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Ifo-Geschäftsklimaindex
Konsumieren gut, investieren schlecht

Die Deutschen geben wieder gerne Geld aus, meldet heute die Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Interessanterweise passt das gar nicht zusammen mit der Stimmung der Unternehmen. Die schauen eher pessimistisch in die Zukunft. Ein Widerspruch, der sich aber erklären lässt.

Von Michael Braun | 25.07.2014
    Eine Passantin geht am 06.06.2014 in der Innenstadt in Hamburg an einem Bekleidungsgeschäft entlang.
    Die Deutschen sind in Konsumlaune, wie hier beim "Shopping" in Hamburg - die Preise steigen so langsam wie seit vier Jahren nicht mehr. (dpa / Bodo Marks)
    Es schien ein Gesetz: Bewegt sich der Index der Einkaufsmanager, geht das zweite wichtige Konjunkturbarometer in die gleiche Richtung, der Ifo-Geschäftsklimaindex. Und zeigt der dreimal hintereinander dieselbe Tendenz, ist aus einer Bewegung ein Trendumkehr geworden. Beides stimmt heute nicht. Die Einkaufsmanager verbreiteten gestern gute Stimmung, der Ifo-Index heute schlechte, und das zum dritten Mal hintereinander. In normalen Zeiten bedeutet das: Eine Rezession zieht auf. Doch davon wollen die Volkswirte diesmal nichts wissen. Ifo-Ökonom Timo Wollmershäuser beharrt:
    "Der Aufschwung dürfte sich schon fortsetzen, er legt eben nur eine längere Pause ein als gedacht."
    Dass die Volkswirte ihre ehernen Regeln über den Gleichlauf wichtiger Konjunkturindizes und besonders die Drei-Mal-Regel des Geschäftsklimaindexes aus dem Münchner Ifo-Institut nicht aufgeben wollen, liegt an den derzeit außergewöhnlichen und außerökonomischen Einflussfaktoren auf die Stimmung. Michael Holstein, Leiter Volkswirtschaft der genossenschaftlichen DZ Bank, erklärt sich die verwirrenden Signale so:
    "Ich kann mir den Unterschied in diesem Monat eigentlich nur dadurch erklären, dass in der Ifo-Umfrage ein größerer Anteil der Befragten spät geantwortet hat, das heißt nach dem Abschuss des Flugzeugs in der Ukraine, was ja eine weitere Eskalation darstellt und was Sanktionen wahrscheinlicher gemacht hat, und dass dieser größere Anteil sozusagen der späten Antworten dafür verantwortlich ist, dass das Stimmungsbild bei Ifo deutlich negativer ausgefallen ist als beim Einkaufsmanagerindex."
    Geschäftsklimaindex wieder gesunken
    Also: Nicht schön, aber noch kein Grund, Wachstumsprognosen grundlegend zu revidieren, wenn der Geschäftsklimaindex nach Mai und Juni nun auch im Juli zum dritten Mal hintereinander gesunken ist, auf nunmehr 108 Punkte. Sowohl ihre aktuelle Lage als auch ihre Geschäftserwartungen beurteilten die 7.000 befragten Unternehmen skeptischer. Immerhin: Der Index ist von den 85 Punkten in der Baisse des Jahres 2009 noch weit entfernt.
    Konsumlust der Verbraucher ist ungebrochen
    Und außerdem gibt es als Konjunkturfaktor ja noch die Verbraucher. Deren Konsumlust, haben die Marktforscher der GfK heute ermittelt, sei "überaus robust". Der Konsumklimaindex habe für August sogar noch leicht von 8,9 auf neun Punkte zugelegt. Der Abschuss des Passagierflugzeuges über der Ukraine wirkte kaum auf die Daten, weil die Befragung zu diesem Zeitpunkt schon fast abgeschlossen gewesen sei. Außerdem schauten die Menschen gern auf die Umstände, die ihnen am nächsten lägen, sagt Andreas Scheuerle von der Deka Bank:
    "Entscheidende Dinge sind hier der Arbeitsmarkt. Der ist stabil. Die Löhne steigen wieder kräftig und selbst die Bundesbank sagt: Da gibt's noch Luft nach oben. Die Inflation ist gering und die Zinsen niedrig. Das ist ein Umfeld, in dem man gerne konsumiert. Und das tun die Konsumenten dann auch."
    Privater Konsum reicht alleine nicht aus
    Michael Heise, der Chefvolkswirt der Allianz, zieht einen Strich unter das, was die Konjunkturprognostiker aktuell sehen:
    "Die Chance, dass es Revision nach unten gibt, ist leider relativ groß."
    Denn der private Konsum allein kann es in einer exportorientierten Volkswirtschaft nicht stemmen.