Donnerstag, 28. März 2024

Archiv

USA
Wie der Supreme Court die Politik bestimmt

Nach dem Tod des konservativen US-Verfassungsrichters Antonin Scalia ist in den USA ein Streit um dessen Nachfolge entbrannt. Präsident Obama will noch in seiner Amtszeit einen geeigneten Kandidaten benennen. Der Widerstand bei den Republikanern ist groß, denn die Entscheidung könnte die Mehrheitsverhältnisse im Supreme Court auf Jahre hinaus verändern.

Von Marcus Pindur | 11.03.2016
    Der Supreme Court in Washington.
    Der Supreme Court in Washington. (dpa/picture alliance/Michael Reynolds)
    Nichts ist selbstverständlich, nichts ist unpolitisch in Washington. Und schon gar nicht im Wahlkampf. Die Pietät für den im Februar überraschend verstorbenen Richter Antonin Scalia hielt wirklich nur eine Schweigeminute lang.
    Die republikanischen Präsidentschaftsaspiranten standen wieder einmal auf der Bühne einer Fernsehanstalt. Diesmal in North Charleston in South Carolina. Keiner der Kandidaten ließ sich die Chance entgehen, den Vorgang schnellstens zu politisieren und sich zu positionieren – gegen Präsident Obama. Denn eine freiwerdende Stelle am Supreme Court wird laut Verfassung von Präsident und Senat gemeinsam besetzt. Der Präsident hat das Vorschlagsrecht, der Senat muss über die Besetzung eines Richterstuhls beraten und sein Einverständnis geben.
    Der konservative Supreme-Court-Richter Antonin Scalia.
    Der verstorbene Supreme-Court-Richter Antonin Scalia. (AFP/SAMAD)
    Doch die Republikaner, die im Senat derzeit die Mehrheit haben, werden wohl alles dafür tun, eine Neubesetzung noch vor der Präsidentschaftswahl im November zu verhindern. Denn ein Richter am obersten amerikanischen Gericht wird auf Lebenszeit ernannt – und er hat enormen Einfluss bei politischen Grundsatzentscheidungen. Präsidentschaftsbewerber Donald Trump forderte den ranghöchsten republikanischen Senator, Mitch McConnell, deshalb sofort auf, die Entscheidung bis nach den Wahlen zu verzögern.
    Republikaner sind gegen Neubesetzung
    Auch der Senator aus Florida, Marco Rubio, ebenfalls ein Bewerber für die republikanische Präsidentschaftskandidatur, sprach sich gegen eine Neubesetzung des freigewordenen Richterstuhles aus.
    "Der Präsident hat natürlich das Recht, jemanden zu nominieren, ich sage nicht, dass das illegal wäre. Wenn das am Anfang seiner zweiten Amtsperiode wäre, dann wäre das etwas anderes. Aber Obama hat nur noch weniger als ein Jahr im Amt. Der Supreme Court ist auch mit nur acht Richtern funktionsfähig. Und wir haben eine Wahl im November, dann entscheiden die Wähler über einen neuen Präsidenten. Wir sollten also bis nach der Wahl abwarten. Der Präsident kann nominieren, wen immer er will. Aber der Senat wird nicht darüber beraten und abstimmen. Punkt."
    Die Verfassung legt jedoch keine solche Regel fest. Ronald Reagan nominierte einen der jetzigen Supreme Court Richter, Anthony Kennedy, am Ende seines siebten Amtsjahres, und Kennedy wurde drei Monate später vom Senat bestätigt.
    Doch das ist fast 30 Jahre her. Und das politische Washington war damals weit weniger polarisiert, ideologisiert und zerstritten. Präsident Obama warnte den Senat vor einer reinen Obstruktionspolitik.
    "Wir haben uns alle schon fast an diese Blockadepolitik gewöhnt. Es gibt keine ungeschriebene Regel, der zufolge man jetzt keinen Richterstuhl besetzen könnte. Boshaftigkeit und Streitsucht halten den Senat von seiner Arbeit ab."
