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"Ich glaube, es gibt kaum einen besseren Ort, an Männer ranzukommen"

Die Cafeteria unter der Hamburger Unibibliothek. Nachmittags um halb vier. Die Studentinnen und Studenten machen Pause, trinken Kaffee aus weißen Bechern, bevor es wieder nach oben geht. Pablo studiert Erziehungswissenschaften, sitzt ganz hinten in der Ecke. Dunkelbraune Augen, schwarze kurze Locken.

Von Axel Schröder | 20.08.2010
    Pablo lächelt eine vorbeigehende Kommilitonin an, schaut ihr nach, verrenkt sich fast den Hals. Und gibt erste Flirt-Tipps:

    "Es kommt auf die Situation an! Man kann in der Mensa sitzen oder oben im Lesesaal sitzen und Schreiben und man unterhält sich mit einer Frau – leise! Oder Blickkontakt auch. Jeder Platz kann der beste Platz sein!"

    Das klingt erfahren und weise und tatsächlich: Die Recherche nach dem besten Platz zum studentischen Flirten ergibt: Pablo hat recht.

    "Überall: in der Mensa, auf dem Parkplatz, hier in der Bibliothek ..."

    " Ich denke mal, wie in jeder Uni: in der Cafeteria wahrscheinlich auch. Darum sitze ich hier ja den ganzen Tag. Seit früh um neun!"

    "Bei den Schrankschließfächern kann man gut flirten. Es ist ein ziemlich kompliziertes System und dann kann man sozusagen seine Nachbarin fragen ..."

    "Wo man am besten flirtet? Keine Ahnung – im Hörsaal? Das kann auf jeden Fall mal vorkommen!"

    Dabei kommt es allerdings sehr auf die Art der Vorlesung an: komplexe und spannende Themen eignen sich weniger gut zur Kontaktaufnahme, weiß Gesine. 27 Jahre alt, zwölftes Semester Geschichte und Theologie auf Lehramt:

    "In Geschichts- oder Philosophievorlesungen, die sowieso sehr wenig Höhepunkte haben, da kann man ein super Parallelprogramm starten. Und sich gut umgucken nach Männern. Ich habe meine bessere Hälfte auch an der Uni kennengelernt, in der Geschichtsvorlesung, im zweiten Semester! Ich glaube, es gibt kaum einen besseren Ort, an Männer ranzukommen als an der Uni ..."

    Allerdings bleibt die Frage, was die eigene studentische Laufbahn eher voranbringt: die sture Konzentration auf den Stoff, ohne rechts und links zu schauen. Oder möglicherweise ein motivationsfördernder Flirt in der Mittagspause. Gesine, mitten im Staatsexamen:

    "Also, in den ersten drei Monaten ist es wirklich ein Hemmschuh, weil man sich eher dem anderen Programm widmet ... aber im Nachhinein ... Alles, was einem ein gutes Gefühl gibt – egal, in welcher Art und Weise – voran! "

    Gesine schaut rüber zu ihrem Kommilitonen und lacht. Und macht sich Sorgen, dass ihre Prüfer sie heute im Radio hören. – Auf den ersten Blick sieht es aus, als würde Flirten und Studium in Hamburg zusammengehören. Aber im Lesesaal der Bibliothek und unten in den Sitzecken vor dem Eingang gibt es nicht wenige, die nur ganz kurz den Blick von der Fachliteratur abwenden, die eigentlich gar keine Zeit haben, sich über derart profane Dinge Gedanken zu machen:

    "Ich bin hier nur zum Studieren, zum Lernen. Und ich werde hier auch nicht angeflirtet!"

    "Ich flirte nicht! Je nachdem, wie es einem passt: Man geht doch nicht in die Stabi rein mit dem Hintergedanken: Jetzt flirte ich ... Sondern ja nachdem, wer da ist, ob's passt!"