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Hurrikane im Weltall

Astronomie.- Für das Jahr 2013 wird das nächste solare Maximum erwartet. Dann wird es besonders viel Aktivität auf der Oberfläche der Sonne geben. Und generell sind die sogenannten Weltraum-Metereologen nicht faul. Sie wollen bereits in diesem Jahr deutlich genauere Vorhersagen anbieten.

Von Jan Lublinksi | 21.02.2011
    Mitte vergangene Woche haben sich drei heftige Eruptionen auf der Sonne ereignet: Geladene Teilchen aus der Korona unseres Zentralgestirns sind herausgebrochen und haben sich auf den Weg durchs Weltall gemacht. Die drei Teilchenschauer rasten mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten durchs Weltall und kamen vier Tage später, am vergangenen Samstag, beinahe gleichzeitig bei uns an. Im Magnetfeld der Erde bildete sich ein sogenannter geomagnetischer Sturm der Kategorie eins. Für Experten ein ernstzunehmendes Ereignis, aber ähnlich wie bei einem Hurrikan der Kategorie eins ohne größere Auswirkungen auf die Bevölkerung.

    Bei einem geomagnetischen Sturm der höchsten Kategorie fünf hätte es zu größeren Schäden in den elektrischen Systemen weltweit kommen können. Damit dies nicht geschieht, beobachten Weltraummeteorologen am amerikanischen NOAA Space Weather Prediction Center in Boulder, Colorado, die Sonnenaktivität und ihre Folgen für die Erde 24 Stunden am Tag. Tom Bogdan ist der Leiter dieser weltweit größten Behörde für die Vorhersage von besonderen Ereignissen im Weltraumwetter.
    "Die Ereignisse, vor denen ich am meisten Angst habe, sind solche geomagnetischen Stürme, die unsere Stromnetze gefährden. Der extremste Fall, den wir kennen, hat sich 1859 ereignet: Die Polarlichter, die mit einem solchen Ereignis einhergehen, waren damals nicht nur in nördlichen Breiten, sondern auch in Jamaika und Kuba zu sehen! Würde ein solcher Sturm uns heute unvorbereitet treffen, würden wir mit Sicherheit Hunderte von Transformatoren zerstört werden."

    Und es würde Monate dauern, bis die Stromnetze weltweit wieder so funktionieren wie wir es gewohnt sind. Neben Vorhersagen für geomagentische Stürme geben Tom Bogdan und Kollegen auch Informationen für Satellitenbetreiber heraus, und sie warnen vor sogenannten Radio-Blackouts also Ausfällen der Kommunikationssysteme auf der Erde. Letztere werden vor allem durch sogenannte Flares verursacht, Strahlungsausbrüche von der Sonne. Sie sind, neben den Ausbrüchen von geladenen Teilchen, die zweite Ursache für Weltraumwetter. Die Flares brauchen aber nur acht Minuten, um von der Sonne bis zu uns zu kommen, und ihre Entstehung lässt sich nur schlecht vorhersagen.

    Die Vorhersage der Teilchen-Stürme hingegen hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verbessert. Denn die Weltraummeteorologen können die Entwicklung dieser Stürme mithilfe von mathematischen Computermodellen berechnen, ganz ähnlich wie ihre Kollegen, die sich mit Hurrikans befassen.
    "Von den Hurrikan-Vorhersagen kennen wir diese Landkarten, auf denen man sehen kann, wohin der Sturm in den kommenden drei oder vier Tagen voraussichtlich wandern wird. Etwas Ähnliches richten wir derzeit auch für unsere Stürme ein. Aber unsere Berechnungen müssen in drei Dimensionen anstellen, so dass wir sagen können, wohin sich so ein Sturm bewegt, der von der Sonne kommt. Und weil er einige Tage unterwegs ist, haben wir genug Zeit, um Warnungen herauszugeben und unsere technischen Systeme zu schützen."

    Das neue computergestützte Vorhersagemodell läuft derzeit im Testbetrieb am Weltraumwetterzentrum in Boulder, ab Oktober wird Bogdan es für die offiziellen Vorhersagen einsetzen. Er will dann vier Mal am Tag eine aktuelle Weltraumwettervorhersage liefern und das Eintreffen von Stürmen auf drei Stunden genau vorhersagen. In den kommenden Jahren will Bogdan diese Modellrechnungen dann noch erweitern: Er will in Zukunft auch vorhersagen können, wo auf der Erde die Wirkungen eines solchen Sturm zu spüren sein werden.

    "Was unsere Kunden, die unsere Informationsdienste abonniert haben, natürlich sehr gerne wissen würden, wäre: Wie wird die Magnetosphäre auf einen solchen Partikelschauer reagieren. Das heißt, wir wollen in Zukunft auch vorhersagen können, welchen regionalen Einfluss die Stürme haben."