    Vorwurf einer parteipolitischen Verhinderungstaktik
    Bis zur Präsidentschaftswahl sind es noch neun Monate – die Senatoren, von denen jeder Dritte ebenfalls zur Wahl steht, würden sich in der Tat durch die Verzögerung einer Neubesetzung dem Vorwurf einer rein parteipolitischen Verhinderungstaktik aussetzen. Doch Stimmen der Mäßigung sind selten. Der republikanische Senator Thom Tillis aus North Carolina mahnt, das etablierte Verfahren einzuhalten und innerhalb von zwei bis drei Monaten über die Richterbesetzung abzustimmen.
    "Wir würden in eine Falle tappen, wenn wir uns gegen alles sperren. Man würde uns das vorhalten."
    Doch Tillis Warnung verhallte ungehört. Der republikanische Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, verkündete nach wenigen Tagen, der Senat würde einem von Obama nominierten Kandidaten noch nicht einmal die Gelegenheit geben, sich in einer Anhörung zu präsentieren. Der Republikaner John Cornyn, Mitglied im Justizausschuss des Senates, versuchte, dies als einen normalen Vorgang zu erklären.
    "Ich sehe nicht, warum wir hier eine Routine nur um ihrer selbst einhalten sollten. Wir wissen genau, was das Ergebnis sein wird, und deshalb wäre es unehrlich, eine Anhörung anzuberaumen."
    Demokraten im Senat üben heftige Kritik
    Die Demokraten im Senat üben heftige Kritik, doch sie sind in der Minderheit. Der New Yorker Senator Charles Schumer.
    "Anhörungen sind eine sehr kluge Einrichtung. Leute, die ursprünglich mit "Nein" stimmen wollen, ändern unter Umständen ihre Meinung und stimmen mit "Ja" – oder umgekehrt. Und das hat dazu geführt, dass die letzten vier Kandidaten für den Supreme Court trotz allen Streites mit Stimmen aus beiden Parteien bestätigt worden sind."
    Genau das wollen die Republikaner nicht. Würde ihnen Obama einen halbwegs konservativen, hochqualifizierten Kandidaten präsentieren, eventuell noch einen Schwarzen oder einen Latino – beides wichtige Wählergruppen -, so kämen die Republikaner in große Schwierigkeiten. Eine Ablehnung wäre mit politischen Kosten und dem Vorwurf der Verweigerungshaltung verbunden. Eine Zustimmung hingegen würde sie jetzt, mitten im Wahlkampf, in den Augen der Tea-Party- und Donald-Trump-Republikaner diskreditieren. Das republikanische Establishment, so würde es ihnen von den eigenen Wählern entgegenschallen, habe mal wieder die ideologische Reinheit einem schmutzigen Washingtoner Kuhhandel geopfert.
    Vor allem diejenigen Senatoren, die sich im November zur Wiederwahl stellen müssen, wollen sich nicht auf politisches Glatteis begeben. Deshalb verweisen sie auf eine Aussage von Vizepräsident Joe Biden aus dem Jahr 1992. Damals war der demokratische Biden Vorsitzender des Justizausschusses im Senat.
    Joe Biden forderte 1992 keine Neubesetzung vor den Wahlen
    Biden forderte den damaligen Präsidenten George Herbert Walker Bush auf, im Falle einer plötzlichen Vakanz im Obersten Gericht kurz vor den Wahlen keine Neubesetzung vorzunehmen. Auch Bidens damaliges Statement entbehrt einer verfassungsrechtlichen Grundlage. Wasser auf die Mühlen der Republikaner, die sich in ihrer Blockadehaltung bestätigt sehen. Zu Unrecht, sagt allerdings der renommierte amerikanische Verfassungshistoriker Jeffrey Rosen.
    "Wir können uns nur historische Präzedenzfälle ansehen. Und bis jetzt hat es noch nie den Fall gegeben, dass man einem Richterkandidat die Anhörung oder Abstimmung verweigert hätte. Das längste Nominierungsverfahren war das für den ersten jüdischen Verfassungsrichter Louis Brandeis vor genau hundert Jahren. Das hat damals fünf Monate gedauert."
    Die amerikanische Verfassung – anders als die deutsche - regelt nur grundlegende politische Verfahren und Kompetenzen. Deshalb werden viele Entscheidungen im politischen Raum ausgefochten und sind nicht von vornherein eindeutig juristisch determiniert.
