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Hunger in Afrika
Somalia am Abgrund

Afrika steht nach den Worten eines UN-Sprechers vor der weltweit schlimmsten humanitären Krise seit Ende des Zweiten Weltkriegs. In Somalia drohe erneut eine Hungersnot. Zuvor hatte US-Präsident Trump angekündigt, Auslandshilfen in Höhe von zehn Milliarden Dollar zu kürzen.

Von Georg Schwarte | 24.03.2017
    Flüchtlinge nehmen im Camp Dagahaley im kenianischen Dadaab eine Mahlzeit ein.
    Somalia ist laut den Vereinten Nationen das vierte afrikanische Land am Rande einer Katastrophe. Hier somalische Flüchtlinge im kenianischen Camp Dagahaley. (dpa/picture alliance/WFP/Rose Ogola)
    Beim Welternährungsprogramm der UN fürchten sie das Schlimmste. Gerade hatte US-Präsident Trump angekündigt, Hilfsgelder für das Ausland in Höhe von zehn Milliarden Dollar zu streichen. Eine solche Kürzung, sagen die UN-Mitarbeiter, werde zu unermesslichem Leid auch in Somalia führen.
    2011 verhungerten in Somalia 250.000 Menschen
    Und UN-Generalsekretär Guterres, zu einem Notfallbesuch in Somalias Hauptstadt Mogadishu, nutzte Anfang März das auch beim US-Präsidenten beliebte Kommunikationsmittel - er twitterte: "Die Menschen hier sterben. Die Welt muss jetzt handeln um die Katastrophe zu stoppen".
    6,2 Millionen Menschen in Somalia am Rande des Hungers. Eine Katastrophe wie die aus dem Jahr 2011 stehe bevor. Der Kommandeur der auch von der EU finanzierten AMISOM-Mission der Afrikanischen Union, der UN, zugeschaltet in den UN-Sicherheitsrat nach New York, nennt er die Fakten: Somalia – ein Land am Rande einer Hungernot. 2011 verhungerten 250.000 Menschen. Der Dürre geschuldet. Das Elend scheint sich zu wiederholen. Im UN-Sicherheitsrat sitzen sie und hören stumm die Zahlen. Gerade erst hat der neugewählte Präsident des Landes Mohammed Famajo den nationalen Notstand ausgerufen:"
    "Die Hälfte meines Volkes, sagt der ebenfalls aus Mogadischu per Videoleitung nach New York zugeschaltete Präsident, habe nicht genug zu essen. Die durchschnittliche Lebenserwartung in Somalia: 52 Jahre. Kindersterblichkeit: 13,7 Prozent. 1,5 Millionen Kinder in akuter Lebensgefahr durch Unterernährung."
    In Somalia fehlt es an Wasser, an Nahrung an Hilfe. Bei den Vereinten Nationen aber, sagt der Sondergesandte von UN-Generalsekretär Guterres, Michael Keating, fehle es an Geld:
    "Das Vorbeugungsprogramm gegen Hunger braucht 864 Millionen Dollar bis Juni, um 5,5 Millionen Menschen zu erreichen. 30 Prozent des versprochenen Geldes ist da."
    Somalia, seit Jahrzehnten von Krieg und Terror heimgesucht, die jüngsten Wahlen ein Hoffnungsschimmer. 22.000 Soldaten der AMISOM-Mission kämpfen gegen die Al-Shabab-Milizen, eine Terrororganisation der Al Kaida, die aus Somalia einen Gottesstaat machen wollen. Vor zehn Jahren hatten sie Mogadishu in ihrer Hand, heute beherrschen die Terroristen nur noch 20 Prozent des gesamten Territoriums.
    Dürre hat jüngste Ernte in Somalia um 75 Prozent reduziert
    Trotzdem: Die Helfer oftmals hilflos, sagt UN-Sondergesandter Michael Keating:
    "In elf der 18 Provinzen breiten sich Cholera und andere Durchfallerkrankungen aus. Somalia. Neben Nigeria, dem Jemen auf der arabischen Halbinsel und dem Süd-Sudan das vierte Land am Rande einer Katastrophe."
    Afrika, so sagen sie beim Welternährungsprogramm, stehe vor der schlimmsten humanitären Krise seit 1945. Die USA, Mitbegründer des Word Food Programms, Der größte Geldgeber bisher. Zwei Milliarden Dollar allein im Vorjahr. 24 Prozent des Budgets. Präsident Trump will es jetzt anders. Obwohl die derzeitige Dürre die jüngste Ernte in Somalia um 75 Prozent reduzierte. Allein in den ersten zwei Tagen, nachdem der neugewählte Präsident den Notstand ausrief, sind 110 Menschen verhungert. UN-Generalsekretär Guterres sagte Anfang des Monats:
    "Wir müssen so viel Krach schlagen wie nur möglich, damit die Welt hinhört."
    Im UN-Sicherheitsrat aber ging es sehr leise zu. Eine Resolution wurde verabschiedet. Im Mai, sagt Sitzungspräsident Boris Johnson, werden sie eine Somalia-Konferenz in London abhalten. Und dann fiel der Hammer.