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"Ich finde das geschmacklos"

Nach NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU) kommt nun auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) in Schwierigkeiten: auch Gespräche mit ihm, so heißt es, seien von seiner Partei zum Kauf angeboten worden. Martin Dulig, Vorsitzender der sächsischen SPD, kritisiert, solch ein Verhalten beschädige das Image der Politik.

Martin Dulig im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 01.03.2010
    Tobias Armbrüster: Für die CDU fängt die neue Woche so an, wie die alte aufgehört hat: mit Differenzen. Zum Streit um die Ausrichtung in der schwarz-gelben Koalition kommt nun eine ganz neue Kontroverse: die um Sponsorengelder. Nach Jürgen Rüttgers in Nordrhein-Westfalen kommt jetzt nämlich auch Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich in Schwierigkeiten. Auch mit seinem Namen hat die CDU versucht, Sponsorengelder einzutreiben. Das ganze beschäftigt inzwischen auch die Bundespartei. Am Telefon bin ich jetzt verbunden mit Martin Dulig, dem Landesvorsitzenden der SPD in Sachsen. Schönen guten Tag, Herr Dulig.

    Martin Dulig: Ja, hallo.

    Armbrüster: Fototermin und ein Gespräch mit Ministerpräsident Tillich für 8000 Euro, was halten Sie davon?

    Dulig: Ich finde das geschmacklos, weil er hier eine Grenze überschreitet, und leidtragend sind alle anderen auch, denn es wird doch das Image, Politik sei käuflich, oder "die da oben machen sowieso was sie wollen" befördert. Den Schaden hat nicht nur die CDU, sondern wir alle, und deshalb ist es eben auch moralisch verwerflich, was da hier passiert, und muss dementsprechend auch tatsächlich angeprangert werden.

    Armbrüster: Welche Grenze hat er denn da überschritten, der Herr Tillich?

    Dulig: Ich glaube, es geht nicht um die Frage des Sponsoring als solches, ob man Veranstaltungen auch braucht, wo man Standflächen vermietet und dann Einnahmen erzielt, aber dass man das verbindet mit einer Leistung aufgrund seiner Funktion, das finde ich dann schon ein starkes Stück. Zu sagen ja, ihr bezahlt so und so viel Euro mehr, damit ihr das Bild mit dem Ministerpräsidenten bekommt, oder gar in der Eröffnungsrede erwähnt werdet, das ist doch schon moralisch anstößig, da ist eine Grenze überschritten worden. Vor allem tut es dem Amt ja auch nicht gut, denn das Ansehen des Ministerpräsidenten leidet ja darunter, wenn der Eindruck erweckt wird, man könnte, sage ich mal, für wenig oder mehr Geld wie auch immer sich ein Bild mit ihm kaufen, oder sich sogar Politik kaufen.

    Armbrüster: Herr Dulig, der Generalsekretär der sächsischen CDU, der hat nun heute Morgen hier bei uns im Deutschlandfunk gesagt, Herr Tillich sei den Sponsoren nicht als Ministerpräsident angeboten worden, sondern als CDU-Landesvorsitzender. Was halten Sie von dieser Unterscheidung?

    Dulig: Ja. Ich wünsche Herrn Kretschmer viel Spaß bei der Debatte und bei der weiteren Argumentation. Da soll er doch mal den Leuten erklären, dass der Herr Tillich jetzt nicht Ministerpräsident ist, sondern in seiner Rolle nur als Landesvorsitzender auftritt. Das kann er doch niemandem erklären. Herr Tillich ist als Ministerpräsident gewählt und als solcher eben auch in seiner politischen Funktion wahrnehmbar. Das ist jetzt schon so ein Ausredeversuch, der da gestartet wird. Ich weiß ja nicht, wie der Herr Tillich zu dem Agieren seines Generalsekretärs steht; zufrieden kann er damit ja wohl nicht sein.

    Armbrüster: Was fordern Sie denn als Konsequenz?

