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Hugo Boss
Ohne Boss in schwierigen Zeiten

Die Hugo-Boss AG hat heute am Konzernsitz im schwäbischen Metzingen ihre Jahresbilanz für 2015 vorgestellt. Bemerkenswert: Erst Ende Februar war dem Vorstandsvorsitzenden fristlos gekündigt worden. Und so bestritt die Hugo Boss AG ihre Bilanzpressekonferenz ohne richtigen Boss.

Von Thomas Wagner | 10.03.2016
    Wann die Hugo Boss AG wieder einen Boss bekommen wird? Das weiß keiner so richtig - auch nicht auf der Bilanzpressekonferenz am Konzernsitz im schwäbischen Metzingen.
    "Die Suche nach dem neuen CEO... wir haben eine ziemlich lange Liste an Aufgaben und Dingen, die wir erledigen müssen: Eine Aufgabe steht da nicht drauf: Das ist die Suche nach dem neuen CEO. Das ist in Deutschland sehr arbeitsteilig organisiert. Das ist die Aufgabe des Aufsichtsrates. Und deswegen kann ich ihnen da keine weiteren Informationen geben!" so Finanzvorstand Mark Langer, der dann auch immer von einem "Führungsteam" sprach, das den Bekleidungskonzern aus dem schwäbischen Metzingen mit weltweit knapp 13.000 Mitarbeitern wieder auf Vordermann bringen soll.
    In Krisenzeiten spart auch der modebewusste Chinese
    Denn am letzten Februartag war, ganz unerwartet, der letzte Arbeitstag des früheren Vorstandsvorsitzenden Claus-Dietrich Lahrs, den der Aufsichtsratschef persönlich aus dem Büro begleitet haben soll. Die Ursachen für den Rausschmiss spiegeln sich unter anderem in den Zahlen wieder, die heute auf der Bilanzpressekonferenz vorgestellt wurden: Der Jahresumsatz für 2015 lag mit 2,8 Milliarden Euro gerade mal um drei Prozent über dem Vorjahresumsatz. Der Gewinn lag mit 594 Millionen Euro nur ganz knapp über dem Vorjahresergebnis. Beides habe, so war zu erfahren, die Erwartungen der Aktionäre bei weitem nicht erfüllt; schließlich sei ein signifikanter Wachstumskurs versprochen worden. Doch gerade in den angedachten Wachstumsregionen wie USA und China gingen die Geschäfte um ein und sieben Prozent zurück. Der Grund: Gerade in China sind Anzüge aus dem Hause Boss deutlich teurer als im Schwabenländle. Doch gerade in Krisenzeiten entdeckt selbst der modebewusste Chinese die schwäbische Tugend der Sparsamkeit; Viel mehr Sakkos und Hosen als im Vorjahr blieben auf der Stange in den Boss-Läden.
    Nun die Kehrtwende: "Nach einer ersten Preisanpassung im Frühjahr letzten Jahres haben wir gerade eben bei der Vorstellung der Frühjahrskonfektion die Preise auf dem chinesischen Festland um 20 Prozent gesenkt. Wir tun dies, weil wir uns der globalen Ausrichtung dieser Marke bewusst sind, insbesondere in Zeiten, in denen die Konsumenten so mobil wie nie zuvor sind und das Internet Preise einfach vergleichbar macht."
    Damit will Boss die chinesischen Kunden bei der Stange halten, sogar neue hinzugewinnen. Doch das, so Finanzvorstand Mark Langer, reiche nicht aus, um die Marke auf dem chinesischen Markt profitabel halten zu können: "Im Jahr 2016 werden wir marktweit rund 20 Stores schließen. Diese Schließung betreffe vorwiegend kleinere Standorte, die unterdurchschnittlich profitabel sind und einen verwässernden Einfluss auf das Markenimage haben."
    "2016 wird ein entscheidendes Jahr für Hugo Boss werden"
    Auch im zweiten großen schwächelnden Markt, den USA, will Hugo Boss die Vertriebsstrukturen straffen, effizienter gestalten: Der Vertrieb von Hugo-Boss-Artikeln im Großhandel, in dem heftige Rabattschlachten mit Druck auf die Gewinnmargen ausgefochten werden, soll begrenzt werden. Stattdessen setzt der Metzinger Bekleidungskonzern auf die Ausweitung sogenannter "Shop-in-Shop"-Flächen, also eigenständigen Geschäftsflächen, die Hugo Boss als Konzern selbst betreibt, die aber eingebunden sind in das Angebot einer Mall oder eines großen Modehauses.
    Insgesamt allerdings, machte Finanzvorstand Mark Langer klar, werde die Hugo Boss AG Marketing und Serviceleistungen ganz grundsätzlich ändern müssen: "Das Jahr 2016 wird ein entscheidendes Jahr für Hugo Boss werden. Wir haben es mit einem schwierigen Markt zu tun und mit einem Umfeld, das sich rasant ändert. Dafür müssen wir einerseits kurzfristige Lösungen finden. Andererseits müssen wir das Unternehmen langfristig und für die Zukunft erfolgreich aufstellen."
    Ja, und vielleicht findet sich ja bei all dem auch schon bald wieder ein neuer, richtiger Boss bei Boss, der all dem weitere Ideen zufügt und diese umsetzt.