    "Der Senat kann machen, was er will. Und auch der Präsident kann machen was er will. Das verkompliziert das Verfahren. Denn hier trifft Verfassungsrecht auf rohe Politik. Die Mehrheit im Senat kann das Verfahren beliebig verzögern. Um das zu ändern, braucht man eine Mehrheit von 60 Stimmen. Der Senat kann auch Anhörungen abhalten und dann den Kandidaten ablehnen. Oder erst gar keine Anhörungen abhalten, so wie es jetzt die Republikaner machen."
    Fünf Kandidaten stehen in der engeren Auswahl
    Doch Präsident Obama wird auf jeden Fall einen Kandidaten nominieren. Fünf Bundesrichter, heißt es, sind derzeit in der engeren Auswahl und zu Gesprächen ins Weiße Haus geladen. Er als Präsident werde seinen Job machen, so Obama, und auch der Senat solle seine Pflicht und Schuldigkeit tun.
    "Ich sehe ja ein, dass das politisch schwierig ist für die Republikaner. Natürlich ist es einfacher, den extremen Stimmen nachzugeben und einfach nichts zu tun. Aber das ist nicht unsere Aufgabe. Unsere Aufgabe ist es, unseren verfassungsgemäßen Pflichten nachzukommen."
    Obama am Rednerpult, im Hintergrund die Flagge der USA
    Barack Obama: "Unsere Aufgabe ist es, unseren verfassungsgemäßen Pflichten nachzukommen." (dpa)
    Doch für Obama dürfte es schwierig werden, einen geeigneten Kandidaten zu finden. Der kurzzeitig als Kandidat ventilierte, gemäßigte republikanische Senator von Nevada etwa, Brian Sandoval, erklärte schon nach wenigen Tagen, er stehe nicht zur Verfügung. Das ist nur allzu verständlich, denn kein geeigneter Jurist will sich einem aussichtslosen Verfahren stellen und damit vielleicht sogar seiner Karriere ein Ende bereiten.
    Die neun Richter des Obersten Gerichtshofes werden auf Lebenszeit ernannt und haben deshalb politische Wirkung weit über die Amtszeit eines Präsidenten hinaus. Dadurch wird das Berufungsverfahren noch zusätzlich aufgeladen, so der Verfassungshistoriker Jeffrey Rosen.
    "Wenn wir das deutsche System hätten und Bundesrichter mit 65 in Pension gehen müssten, dann gäbe es vielleicht etwas weniger parteipolitischen Streit um die Richterernennungen. In den USA werden die Bundesrichter, wie es in der Verfassung heißt: Mit Rat und Zustimmung des Senates ernannt. Und das heißt, der Präsident nominiert, und der Senat kann das bestätigen oder auch nicht."
    Vier Liberale, vier Konservative: Es könnte zu Patt-Situationen kommen
    In diesem Jahr stehen wichtige Entscheidungen des Obersten Gerichtes an, etwa über die Einschränkungen, die der Bundesstaat Texas Abtreibungskliniken auferlegt hat, über die Förderung von Minderheiten an staatlichen Universitäten und über den von Obama veranlassten Abschiebestopp von illegalen Einwanderern, die als Kinder von ihren Eltern ins Land gebracht wurden. Außerdem soll der Supreme Court klären, ob Gewerkschaften Arbeitnehmer zur Zahlung von Gewerkschaftsbeiträgen zwingen können. In diesem Jahr stehen damit so viele kontroverse Fragen zur Entscheidung an wie schon lange nicht mehr.
    Neun Richter gehören dem Supreme Court an; durch Scalias Tod sind es derzeit nur acht. Von ihnen gelten vier als konservativ, vier als liberal. Wenn die Richter entlang ihrer politischen Zuordnung entscheiden, könnte es also zu Patt-Situationen kommen - dann blieben die Urteile der unteren Instanzen bestehen. Der Verfassungsexperte Jeffrey Rosen rechnet aber damit, dass der Vorsitzende des Supreme Court, John Roberts, versuchen wird, diesem Eindruck entgegenzuwirken:
    "Der Vorsitzende des Supreme Court, Richter Roberts, will den Eindruck vermeiden, der Oberste Gerichtshof sei lediglich ein Agent der politischen Lager. Deswegen wird er wahrscheinlich die Beratung einiger Fälle vertagen, bis es eine Neubesetzung gibt. Oder er wird seine Kollegen versuchen zu überzeugen, nur sehr eng gefasste Entscheidungen zu fällen, die keine große Präzedenzwirkung haben. Aber ohne Zweifel wird der Oberste Gerichtshof im Brennpunkt der Öffentlichkeit stehen und diese wird auch erneut sehen, wie wichtig der Supreme Court ist."