    Dulig: Die CDU in Sachsen soll mal intern ihre Sachen klären und die Suppe schön selber auslöffeln, die sie sich da auch selber eingebrockt haben. Was ich aber wissen möchte ist, was tatsächlich an Geld geflossen ist. Das Stichwort Transparenz gilt hier in erster Linie. Auch die SPD hat bei Veranstaltungen, bei Parteitagen Standfläche vermietet; wir haben aber nicht unsere Politikerinnen und Politiker vermietet. Und wir haben öffentlich gemacht, wie viel Einnahmen wir erzielt haben. Das bitteschön soll die CDU Sachsen auch mal tun.

    Armbrüster: Der "Spiegel" meldet heute, auch die Bundes-SPD hat für einen Parteitag mit Politikern geworben, zwar nicht namentlich, aber deutlich darauf hingewiesen, dass dort Spitzenpolitiker, Bundesminister und auch Ministerpräsidenten anwesend sind. Ist das nicht ähnlich unredlich?

    Dulig: Nein. Der große Unterschied ist, ob ich bei einer Ausschreibung für Veranstaltungen darauf hinweise, wer überhaupt da ist und welche Kontakte möglich sind, oder ob ich das in einen Leistungskatalog hineinschreibe, wie es die CDU gemacht hat, wo dann rauslesbar ist, dass für das Foto zusätzlich Geld bezahlt wird, oder für die Erwähnung in der Eröffnungsrede Geld bezahlt werden muss. Das ist durchaus ein qualitativer Unterschied.

    Armbrüster: Also zu sagen, dass man hier die gute Möglichkeit hat, einen Ministerpräsidenten persönlich kennen zu lernen, das ist immer noch in Ordnung?

    Dulig: Die Ausschreibungsunterlagen, die ich kenne, sind Hinweise auf das Veranstaltungsformat, wer dabei ist und welche Möglichkeiten es gibt, Kontakte zu erzielen, und das ist meiner Meinung nach schon ein Unterschied zu dem, was da die CDU gemacht hat, die einen direkten Kontakt, oder das Foto, oder die konkrete Leistung eines Ministerpräsidenten an einen geldwerten Vorteil geknüpft hat.

    Armbrüster: Können Sie denn ausschließen, dass es bei der SPD in Deutschland ähnliche Fälle von Sponsoring gab?

    Dulig: Ich bin sächsischer Vorsitzender, ich habe mich jetzt natürlich in den letzten zwei Tagen sehr darum bemüht, was bei uns in Sachsen passiert ist, und ich habe hier ein gutes Gewissen, oder kann mit gutem Gewissen sagen, dass wir Plätze vermieten, oder Standflächen vermieten und nicht Politikerinnen und Politiker.

    Armbrüster: Ich will jetzt noch mal zurückkommen auf die Frage der Konsequenz. Sie haben vorhin gesagt, die CDU müsste da mal deutlich in sich gehen und Fakten auf den Tisch legen. Sie fordern also, wenn ich Sie da richtig verstehe, keinen Rücktritt?

    Dulig: Das ist eine Frage der politischen Hygiene, die bitte schön die CDU intern zu klären hat. In Nordrhein-Westfalen ist der Generalsekretär zurückgetreten. Das sollte die sächsische CDU bitte intern diskutieren. Ich bin gespannt, welche Diskussionen dort geführt werden. Aber die wichtigste Konsequenz ist, Transparenz einzuführen. Ich will wissen, was die CDU denn für Einnahmen erzielt hat, ob es tatsächlich "nur der Finanzierung ihrer Veranstaltungen" gedient hat, oder gar ob damit Einnahmen erzielt wurden, um für Wahlkämpfe Rücklagen zu bilden, und so weiter und so fort. Da bin ich mal gespannt, was die denn so auf ihrem Konto da haben, denn dass hier eine Grenze überschritten wurde, das wird ja seit zwei Tagen heftig diskutiert.

    Armbrüster: Eine Kontroverse um Sponsorengelder kommt jetzt auch auf die CDU in Sachsen zu. Wir sprachen dazu mit Martin Dulig, dem SPD-Landesvorsitzenden in Sachsen. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dulig.

    Dulig: Danke!