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Horst Seehofer und Gerd Müller in China
Außenpolitik à la Bavaria

Bayern hat mehr zu bieten als Blasmusik, Semmeln und Leberkäse: Typisch Bayerisches darf beim China-Besuch von Bundesminister Gerd Müller (CSU), zuständig für wirtschaftliche Zusammenarbeit, und Parteichef Horst Seehofer zwar nicht fehlen - doch bei ihrer Reise geht es um viel mehr als um eine Werbetour für Bayern.

Von Frank Capellan | 12.05.2017
    Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (r) und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller (beide CSU) stehen am 10.05.2017 in der Deutschen Botschaft in Peking (China) bei einem Empfang nebeneinander.
    Horst Seehofer und Bundesentwicklungsminister Gerd Müller sind auf Werbetour in China. (dpa / picture alliance / Sven Hoppe)
    "Willkommen im Goethe-Institut."
    Als Gerd Müller in einem hippen Künstler-Viertel von Peking das deutsche Goethe-Institut besucht, treibt den CSU-Mann eine große Sorge: Die nämlich, dass sich die Chinesen allzu sehr für die deutschen Väter des Kommunismus interessieren könnten und weniger für deutsche Leitkultur. Clemens Treter, der Institutschef hat´s da nicht leicht mit dem Minister aus Berlin.
    "Was interessiert den Chinesen? Goethe, Mozart oder Marx?" - "Ich denke alle drei, man könnte auch noch BMW, Audi und Mercedes hinzufügen." - "Nein – wir sind ein Kulturland. Ich weiß, dass unsere großen Philosophen von den Chinesen geliebt werden und die Musiker – Wagner!"
    Oder vielleicht auch bayerische Blasmusik? Für Horst Seehofer gehört die ohne Frage auch zum deutschen Kulturgut. Am Abend beim Empfang des deutschen Botschafters begrüßt er im Beisein vieler chinesischer Gäste Musiker in Dirndl und Lederhosen, es gibt bayerisches Bier und bayerische Semmeln – Dohaim ist dohaim, und sei es in der deutschen Botschaft! Auch das gefällt den Chinesen, sagt der Ministerpräsident, sonst wäre diese Blaskapelle schließlich in Peking nicht so gut gebucht.
    "Und deshalb haben die auch Beifall verdient!"
    Subkultur unter den Augen der Partei
    Doch der Reihe nach: Am Morgen im Goethe-Institut geht es um Hochkultur. Nein, eigentlich war es Subkultur, die sich hier bis zur Jahrtausendwende etablierte. Doch die chinesische Führung, versuchte den Szene-Treff von Künstlern wie Ai Wei Wei irgendwie in geordnete Bahnen zu bringen. In einem ehemaligen Fabrikviertel, einst errichtet von deutschen Ingenieuren aus der DDR, wird nun unter den Augen der Partei moderne Kunst präsentiert. Und eben ein modernes Bild von Deutschland – im Pekinger Goethe-Institut. Gerd Müller steht in einer Halle, viel Licht dringt durch die Dachfenster, in den Regalen stehen deutsche Bücher, viele Klassiker, einen nur scheint der Entwicklungsminister zu vermissen, wieder fragende Blicke, diesmal in Richtung einer jungen chinesischen Mitarbeitern.
    "Die Biografie von Frau Angela Merkel, haben Sie die hier?" – "Angela Merkel? Nein, die gehört nicht zur Literatur oder Kunst!"
    Das kann er so nicht stehenlassen. Auf seine Kanzlerin lässt Müller nichts kommen, beim nächsten Jahr bringe ich eine chinesische Übersetzung einer Merkel-Biografie mit, verspricht er und wendet sich gleich wieder dem Goethe-Instituts-Präsidenten zu ...
    "Wenn ich den Normal-Chinesen frage: Nenne mir zwei oder drei Deutsche! Wen nennt er dann? Neben der Bundeskanzlerin?" – "Die Bundeskanzlerin ist sicher auch dabei. Dann kommt Marx und Hitler, und dann hört es schon auf."
    Marx und Hitler. Oh je, da gilt es wohl noch viel zu entwickeln am Deutschland-Bild der Chinesen, scheint der Gast zu denken. CSU trifft auf KP, das wirft Fragen auf ...
    "Wie erklärt man einem chinesischen Studenten, dass Deutschland auf die Theorien von Marx und Engels nicht abgestellt hat?" – "Man spricht nicht darüber!"
