Donnerstag, 28. März 2024

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"Ich lass meine Firma, sprich DDR, lass ich nicht im Stich"

11. November 1989: Das Wochenendjournal live aus Berlin.

13.04.2012
    Falk Schwarz: Wir stehen mit dem Übertragungswagen des Deutschlandfunks hier am Grenzübergang Invalidenstraße, und was sich hier abspielt, ist in der Tat erstaunlich: Ein unablässiger Strom von Menschen kommt über diesen Grenzübergang, das hat die ganze Nacht nicht aufgehört und hört jetzt auch nicht auf. Wir werden in den nächsten zwei Stunden von hier aus live berichten, und wir haben gleichzeitig eine Leitung nach Helmstedt geschaltet, wo der Kollege Björn Held für uns direkt berichten wird. Hier in Berlin sind am Mikrofon Falk Schwarz und Dietmar Timm. Darf ich Sie kurz fragen, Sie sehen so aus, als wären Sie tief bewegt?

    Passant: Ja, ja, ehrlich vom Herzen her.

    Schwarz: Das haben Sie nicht für möglich gehalten?

    Passant: Nein, nein. Ich war damals, als die Mauer kam, war ich 17. Und da haben meine Tante, und meine Geschwister, ich meine, alle, wir haben uns so auseinandergelebt. Ich habe gesagt, meine nächste Generation, mein Sohn zum Beispiel, der ist, am letzten Sonntag hat der angerufen aus Kassel, und da habe ich gesagt: Mensch, Junge, geh nicht, bleib hier. Wir brauchen dich. Nun ist er gegangen. Ich hoffe, dass er wiederkommt.

    Schwarz: Aber Sie kommen heute Abend zurück?

    Passant: Sicherlich, selbstverständlich. Ich habe eine Aufgabe, ich arbeite da drüben in der Charité, im Gesundheitswesen. Ich lass meine Firma, sprich DDR, lass ich nicht im Stich.

    Sendezeichen aus 50 Jahren DLF
    50 Jahre Deutschlandfunk