Donnerstag, 18. April 2024

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Hugo Wach und Wanda Zeigner-Ebel
Der Architekt und die Künstlerin

Das Schlossmuseum in Murnau erinnert zurzeit an den Architekten Hugo Wach, einen zu Unrecht unbekannten Architekten prestigeträchtiger Bauten wie zum Beispiel der Werkssiedlung zu den Agfa-Werken in Wolfen. Eine lohnende Ausstellung – auch der Kunst von Wanda Zeigner-Ebel wegen, deren Werke ebenfalls ausgestellt werden.

Von Julian Ignatowitsch | 15.12.2015
    Sein Atelierhaus in Murnau steht noch heute, der Name Hugo Wach dagegen ist weitestgehend vergessen. Diese Ausstellung soll das ändern. Dazu beginnt sie bei eben jenem Haus, das Wach 1921 erwarb und nach und nach aus- und umbaute.
    "Und man sieht hier auch den Einfluss seiner Reisen. Also es gibt eine kleine Seufzerbrücke, es gibt eine Pagode, es gibt einen Teich, eine groß angelegte parkähnliche Anlage. Und das Besondere ist die Stilmelange aus verschiedenen Einflüssen: englische Bauweise, alpenländische Einflüsse, hier und da schimmert das Asiatische durch."
    Museumsleiterin Sandra Uhrig steht vor einer Ansichtszeichnung von Wachs Landhaus, die der Architekt selbst angefertigt hat. Dieses Haus war sein Lebensprojekt, "das herausforderndste Gebilde seiner Fantasie", schrieb ein Freund - hier im oberbayerischen Murnau.
    Im regionalen Bezug liegt sicherlich der wesentliche Grund für diesen ersten Teil der Ausstellung im Schlossmuseum. Wach, 1872 geboren, Architekt und Professor, war kein Künstlergenie, er war kein Pionier seines Fachs, aber – und das rechtfertigt die Schau – er war ein kreativer, rastloser, vielseitiger Mensch, zu dessen Schaffen das Museum eine Fülle von Zeitdokumenten besitzt – die lohnt es zu entdecken:
    Architekturzeichnungen, Reiseskizzen, Tagebücher aus Japan, Ägypten, Südamerika oder New York. Wach studiert die Kulturen der Welt, er skizziert die ersten Wolkenkratzer von Manhattan, fertigt Bilder im Stil des Japonismus oder ganz klassische Porträts seiner Haushälterin und Muse Margarethe Wiebach, die ein Leben lang mit ihm zusammen wohnte. Ein Mann, der die großen augenscheinlichen Dinge genauso im Blick hat wie die kleinen abseitigen Erscheinungen. In Größe und im Detail.
    Enge Verbindungen Wachs zur Familie Mendelssohn-Bartholdy
    Und ein prestigeträchtiges Bauprojekt hatte Wach dann doch: früh, im Alter von 37 Jahren plante er die Werkssiedlung zu den Agfa-Werken in Wolfen.
    "Da tritt die groß verzweigte Familie Mendelssohn-Bartholdy auf den Plan. Hugo Wach war nicht nur der Enkel von Felix Mendelssohn-Bartholdy, sondern auch der Neffe von Paul Mendelssohn-Bartholdy. Der wiederum einer der Gründer der Agfa-Firma war. Und man hat sicherlich aus familiären Beziehungen auf Wach zurückgegriffen. Andererseits hatte man mit ihm einen jungen Mann, der sein Studium der Elektrotechnik abgeschlossen hatte, sich mit Haut und Haaren einem Projekt verschrieben hat und mit Elan und Leidenschaft die Bauplanung betreut hat."
    Ein Utopia inmitten der sächsischen Provinz. Dort – und daraus besteht der zweite Teil der Ausstellung – arbeitet Wach auch an diversen anderen Projekten, zum Beispiel baut er in Radebeul eine Villa um.
    Mit dabei ist die befreundete Künstlerin Wanda Zeigner-Ebel. Ihre Werke zeigt das Museum im letzten Raum der Ausstellung. Zeigner-Ebel arbeitete als Kunstgewerblerin und Grafikerin, sie illustrierte Märchenbücher und fertigte anspruchsvolle Stickereien. Auch sie ist als Künstlerin heute quasi vergessen. Ihre liebevollen Illustrationen, zum Beispiel "Die kleine Meerjungfrau", "Aschenputtel" oder "Die Schneekönigin", geprägt vom Jugendstil, zeigen allerdings eine hochbegabte junge Künstlerin.
    "Wir hoffen jetzt mit der Ausstellung, den Anstoß zu geben, dass verschiedene Museumsleute in ihre Depots und Sammlungen gucken, ob Irgendetwas von Wanda Zeigner-Ebel erhalten ist, weil sie in zahlreichen Fachzeitschriften erscheint, ihre Arbeiten gezeigt werden und sie richtig präsent ist. Sie gilt als eine der hochbegabtesten Kunsthandwerkerinnen ihrer Zeit."
    Die dann jedoch ein trauriges Schicksal ereilt, das sicherlich mit zu ihrem Vergessen beigetragen hat. Der Psychiater Richard Arwed Pfeifer diagnostiziert der jungen Frau Schizophrenie – und beruft sich dabei auch auf ihre künstlerischen Erzeugnisse. Aus heutiger Sicht ein Fehlurteil:
    "Ohne Kenntnis der Kunstgeschichte missdeutet er bestimmte Elemente und Motive, die ganz banal sind. Sie illustriert beispielsweise Schneewittchens Haarschopf, ganz lockend, in der Art des Jugendstils. Und er meint dazu, es wäre ein dunkles unerklärbares Wirrsal und das wäre Zeichen ihre Wahnvorstellungen und ihrer Schizophrenie."
    So endet die kreative Arbeit einer talentierten Künstlerin abrupt, und zahlreiche Werke gehen verloren.