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Italien
Der Friedhof der Zirkusleute

Bussolengo liegt in der italienischen Region Emilia Romagna. Hier findet sich der wichtigste europäische Friedhof von Zirkusleuten. Noch zu Lebzeiten kümmern sich Clowns und Akrobaten, Zirkusdirektoren oder Dompteure darum, hier ihre letzte Ruhestätte zu finden.

Von Thomas Migge | 07.04.2016
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    Bei der Beisetzung von Zirkuskünstlern sind Clowns besonders traurig geschminkt. (Imago Stock)
    Franci sucht immer wieder einen, wie er es nennt, "spirituellen Kontakt" mit seinem Onkel Giuseppe. Er besucht seinen Onkel regelmäßig. Auf dem Friedhof in Bussolengo, einer kleinen Ortschaft in der Nähe von Verona. Franci ist Clown und arbeitet bei verschiedenen italienischen Zirkussen. Immer wenn er durch Norditalien reist oder dort auftritt, ist ein Besuch auf dem Friedhof bei Onkel Giuseppe angesagt. Giuseppe ist Francis großes Vorbild. Auch er war Zirkusclown, 52 Jahre lang. Bis zu seinem Tod, vor zwei Jahren. Für Onkel Giuseppe war klar, er hatte es auch schriftlich festgelegt: Er wollte in Bussolengo seine letzte Ruhe zu finden, auf Italiens berühmtestem "Cimitero circense", dem Friedhof der Zirkusleute. Wie so viele – schon seit 1959. Die Historikerin Mara Vanelli aus Verona hat die Geschichte der italienischen Zirkusse studiert. Sie hat eine Erklärung dafür, warum gerade hier der wichtigste Ort für die Beisetzung von Clowns und Dompteuren, Zirkusdirektoren und Trapezmeistern entstanden ist:
    "Dieser Friedhof wurde so berühmt, weil die Region Venetien eine lange Zirkustradition hat, und Bussolengo ein Ort ist, an dem viele Zirkusse vorbei kamen."
    Hinzu kommt auch, dass viele Zirkuskünstler eine besondere Beziehung zur Region haben, denn sie haben im nahen Verona die nationale italienische Zirkusakademie besucht.
    Alle Gräber in Bussolengo sind künstlerisch gestaltet und – wie in Italien üblich – mit Fotografien der Beigesetzten ausgestattet. Auf dem Zirkusfriedhof bekommt der Besucher fast ausschließlich Künstlerfotos zu sehen. Die Verstorbenen werden in ihren Kostümen präsentiert. Clowns mit fantasievollen Kleidern und roten Nasen oder Dompteure in voller Montur mit Peitsche und Wildkatze.
    Für die Beisetzungen in Bussolengo, fast immer mit Musik, erscheinen die Kollegen verstorbener Zirkuskünstler oftmals in bunter Arbeitskleidung. Clowns sind geschminkt. Es ist Tradition, dass sie sich zu den Beerdigungen besonders dicke schwarze Tränen auf die Wangen malen.