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Ifo-Geschäftsklimaindex
Stimmung in der Chefetage sinkt

Die Stimmung unter 9.000 befragten Managern deutscher Unternehmen ist im Juni gesunken. Analysten hatten mit einem stärkeren Rückgang gerechnet. Bei zwei Prozent Wachstum bleibt die Beschäftigungslage angespannt, doch die Erwartungen für das Geschäft sind unverändert leicht optimistisch.

Von Brigitte Scholtes | 25.06.2018
    Die Einkaufsmeile Hohe Strasse fotografiert am Mittwoch (22.08.2012) in Köln.
    Der Ifo-Geschäftsklimaindex im Juni ist gesunken. Bei zwei Prozent Wachstum bleibt der Arbeitsmarkt angespannt, Verbraucher fürchten jedoch nicht um ihre Jobs, sie konsumieren weiter. (picture-alliance / dpa / Oliver Berg)
    Der Handelsstreit mit den USA hat der Stimmung in den Unternehmen einen deutlichen Dämpfer verpasst. Der Geschäftsklimaindex des Ifo-Instituts ist im Juni von 102,3 auf 101,8 Punkte gesunken. Denn die Manager der etwa 9000 befragten Unternehmen sind mit der aktuellen Geschäftslage nicht mehr so zufrieden. Immerhin sind die Erwartungen aber stabil geblieben. Doch sie sehen Risiken, sagt Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, der Landesbank Hessen-Thüringen:
    "Wenn wir schauen, was sich auf der Handelsseite abzeichnet, das sind schon leichte Eskalationsstufen, und wir wissen nicht, wie das weiter geht. Die Unsicherheit in Europa ist eher struktureller Art, keine unmittelbare Belastung auf der konjunkturellen Seite, zumindest kurzfristig. Aber es drückt auf die Stimmung, und jetzt werden vermutlich erst mal die Risikofaktoren an den Märkten eingepreist werden."
    Unsicherheit über Asylstreit und mögliche Neuwahlen
    Hinzu kommt natürlich die innenpolitische Unsicherheit, denn der Asylstreit könnte zu einem Sturz der Regierung und womöglich Neuwahlen führen. Und Unsicherheit ist nicht gut für die Wirtschaft, meint die Chefvolkswirtin der Helaba:
    "Üblicherweise halten sich Unternehmen dann mit wichtigen Entscheidungen zurück."
    Wegen der Risiken schrumpfen die Bestellungen in der Industrie seit vier Monaten, das ist die längste Auftragsflaute seit der globalen Finanzkrise 2008/2009. Auch Handel, Baubranche und Dienstleister sind nicht mehr so optimistisch. Doch sollte man nicht zu schwarzmalen, meint Gertrud Traud:
    "Die Lageeinschätzung, die obereuphorisch war im Vorfeld, normalisiert sich jetzt. Und es zeichnet sich ab, dass wir 2018 keine weitere Beschleunigung des Wachstums sehen. Aber nach einer Wachstumsrate von 2,5 Prozent im Vorjahr sehen wir uns darin bestätigt, dass es in diesem Jahr rund zwei Prozent werden. Zwei Prozent ist immer noch ziemlich hoch und immer noch über der Beschäftigungsschwelle, was nichts anderes heißt, dass der knappe Arbeitsmarkt sich fortsetzen wird."
    Verbraucher fürchten nicht um ihre Jobs
    Das zumindest deute darauf hin, dass die Verbraucher nicht um ihre Jobs fürchten und deshalb weiter in Einkaufsstimmung bleiben, auch wenn die Inflation in Deutschland allmählich anzieht: Im Mai waren die Preise ja um 2,2 Prozent gestiegen. Doch noch bleibt die Geldpolitik locker und unterstützt die Wirtschaft. Und die Währung hilft zudem. Denn weil die amerikanische Notenbank inzwischen schon mehrfach die Zinsen erhöht hat und noch zwei weitere Zinserhöhungen plant, werde das der Wirtschaft im Euroraum zugutekommen, glaubt David Kohl, Chefvolkswirt des Bankhauses Julius Bär:
    "Deswegen glauben wir, dass für diese Drei-Monatsfrist, kurze Frist, diese Zinsdifferenz immer noch das Potenzial hat, den Euro weiter zu schwächen. Und das ist ja dann auch im Sinne der europäischen Währungshüter. Denn dann kann man sehr viel entspannter agieren auch in Anbetracht dieses leichten Durchhängers der Konjunktur. Denn ein schwächerer Euro hilft dann auch der Konjunktur."
    Einen Abschwung oder gar eine Rezession befürchten die meisten Volkswirte also nicht.