    Duale Ausbildung soll gefördert werden
    Doch Ideologie hin oder her. Probleme müssen angepackt werden. 600 Kilometer von Peking entfernt greift der Minister zur Baumschere. In der Provinz Shandong unterstützt die CSU nahe Hans Seidel Stiftung ein Ausbildungszentrum für landwirtschaftliche Berufe, unterstützt vom Entwicklungsministerium. Der Minister schaut der 17jährigen Zang Hui über die Schulter.
    "Das ist ein neuer Trieb! Muss der weg? Nein, hier, das muss weg!" – "Was ist das für eine Apfelsorte?" – "Das ist eine Birne!" – "Woran erkennst du, dass das eine Birne und kein Apfelbaum ist?" – "Da draußen steht ein Schild, da kann man das sehen!"
    Gerd Müller in seinem Element, schließlich war er mal Agrarstaatsekretär, so etwas wie der Vorkoster des damaligen Landwirtschaftsministers Horst Seehofer. Metzgerschüler in weißen Kitteln und sterilen Hauben üben sich gerade an der Produktion bayerischen Leberkäses, Müller probiert und vergibt höflich ein hervorragendes Prädikat ...
    "Das ist hoher Standard und das ist ein ganz wichtiges Handwerk!"
    Duale Ausbildung deutscher Prägung, so etwas will der Minister im Rahmen einer Entwicklungspartnerschaft nach Afrika exportieren, hier aber kommt sie dem eigentlich so hoch entwickelten China zu gute
    "Wir können nur einen Leuchtturm setzen. Peking muss verstehen, dass auf dem Land der Jugend eine Zukunft gegeben werden muss!"
    CSU trifft auf die KP
    "Wir trinken auf Ihren Erfolg und die nächsten zehn Jahre!"
    Ganbei! Ein Prost auf die bayerisch-kommunistische Freundschaft. Wieder trifft CSU auf KP. Die Partnerschaft zwischen Bayern und Shandong geht bis auf Franz Josef Strauß zurück. Michael Claus von der Seidelstiftung hat kein Problem damit, verweist stolz darauf, dass seine Arbeit schon in der Parteizeitung gelobt wurde.
    "Warum schaffen es deutsche, hochrangige Beamte mit den Bauern zu reden und die chinesische Führung nicht? Hat die Parteihochschule in ihrem zentralen Organ gefragt!"
    Von Bayern lernen heißt siegen lernen. In Peking allerdings lernt Horst Seehofer erst einmal, wie chinesische Kaiser die Thronfolge regelten, der Ministerpräsident beim Tempelbesuch.
    "Ja, da stand der Thron des Prinzen Gong, man wollte unbedingt, dass ich Platz nehme. Das habe ich natürlich nicht getan." - "Aber es gab mehrere Kronprinzen hier?" - "Ja, die gibt´s bei mir auch."
    Söder, Aigner, Herrmann – Gerd Müller hat keine Kronprinz-Ambitionen, er will lieber weiter die Welt retten, beim Botschaftsempfang steht er strahlend neben seinem Parteichef.
    "Wir haben heute einen bayerischen Abend, mit blau- weißem Himmel. – Weiß-blau!"
    Welch ein Fauxpas des Botschafters, dabei hat er doch eine bayerische Frau. Seehofer schüttelt den Kopf.
    "Wenn man in Bayern bei einem Staatsexamen bei der Frage nach den Landesfarben mit blau-weiß antwortet, ist das Examen nicht bestanden. Weil es in der Verfassung steht: Weiß-blau!"
    Die Dolmetscherin müht sich redlich, die heimischen Besucher in bayerische Spitzfindigkeiten einzuweihen, die selbst in Deutschland nördlich des Mains kaum zu vermitteln sind.
    "Dann sollten wir anstoßen auf die Freundschaft zwischen Deutschland und China, dann noch mal anstoßen, etwas kräftiger, auf die zwischen Bayern und China!"
    Lob von Seehofer
    Bavaria first im Herzen von Peking. Seehofer bleibt auf seinem Thron, egal wie die Bundestagswahl läuft. Und Gerd Müller? Den Segen des CSU-Chefs scheint er zu haben. "Jetzt ist erst mal der Wähler dran", meint Seehofer.
    "Zweitens kann ich sagen, dass Gerd Müller eine exzellente Arbeit macht, die Bevölkerung diese Arbeit auch anerkennt. Ich glaube, aus dieser Antwort kann man schon Schlussfolgerungen ziehen!"