    Oberste Gerichtshof der USA als repräsentative Institution
    Hier wird sehr deutlich, dass der Oberste Gerichtshof der USA auch ein klares Interesse als politische Institution hat. Der Supreme Court muss sich, um glaubwürdig zu bleiben, sowohl als unabhängige als auch im weitesten Sinne als repräsentative Institution zeigen.
    Derzeit allerdings gibt es genau daran auch Zweifel, die nicht unmittelbar politischer Natur sind, so der Verfassungshistoriker Lucas Powe von der University of Texas in Austin.
    "Es ist etwas verkehrt, wenn alle neun Supreme Court Richter aus Harvard oder Yale kommen. Mehr Vielfalt ist notwendig. Wenn man auf eine andere Hochschule geht, hat man sehr viel mehr unterschiedliche Studienfreunde. Und wir brauchen auch mehr Vielfalt in der geografischen Repräsentation. Die Westküste ist nun einmal anders als die Ostküste. Und wir brauchen eine größere Vielfalt der beruflichen Erfahrungen."
    Zu akademisch, zu realitätsfern
    In der jetzigen Zusammensetzung jedoch haben alle Richter des Supreme Court rein akademische Laufbahnen hinter sich. Zu lebensfremd und realitätsfern, lautet die Kritik daran. Schließlich können Entscheidungen des Supreme Court weitreichende Konsequenzen für das Leben der einzelnen Bürger haben, denn bei vielen politischen Fragen oder Gesetzen müssen die Obersten Richter der USA ein Machtwort sprechen.
    Die in den Augen vieler Experten war die wichtigste Entscheidung des 20. Jahrhunderts das sogenannte "Brown versus Board of Education"-Urteil aus dem Jahr 1954. Die Richter urteilten damals, dass die Rassentrennung in Schulen in den Südstaaten nicht verfassungsgemäß sei und hoben damit eine anderslautende frühere Entscheidung auf. Dabei berief sich der Gerichtshof erstmals auch auf sozialwissenschaftliche Erkenntnisse: Bei schwarzen Kindern rufe die Segregation Minderwertigkeitskomplexe hervor. Deshalb werde der Gleichheitsgrundsatz verletzt.
    Wohl nicht unwesentlich war bei der Entscheidungsfindung, dass einige der damaligen Richter in der Armee gedient hatten. Dort hatten sie auch schwarze Soldaten kennengelernt. Die Auswirkungen und das Unrecht der Segregation traten ihnen deshalb wohl noch deutlicher vor Augen.
    Anhänger der Tea-Party-Bewegung in Washington, DC
    Anhänger der konservativen Tea-Party-Bewegung demonstrieren vor dem Obersten Gericht in Washington, DC, im März 2012 gegen die Gesundheitsreform von Präsident Obama. (picture alliance / dpa / Foto: Michael Reynolds)
    Das wichtigste Urteil für die Obama-Administration war der Fall King vs. Burwell – es ging um die Krankenversicherungsreform, die sogenannte Obamacare. Das Gericht entschied, finanzielle Zuschüsse der Bundesregierung für Krankenversicherte seien auch in jenen Einzelstaaten rechtmäßig, die sich nicht direkt an der Organisation der Gesundheitsreform beteiligen. Das heißt, dass sich in den 34 Bundesstaaten, die keine eigenen Online-Börsen für Krankenversicherungspolicen eingerichtet haben, die Versicherungssuchenden bei der Online-Börse der Bundesregierung eintragen können. Sie sind darüber hinaus auch berechtigt, finanzielle Unterstützung zu bekommen. Das wiederum ist eines der zentralen Anliegen von Obamacare: Krankenversicherung für alle Bürger erschwinglich zu machen. Barack Obama zeigte sich nach dem Urteil sichtlich erleichtert.
