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"Ich halte nichts von starren festen Quoten"

Statt eine Frauenquote in den Vorständen von DAX-Unternehmen festzusetzen, sollten die Unternehmen selber dafür Sorge tragen, dass genügend qualifizierte Frauen nach oben kämen, meint Unionsfraktionsvize Michael Fuchs. Durch die Selbstverpflichtungen der DAX-Unternehmen sei man mit 18 Prozent Frauenanteil bereits auf einem guten Weg.

Michael Fuchs im Gespräch mit Tobias Armbrüster | 26.10.2012
    Tobias Armbrüster führte zuvor ein Interview mit Renate Künast (Grüne).

    Tobias Armbrüster: Mitgehört hat Michael Fuchs, der Fraktionsvize der Union im Bundestag. Schönen guten Morgen!

    Michael Fuchs: Guten Morgen, Herr Armbrüster.

    Armbrüster: Herr Fuchs, warum hinkt Deutschland in Sachen Frauen in Chefetagen so weit hinterher?

    Fuchs: Ich glaube, das kann man nicht so pauschal sagen. Mittlerweile sind 18 Prozent der Aufsichtsräte in börsennotierten Unternehmen bereits Frauen. Das hat sich schon gewaltig verändert und man ist auch auf einem guten Weg. Es ist allerdings so, dass Aufsichtsräte in aller Regel zwischen 50 oder eher noch 55 und 65 Jahre alt sind. In dieser Alterskohorte sind leider noch nicht allzu viele Frauen. Es ist also gar nicht so einfach, qualifizierte Frauen zu finden.

    Für mich ist eins ganz klar: Jemand, der in einen Aufsichtsrat kommt – und wir sind ja gerade auch gesetzgeberisch tätig, das zu verschärfen -, der muss Qualifikationen haben, der kann nicht einfach nur, weil er ein Mann oder eine Frau ist, in einen Aufsichtsrat reinkommen. Das kann nicht der Fall sein. Und wir haben große Probleme momentan, qualifizierte Frauen in dieser Alterskohorte zu finden.

    Armbrüster: Herr Fuchs, das war jahrzehntelang eines der bequemsten Argumente, um Frauen aus Chefetagen wegzuhalten. Will die Union so was aufrecht erhalten?

    Fuchs: Nein, wir wollen das nicht aufrecht erhalten. Ich würde mir sehr wünschen und ich garantiere Ihnen, es wird auch so kommen, dass mehr Frauen in Führungspositionen hereinkommen.

    Armbrüster: Wie wollen Sie das garantieren?

    Fuchs: Ich garantiere Ihnen das, weil es schlicht und ergreifend aufgrund der demografischen Entwicklung dringend notwendig ist, dass die Unternehmen mehr Frauen nach oben bringen, fördern und im Unternehmen behalten. Aber es ist nun mal so, dass viele Frauen – man kann darüber traurig sein oder nicht, aber das ist eben bei vielen Frauen immer noch so – aus dem Berufsleben ausscheiden und nicht so viele Frauen nachher in dieser Altersgruppe vorhanden sind wie Männer, und dementsprechend schwierig ist das. Das ist eine Tatsache.

    Der zweite Punkt, der ist aber für mich viel wichtiger. Es handelt sich hierbei um einen massiven Eingriff in Eigentumsrechte der Unternehmen beziehungsweise in Eigentumsrechte der Anteilseigner. Nehmen Sie mal eine börsengeführte Familienaktiengesellschaft, in der Vater und Söhne das Unternehmen führen. Sollen wir denen sagen, da muss jetzt ein Sohn rausgeschmissen werden, weil keine Frau dabei ist?

    Armbrüster: Na ja. Ich meine, es gibt mehrere Länder, die solche Regelungen eingeführt haben und die damit nicht schlecht fahren. Warum sollte das in Deutschland anders sein?

    Fuchs: Ich glaube, dass wir mit der auch von Ministerin Schröder geforderten Flexiquote gut fahren, dass die Unternehmen sich selbst verpflichten. Das haben sie ja auch gemacht. Alle DAX-Unternehmen haben sich selbst verpflichtet, mehr Frauen in Führungspositionen sowohl auf der Ebene Vorstand oder Untervorstand aufzunehmen wie auch im Aufsichtsrat, und das sollte man mal zwei, drei Jahre abwarten, was sich da entwickelt.

    Ich glaube, wir sind auf einem sehr guten Weg. Aber ich halte nichts von starren festen Quoten. Das kann auch in vielen Bereichen sehr, sehr schwierig werden, weil sie nicht unbedingt die Frauen haben, die sie brauchen, um diese Quote zu erfüllen.

    Armbrüster: Herr Fuchs, das ist also Ihre Botschaft an die Frauen, erst mal zwei, drei Jahre abwarten?

    Fuchs: Nicht zwei, drei Jahre abwarten. Ich bin davon überzeugt, die Selbstverpflichtungen haben es ja ergeben, dass die DAX-Unternehmen bereits ganz klar gemacht haben, dass sie mehr Frauen in diese Positionen einbringen.

    Armbrüster: Na ja, aber das geht ja im niedrigen%bereich voran.

    Fuchs: Ja wir sind bei 18 Prozent. Das ist ja so weit von einem Drittel gar nicht mehr entfernt. Und das hat sich innerhalb von relativ wenigen Jahren dahin entwickelt. Nur es müssen halt auch diese qualifizierten Frauen da sein und dann werden sie auch in diese Positionen hinein kommen. Warum denn nicht?

    Armbrüster: Herr Fuchs, wir haben gestern bei vielen Quotenbefürwortern in Ihrer Partei, in der Union angefragt. Es gab nur Absagen. Trauen die sich nicht, etwas zu sagen?

    Fuchs: Das weiß ich nicht. Sie merken das ja, dass ich mich traue, und ich bin der Meinung, dass wir die Eigentumsrechte der Anteilseigner von Aktiengesellschaften zu wahren haben. Das ist eine Aussage. Die zweite Aussage ist aber: Es ist klug von sämtlichen Vorständen, dafür zu sorgen, dass möglichst viele qualifizierte Frauen nachwachsen, weil die demografische Situation sie alle dazu zwingen wird.

    Armbrüster: Wären Sie denn bereit dazu, eine Abstimmung über dieses Gesetz offenzuhalten, also freizugeben, zur Gewissensentscheidung zu machen im Deutschen Bundestag?

    Fuchs: Ich denke nicht, dass man so was als Gewissensentscheidung bezeichnen kann. Da gibt es ganz andere Themen, die Gewissensentscheidungen sind. Das hier ist ein ganz normaler Vorgang, der im Deutschen Bundestag mit den üblichen Regeln entschieden wird.

    Armbrüster: …, sagt Michael Fuchs, der Fraktionsvize der Union im Deutschen Bundestag. Besten Dank, Herr Fuchs, für das Gespräch.

    Fuchs: Vielen Dank, Herr Armbrüster.


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