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ifo-Index
Firmenchefs zuversichtlich trotz Jamaika-Aus

Die Geschäfte laufen, die Eurozone ist im Aufschwung: Der Index des Münchner Ifo-Instituts erhebt die Stimmung bei Firmenchefs und zeigt ein erstaunlich positives Halbjahr. Das kann mit den Sondierungsgesprächen zu tun haben.

Von Brigtte Scholtes | 24.11.2017
    Das Logo des Ifo-Institutes
    Das Logo des Münchner Ifo-Institutes (dpa/picture-alliance/Peter Kneffel)
    Der ifo-Index klettert von einem Rekordwert zum nächsten: Im November hat er 117,5 Punkte erreicht, obwohl die meisten Analysten eher mit einem leichten Rückgang gerechnet hatten. Die Stimmung in den deutschen Chefetagen ist hervorragend, auch wenn die Unternehmen die Einschätzungen zur aktuellen Lage etwas nach unten korrigiert haben. Denn in diesem Monat sind es vor allem die Erwartungen an das nächste Halbjahr, die den Index beflügeln.
    Der Aufschwung läuft rund, meint Stefan Mütze, Volkswirt der Helaba: "Ich glaube, der Konjunkturzyklus ist wieder da. Wir gehen Richtung Hochkonjunktur in der Industrie. Die Auslastung ist gestiegen. Die Unternehmen haben Probleme mit den Lieferungen, sie haben Lieferengpässe, auch Personalprobleme, alles diese Probleme, die wir in der Hochkonjunktur haben. Deshalb sollten wir das auch nicht ad infinitum fortschreiben. Wir gehen davon aus, dass wir im Verlauf des zweiten Halbjahres 2018 auch wieder etwas schwächere Zahlen sehen werden."
    Eine Erklärung für das positive Halbjahr
    90 Prozent der Antworten auf die aktuelle Umfrage des Münchner ifo-Instituts, die ja monatlich unter 7.000 Unternehmen erhoben wird, sind vor dem Ende der Sondierungsgespräche in Berlin eingegangen. Das könnte eine Erklärung sein, warum die Konjunkturerwartungen ans kommende Halbjahr so überaus positiv sind.
    Die deutsche Wirtschaft ist in Fahrt. Sie steuere auf eine Überauslastung zu, sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Dekabank: "Wir haben die Umfragen, in denen die Fachkräfte sehr viel stärker als Engpassfaktor genannt werden als in den letzten Jahren. Das geht sogar so weit, dass auch Maschinen und Material mittlerweile als Engpassfaktor gesehen werden. Aber Deutschland ist nur 30 Prozent Europa. Und die Europäische Zentralbank beispielsweise richtet sich nach Euroland. In vielen Ländern sind wir noch nicht ganz so weit, aber auch dort stiegt die Auslastung an."
    Die Eurozone im Aufschwung
    Die Niedrigzinspolitik der EZB gibt der Wirtschaft noch Rückenwind. Aber auch die Weltkonjunktur habe Fahrt aufgenommen, meint Stefan Mütze von der Helaba: "Wir haben einmal das Phänomen, das die Schwellenländer, Stichwort Russland und Brasilien, die in den letzten zwei Jahren in einer sehr, sehr schweren Rezession waren, sich zunehmend hieraus befreien können. sie wachsen wieder. Und was für die deutsche Industrie noch viel wichtiger ist: Die Eurozone insgesamt ist im Aufschwung. Und hier gibt es Multiplikator-Effekte. Selbst Nachzügler wie Italien haben jetzt mehr Wachstum. Natürlich bestellen diese Länder aus der Eurozone dann auch mehr Güter aus Deutschland, und das hilft dem deutschen Außenhandel." So investieren die Unternehmen zurzeit kräftig in Maschinen und Anlagen.
    Doch es gibt einzelne Branchen, in denen sich die Stimmung leicht verschlechtert hat - in der Bauindustrie und im Einzelhandel nämlich. Das Niveau jedoch ist weiter hoch, und im Einzelhandel ist man auch mit Blick auf das kommende Halbjahr weiter zuversichtlich. Der private Konsum war bisher die wesentliche Stütze der Konjunktur. Das dürfte er auch bleiben. Die Beschäftigungsrate ist auf Rekordniveau, die Löhne steigen, und die Inflation ist immer noch niedrig. Ob das Geschäftsklima insgesamt auf so hohem Niveau bleibt, das wird aber auch von der Entwicklung in Berlin abhängen.