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Hooligan-Aufmarsch
"Brigade Halle" heizt Stimmung gegen Roma an

Nach Köln und Hannover wollten heute rechtsextreme Hooligans durch Halle ziehen. Ziel des rechten Mobs ist seit geraumer Zeit das Plattenbauviertel Halle-Silberhöhe, in der etwa 240 Roma aus Rumänien leben. Dann kam der überraschende Rückzug, die Demo wurde von der rechten Kameradschaft "Brigade Halle" wieder abgemeldet.

Von Christoph Richter, Landeskorrespondent Sachsen | 05.12.2014
    Ein glatzköpfiger Teilnehmer eines Aufmarsches des Neonazi-Netzwerks Freies Netz Süd steht auf einer Straße in Wunsiedel (Bayern)
    Neonazis und Hooligans vereinigen sich gegenwärtig beim Thema Ausländerfeindlichkeit (dpa/picture-alliance/Timm Schamberger)
    "Mit den Romas, das gefällt mir alles nicht. Sie wühlen in den Containern rum. Das ist alles...ich weiß auch nicht. Können machen was sie wollen, aber sie sollen uns Deutsche in Ruhe lassen."
    Sagt eine Frau um die 60. Hochtoupiertes Haar, in der Hand hält sie einen Einkaufsbeutel. Nicht weit von ihr steht Kalle. Ein arbeitsloser Lokführer.
    "Die können kein Wort Deutsch, die wissen nicht was eine Kaufhalle ist und wie man sich zu benehmen hat. Die sind nicht willkommen. Ich meine, wir kennen hier eine gewisse Ordnung und die muss eingehalten werden. Das kenne ich als Deutscher so und das gilt für die genauso."
    "Brigade Halle" heizt Stimmung an
    Ein kleines – sendefähiges – Stimmungsbild aus Halle- Silberhöhe. Ein Anfang der 1980er-Jahre gebautes Plattenbauviertel am Südrand der Stadt. 13.000 Menschen wohnen hier. Kaum Ausländer, darunter etwa 40 Roma-Familien aus Rumänien. Gegen sie wird seit Monaten Stimmung gemacht. Weil sie angeblich auf den Rasenflächen rumlungern würden, laute Musik hörten oder klauen gingen. Die Polizei hat dazu aber keinerlei Erkenntnisse. Trotzdem hat die rechte Hooligan-Gruppierung "Brigade Halle" und der Internetbetreiber einer rassistischen Webseite für heute zu einem Aufmarsch unter dem Motto "Asylflut stoppen" aufgerufen. Wird aber nicht zustande gekommen, weil die Organisatoren, die von der Stadt gemachten Auflagen - ihnen ist nur eine Kundgebung in der Nähe des Hauptbahnhofs gestattet worden und sie hätten 70 Ordner stellen müssen - nicht erfüllen konnten.
    "Das ist für Halle erst mal ein gutes Zeichen."
    Sagt Torsten Hahnel von der Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Demokratienetzwerk Miteinander e.V. .
    "Es gibt definitiv innerhalb dieser Gruppierung von Hetzern auf der Silberhöhe Fußballfans, HFC-Fans, Ultras, Hools, wie auch immer sie sich bezeichnen. Und es gibt natürlich viel Sympathie für HoGeSa. Es ist auch nachweisbar, das Leute aus Sachsen-Anhalt, auch aus Halle, sowohl in Köln, als auch in Hannover waren, teilweise dort auch aufgefallen waren."
    Bürgerwehr will für Ruhe und Ordnung sorgen
    Bereits Mitte des Jahres hat sich in Halle-Silberhöhe eine sogenannte Bürgerwehr gebildet, die zu sogenannten Stadtteilspaziergängen aufgerufen hat, um – wie es im Internet hieß - für "Ruhe und Ordnung" zu sorgen. In der Vergangenheit kam es auch zu körperlichen Übergriffen auf die Romas. Es wurden Autos angezündet, sogar Kinder wurden geschlagen. Eine Gruppe, die sich dagegen engagiert, sind die Satire-Aktivisten von der sogenannten Front deutscher Äpfel, die 2004 in Leipzig gegründet wurde. Wo sie auftreten, sorgen sie für Aufsehen. Sie tragen schwarze Anzüge mit roten Armbinden, auf denen - statt der Swastika - ein Apfel als Logo abgebildet ist.
    Die Anfeindungen zwischen den alten und neuen Einwohnern in Halle-Silberhöhe sie sind Richard Juni, einem der Hallenser Aktivisten der Satire-Gruppe Front deutscher Äpfel befremdlich. Ein Erklärungsversuch:
    "Wir müssen überlegen was die Silberhöhe ist. Dort wohnen sehr viele Menschen hingeschoben aufgrund der Gentrifizierung die Sozialwohnungen brauchen. So ein bisschen die Verlierer der Gesellschaft. Und die fühlen sich bedroht, das was von ihrem kleinen Kuchen noch was abgenommen wird. Das ihnen die Jobs weggenommen werden, dass sie vielleicht jetzt ihre Sozialhilfe teilen müssen. Das ist meine Vermutung, warum es da zurzeit so kocht."
    Die feindliche Haltung der Anwohner, die sich in Halle-Silberhöhe explizit gegen Sinti und Roma richtet, hat jetzt auch Sachsen-Anhalts CDU-Innenminister Holger Stahlknecht auf den Plan gerufen. Ihn sorge es, erklärte Stahlknecht, dass gerade unter dem Deckmantel der Hooligan-Anti-Salafismus-Bewegung, Stimmung gegen Ausländer gemacht würde. Und nannte es eine gesellschaftliche Pflicht, schutzbedürftige Flüchtlinge aufzunehmen.
    "Ich halte es schon wichtig, dass wir, sag ich mal, eine gute Willkommenskultur haben. Das wir eine Willkommensstrategie haben. Damit wir, nicht nur, nicht nur alleine aus humanitären Gründen, sondern eben auch aus wirtschaftlichen Gründen, zukunftsfähig bleiben werden."
    Für heute 16 Uhr hat jetzt, statt den Rechtsextremen, das Bündnis Halle gegen Rechts zu einer Kundgebung in Halle-Silberhöhe aufgerufen. Um ein Zeichen gegen die Hetze gegen Roma zu setzen, wie es heißt. Das Motto der Veranstaltung: Jeder ist willkommen.