    "Langsam legt sich der Staub. Die Gesundheitsreform funktioniert. Das Land ist auf einem guten Kurs. 50 Mal wurde im Kongress gegen das Gesetz gestimmt. Die letzte Präsidentschaftswahl wurde zum Teil über Obamacare geführt. Und mehrere Klagen wurden vor dem Obersten Gerichtshof eingereicht. Doch jetzt zeigt sich: Obamacare wird Bestand haben."
    Politische, aber keine parteipolitische Institution
    Für Obama war dies einer der größten Erfolge seiner Amtszeit, denn je mehr Menschen Versicherungsschutz unter Obamacare genießen, desto unwahrscheinlicher wird es, dass die Reform politisch rückgängig gemacht wird. Zwei der konservativen Richter hatten mit den Liberalen gestimmt, und damit den wichtigsten Teil des Vermächtnisses der Obama-Administration gerettet. Daran zeigt sich, dass der Supreme Court zwar durchaus auch eine politische Institution ist, aber nicht unbedingt eine parteipolitische. Dafür spricht nicht zuletzt der ausgesprochen höfliche und respektvolle Umgang der Richter untereinander. Jeffrey Rosen:
    "Das Klima dort ist sehr zivil. Man konnte das bei Richter Scalias Totenwache sehen. Elena Kagan und John Roberts hatten Tränen in den Augen, sie hatten sehr lange mit Scalia zusammengearbeitet. Obwohl er sehr spitze Kommentare schrieb, mochten sie ihn als Kollegen. Es ist wie in einer kleinen Universitätsfakultät: Sie müssen irgendwie miteinander auskommen. Manchmal, zum Beispiel nach der Entscheidung Bush vs. Gore, gab es Reibereien. Aber im Vergleich zu anderen Institutionen kommen die Richter sehr gut miteinander aus."
    Wie alle Verfassungsorgane der USA ist auch der Oberste Gerichtshof Ergebnis einer historischen Evolution. Der Einfluss des Supreme Court ist mit der Zeit gewachsen.
    "Der Supreme Court war nicht immer der mächtige und gleichberechtigte Teil der Staatsorgane, der er heute ist. Alexander Hamilton nannte ihn vor 220 Jahren den am wenigsten gefährlichen Zweig der Verfassung, weil er so machtlos war. Präsidenten hatten Schwierigkeiten, Richter zu finden, weil der Posten als Verfassungsrichter als wenig prestigeträchtig galt."
    Unangefochtene Autorität als letzte juristische und politische Instanz
    Das änderte sich im Verlauf des 19. Jahrhunderts. Der Supreme Court Vorsitzende John Marshall begründete das Recht des Gerichtes, Gesetze des Kongresses zu überprüfen und wenn nötig zu verwerfen. Die immer stärkeren und komplizierteren Konflikte zwischen Nord- und Südstaaten gaben ihm immer wieder die Rolle des letzten Schlichters.
    Doch seine heutige Rolle bekam das Verfassungsgericht erst in den 1930er Jahren, in der Zeit der großen Reformgesetzgebung des sogenannten New Deal. Seitdem hat der Supreme Court eine mehr oder weniger unangefochtene Autorität als letzte juristische und politische Instanz. Deswegen wird die Frage der Richterernennung auch immer wichtiger. Das Thema wird ohne Zweifel auch im Wahlkampf eine Rolle spielen. Dass die Institution des Supreme Court dabei Schaden nimmt, ist nicht zu erwarten. Von allen politischen Institutionen genießt der Oberste Gerichtshof immer noch das höchste Ansehen bei den amerikanischen Bürgern.
    Wer folgt auf Richter Antonin Scalia? Die Entscheidung in dieser Frage kann die Mehrheitsverhältnisse im Supreme Court auf Jahre hinaus verändern, entweder zugunsten der Republikaner oder zugunsten der Demokraten.
    Der Streit um die Besetzung des Supreme Court ist schon in normalen Zeiten ein heiß umkämpftes Politikum. Umso mehr ist er es in diesen Tagen.