dem Menschen helfen.

    "Wir konnten bei Bienen schon 13 verschiedene Typen von Milchsäurebakterien identifizieren, die zusammen eine ganzes Arsenal von Abwehrstoffen bilden. Und wir haben gesehen, dass sie damit so ziemlich jedes Bakterium töten können, dem sie begegnen."