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Hoteleröffnung in Bethlehem
Kunsthotel von Banksy direkt am Sperrwall

Geschäfte und Hotels in der Nähe der Sperrmauer von Bethlehem haben sich in der Vergangenheit nie besonders lange gehalten. Nun eröffnet ein Hotel, eingerichtet vom britischen Künstler Banksy, das sich genau diesen Standortnachteil zum Nutzen machen möchte. Es macht dabei die Absurdität der Besatzung erfahrbar.

Von Torsten Teichmann | 13.03.2017
    Passanten gehen in Bethlehem (Westjordanland) am Eingangsbereich des "The Walled Off Hotel" und israelischen Sperranlagen vorüber. Das Hotel in der Nähe der israelischen Sperranlagen zeigt Motive des Künstlers Banksy und wirbt mit dem "schlechtesten Blick der Welt".
    "The Walled Off Hotel" in Bethlehem (dpa-Bildfunk / AP / Dusan Vranic)
    Die Touristen kommen. Es sind noch keine Hotelgäste, aber Gruppen von Ausländern, die Bethlehem besuchen. Örtliche Reiseführer führen sie entlang der meterhohen israelischen Sperrmauer und bleiben vor dem "Walled-Off Hotel" stehen.
    Seit dem Wochenende lassen sich im Internet für das Banksy-Hotel Zimmer buchen. Die Präsidentensuite direkt neben dem israelischen Sperrwall ist ab 965 Dollar die Nacht zu haben. Eine Übernachtung im Doppelstockbett kostet dagegen 30 Dollar. Das ist dann ein Mehrbettzimmer ausgestattet mit überschüssigen Gegenständen aus israelischen Kasernen.
    An der Pianobar des Hotels sitzt Manager Wisam Salsa’a. Dunkles Sakko, schmale, schwarze Krawatte, rasierter Kopf und zufriedenes Lächeln. Auch wenn zunächst vor allem ausländische Familien zum Tee nach Bethlehem gekommen sind:
    Überwachungskameras montiert wie Hirschgeweihe
    Das "Walled Off" spielt mit der Absurdität der Besatzung (Torsten Teichmann)
    "Die Leute aus Bethlehem kommen am Nachmittag, wenn die Schule aus ist. Wir bekommen großartige Reaktionen. Die Leute sind so begeistert. Das ist das beeindruckendste Projekt, das es je in Palästina gegeben hat."
    Das Hotel macht die alltägliche Absurdität für Besucher erfahrbar
    Salsa’a stammt aus einer Familie von Kunstschnitzern. Er hat als Reiseführer gearbeitet und im Ausland Vorträge über den palästinensischen Alltag gehalten. Das Hotel macht die alltägliche Absurdität der israelischen Besatzung nun auch für Besucher erfahrbar – mit Design des britischen Streetart-Künstlers Banksy. In der Pianobar hängen Überwachungskameras montiert wie Hirschgeweihe. Auf einem Bild im Stil britischer Landschaftsgemälde vertreibt ein Caterpillar-Bulldozer eine Familie. Es gibt Scones und English Breakfast Tea. Und der Toast im Walled-Off-Salat - klingt wie Waldorf-Salat - hat die Form der Mauerelemente vor der Tür:
    Der Hotelmanager Wisam Salsa’a
    Der Hotelmanager Wisam Salsa’a (Torsten Teichmann)
    "Wenn Menschen die Realität kennen, die Wahrheit, dann erwarten wir, dass sie handeln. Und wenn sie etwas tun, wird das für alle gut sein, für Palästinenser und Israelis ebenso. Wir wollen Koexistenz auf gerechte Art. Wir wollen, dass alle in Frieden und gleichberechtigt leben."
    Für die Realität bietet das Hotel ein eigenes Museum. Vier Euro kostet der Eintritt zu den fünf Räumen. So informiert die Ausstellung mit einer Projektion auf einer Reliefkarte über die Rolle der Briten als Mandatsmacht in der Region, die Gründung des Staates Israel und die Geschichte des Sperrwalls, der Palästinenser heute hindert nach Jerusalem zu kommen.
    Banksys Graffiti wurde abgetragen und verkauft
    Vor zwölf Jahren war Banksy zum ersten Mal in Bethlehem. Sein Graffiti eines Esels, der einem Soldaten seine Papiere zeigen muss, wurde später von Kunstsammlern abgetragen, ins Ausland verschifft und für 190.000 Pfund versteigert. Wie das "Walled-Off" Hotel endet ist auch noch nicht klar. Bisher mussten Geschäfte und Hotels in diesem Teil der Stadt gerade wegen des Sperrwalls schließen:
    "50 Mitarbeiter arbeiten hier, alle aus der Gegend. Ich bin nicht sicher, ob wir unsere Kosten decken können. Wir sollten uns um Geldgeber bemühen. Nein, nein ich mache nur Spaß."
    Manager Salsa’a spielt auf die Abhängigkeit der palästinensischen Autonomiebehörde von der Hilfe der internationalen Gemeinschaft an.