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"Ich musste gehen, um mich selbst zu entdecken"

Alex Skolnick ist ein Multitalent. Bereits als Jugendlicher feierte er mit der Heavy Metal-Band Testament Erfolge, doch das war ihm nicht genug. Mit 22 verließ er die Band und widmete sich dem Jazz. Neben der Musik ist Schreiben Skolnicks große Leidenschaft.

Von Stefanie Christensen | 30.03.2013
    "Es hatte wirklich mehr mit musikalischer Entwicklung zu tun. Ich wusste, dass es diese Ebene gab, die ich musikalisch noch erreichen musste. Und das konnte ich nicht, weil die Arbeit mit Testament ein Vollzeitjob war.

    Wenn ich damals die Möglichkeit gehabt hätte, andere Sachen nebenbei zu machen, hätte ich vielleicht in der Band bleiben können. Aber ich musste gehen, um mich selbst zu entdecken. Und ich wollte nicht für immer als Metal-Gitarrist definiert werden. Es gibt mehr Seiten an mir als nur diese."

    Verbittert scheint Alex Skolnick nicht darüber zu sein, dass er nach fünf erfolgreichen Alben - mit 22 Jahren immer noch ein Jungspund - die Band Testament verlassen musste. Es war wohl eher sein Weg, der ihm diesen Schritt diktierte. Das Gefühl, dass er als Musiker nicht komplett wäre, wenn er nicht alle Facetten seines Könnens und seiner Kreativität ausloten würde. "Nur" ein Heavy Metal-Gitarrist zu sein, reicht ihm nicht aus. Er wendet sich dem Jazz zu.

    "Es hatte nichts mit der Metal-Szene an sich zu tun. Aber ich spürte, dass ich quasi einen kompletten Neuanfang machen musste, den ich in Swing-orientierter, improvisierter Musik gefunden habe. Ich musste durch diese Phase gehen."

    Der Spagat zwischen seinem Ruf als Gitarrenheld im Heavy Metal und seiner Liebe zum Jazz gestaltet sich schwierig. Von den Testament-Anhängern wird seine musikalische Entwicklung im besten Falle belächelt, oft genug aber auch mit abwertenden Kommentaren bedacht.
    Trotz seiner unbestreitbaren Virtuosität als Gitarrist und eines abgeschlossenen Jazz-Studiums an einer renommierten Musik-Universität in New York bleibt ihm aber auch die Anerkennung vieler Jazz-Puristen verwehrt.

    "Es gibt unzählige Jazz-Communities. Nicht alle davon haben mich akzeptiert. Und viele von denen werden es niemals tun. Andere wiederum bringen mir großen Respekt entgegen."

    Und viele Jazz-Liebhaber scheint auch zu irritieren, dass er in seiner Musik gerne mit Reminiszenzen an sein Alter Ego als Metal-Gitarrist arbeitet.
    Hier sieht er sich in einer Tradition mit Jazz-Größen wie Pat Metheny, Herbie Hancock oder Chick Korea, die ebenfalls Einflüsse aus Folk, Soul und Flamenco in ihrer Musik verarbeiten. Mit seiner Version des Metallica-Klassikers "Fade To Black" verbindet er auf originelle Weise die gegensätzlichen Welten des Heavy Metals mit dem Jazz.
    Alex Skolnick hat einen hohen Anspruch an seinen kreativen Output. Das gilt nicht nur für seine Musik. Sein Buch "Geek to Guitar Hero" hat er ohne Hilfe eines professionellen Co-Autoren geschrieben. Dadurch möchte er sich von der Masse der Musiker abheben, die Autobiografien veröffentlichen, ohne selbst auch nur ein Wort geschrieben zu haben.

    "Es ist ein Statement. Ich hatte schon lange den Wunsch zu schreiben. Ich sehe das als eine zweite Karriere. Ich wollte schon viel früher damit anfangen, befand mich aber immer noch auf meiner musikalischen Reise. Da hatte ich keine Zeit für andere Sachen. Während meines Jazz-Studiums nahm ich an Kursen für kreatives Schreiben teil. Ich bedauere nur, dass ich nicht eher damit angefangen habe. Heutzutage bringt jeder Musiker eine Autobiografie heraus, auch wenn sie diese nicht selbst geschrieben haben. Also war es das Mindeste, was ich tun konnte: dieses Buch selbst zu verfassen."

    Am Ende seines Weges allerdings ist Alex Skolnick auch im Alter von 45 Jahren noch nicht angekommen. Für die Zukunft hat er sich noch viel vorgenommen - sowohl als Wanderer durch die musikalischen Welten als auch als Autor weiterer Bücher.

    "Ich würde gerne weitere Bücher und auch einen Roman schreiben. Es gibt viele Dinge, die ich noch machen möchte. Ich arbeite zurzeit an einem Akustik-Projekt mit Musikern aus aller Welt. Es fühlt sich an, als ob ich gerade erst angefangen habe."