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"Ich frage mich, wann soll ich denn noch mal schlafen?"

Bislang berichteten wir, wie Sophie bei einer Campus-Rallye das Hochschulgelände kennenlernte. Wie sie die erste Vorlesung erlebte und wie ihre Immatrikulationsfeier ablief. Heute berichten wir von ihrem Besuch bei der Studierenden-Vertretung ihrer Hochschule.

Von Jens Rosbach | 15.10.2009
    Studienanfängerin Sophie Doering hat eine alte Villa in Berlin-Dahlem aufgesucht – den Sitz des AStA, des Allgemeinen Studierendenausschusses der FU Berlin. An einem Schreibtisch, der schwer beladen ist mit Kaffeetassen und Zigarettenpackungen, diskutiert und scherzt eine Handvoll Studierendenvertreter. Auf einem Bildschirm läuft ein Musikvideo. An den Wänden hängen Demoplakate. Die 19-jährige Jura-Studentin will sich über Aktionen informieren.

    "Ich finde, es reicht nicht, nur irgendwo hinzugehen und sich was abzuholen. In der Schule ist das eben so: Ich muss in die Schule gehen und da lerne ich was – und dann gehe ich nach Hause. Das reicht mir nicht. Ich will auch irgendwie was zurückgeben – und vor allen Dingen, was verbessern. Wenn ich das Gefühl habe, irgendwas läuft nicht besonders gut, dann würde ich gern meinen Teil dazu tun, dass es doch irgendwie besser läuft. Und das ist in der Schule so gewesen und das ändert sich mit dem Studium glaube ich nicht."

    Sophie war bis zum Abitur Schulsprecherin an ihrem kirchlich getragenen Gymnasium in Berlin. In dieser Funktion setzte sie sich etwa für Computer-Arbeitsplätze ein. Beim großen Bildungsstreik hat sie sich sogar mit ihrer Schulleitung angelegt. Denn die Lehrer hatten eine Teilnahme an den Demonstrationen verboten.

    "Na, da haben sich viele Schüler aufgelehnt, sind trotzdem zu den Demos gegangen. Das wurde aber streng mit Tadeln geahndet. Wer sich da hat erwischen lassen, dass er die Schule verlassen hat, hat sofort einen Tadel bekommen. Wurden die Eltern angerufen. Das war wirklich ein Problem an unserer Schule."

    "AStA der FU, hallo! Ja, wir haben hier ganz viele Beratungen, wir haben eine Frauenberatung ... "

    Sophie bekommt von den Studierendenvertretern Flyer in die Hand gedrückt - über`s BAföG, über Fachschaftsinitiativen und über studentische Diskussionsveranstaltungen, etwa zur Wirtschaftskrise. Aktivistin Johanna Strass erklärt der Besucherin, im normalen Studium sei wenig Raum für ehrenamtliche Einsätze. Besonders im stressigen Bachelor-Studium sei das bislang so gewesen.

    "Also ich studiere auch schon B.A., habe eigentlich relativ früh angefangen, mich zu engagieren. Und habe das aber auch deutlich gemerkt in meinem Studium. Also das ist schon so, dass man sicherlich nicht in der Regelstudienzeit studieren kann. Also die meisten Leute studieren ein, zwei Semester länger, die sich hochschulpolitisch engagieren."

    Sophie Doering war vor ein paar Tagen bei einem Orientierungstreffen für Erstsemester. Dort hat sie - noch vor Studienbeginn - gehört, dass an ihrer Uni auf jeden Fall Aktions-Bedarf besteht.

    "Hab ich jetzt ganz viel gehört, dass die Tutoriengruppen verringert wurden, weil eben die Gelder nicht mehr da sind, um die Menschen dafür zu bezahlen. Denn diese höheren Studenten machen das eben auch, weil sie Geld dafür bekommen. Und da wurden jetzt ganz viele Stellen gekürzt – und ja, das ist schon an mich rangetreten."

    Nach dem Besuch der AStA-Villa ist Sophie unentschieden: In den nächsten Monaten jeden Tag nonstop Vorlesungen, Seminare und Klausurvorbereitungen - und dann noch eine ehrenamtliche Arbeit?

    "Ich frag mich, wann soll ich denn noch mal schlafen. Aber wenn es irgendwie möglich ist, dann will ich mich schon gern engagieren, ich würde es gern weiterhin tun."


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