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"Impfen ist die beste Prävention"

Die Ministerin für Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt, Gerlinde Kuppe, hat Engpässe bei der Versorgung mit dem Schweinegrippen-Impfstoff eingeräumt. Jetzt seien konkrete Ansagen über die Dauer der Impfstoffbeschaffung sowie verlässliche Empfehlungen, wer eine Impfung in Anspruch nehmen sollte, notwendig.

Gerlinde Kuppe im Gespräch mit Jasper Barenberg | 11.11.2009
    Jasper Barenberg: Schleppend hat sie zunächst begonnen, die bundesweite Massenimpfung gegen die Schweinegrippe. Inzwischen aber haben sich die Verhältnisse gründlich geändert. Bundesweit sind nach Angaben des Robert-Koch-Instituts inzwischen etwa 40.000 Menschen erkrankt. Die steigenden Infektionszahlen und neue Todesfälle haben einen wahren Ansturm auf die Arztpraxen ausgelöst. Viele Patienten müssen sich allerdings gedulden. Die Bundesländer beklagen Engpässe bei der Versorgung mit Impfstoff. Die Impfaktion sei schlecht organisiert, klagen manche Ärzte. Um Probleme aus dem Weg zu räumen, hat der neue Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler die Landesminister für heute nach Berlin eingeladen.

    Aus Sachsen-Anhalt wird die Sozialdemokratin Gerlinde Kuppe heute zu den Gesprächen nach Berlin reisen. Sie ist Ministerin für Gesundheit und Soziales in Magdeburg und ich begrüße sie jetzt am Telefon. Schönen guten Morgen, Frau Kuppe.

    Gerlinde Kuppe: Guten Morgen, Herr Barenberg.

    Barenberg: Frau Kuppe, monatelang haben sich Bund und Länder auf diese Massenimpfung vorbereitet. Wie kann es jetzt eigentlich sein, dass doch einiges schief zu laufen scheint?

    Kuppe: Für Sachsen-Anhalt muss ich sagen, dass es eine sehr gute Zusammenarbeit mit der ärztlichen Seite gibt, mit der Seite des öffentlichen Gesundheitsdienstes. Wir haben bis jetzt circa 10 Prozent der bestellten Impfdosen des Impfherstellers bekommen. Es gibt aber eine wachsende Impfnachfrage, darüber bin ich sehr froh. Ich finde, dass Impfen die beste Prävention ist, und deswegen unterstütze ich sehr die Bestrebung, in dieser Richtung auch das Notwendige für die Bevölkerung zu tun. Wir haben eine Woche lang im Wesentlichen das Schlüsselpersonal impfen lassen, also Beschäftigte im Gesundheitswesen, in Pflegeeinrichtungen, bei Polizei und Feuerwehr, und seit einer Woche wird die Impfung für die gesamte Bevölkerung angeboten. Es ist am Anfang etwas zögerlich losgegangen, aber mittlerweile gibt es sehr große Nachfragen und es gibt Wartelisten. Deswegen brauche ich auch für Sachsen-Anhalt konkrete Ansagen vom Impfstoffhersteller zum weiteren Verfahren, in welchem Zeitraum welche Menge an Impfdosen für die einzelnen Bundesländer zu erwarten sein wird.

    Barenberg: Ist das im Moment aus Ihrer Sicht das größte Problem? Es gibt ja Klagen aus allen möglichen Bundesländern, aus Nordrhein-Westfalen, aus Rheinland-Pfalz, aus Baden-Württemberg, dass nur ein Teil des zugesagten Impfstoffes bisher geliefert wurde. Schwer verständlich ist das ja auch deswegen, weil man mit einer ansteigenden Nachfrage ja durchaus rechnen konnte.

    Kuppe: Es ist richtig, es ist weniger geliefert worden, als wir ursprünglich erwartet haben, und deswegen brauchen wir jetzt auch Ansagen, wie es weitergehen wird, denn wir müssen die Bevölkerung auch ordentlich informieren. Das ist für mich einer der schwerwiegendsten Punkte, den ich heute auch gerne diskutiert wissen will. Da machen mir insbesondere auch die widersprechenden Ansagen, die vonseiten der Wissenschaft kommen, große Sorgen. Ich kann verstehen, dass viele Eltern von Kleinkindern, aber auch Schwangere höchst verunsichert sind, ob sie nun zur Impfung gehen sollen oder nicht. Hier muss es möglichst eine einheitliche Sprache geben. Wir müssen gute und verlässliche Empfehlungen an die Bevölkerung rausgeben, die natürlich wissenschaftlich gut besetzt sind.

    Barenberg: Aber glauben Sie denn, dass da eine einheitliche Meinung überhaupt möglich ist, denn es gibt ja durchaus verschiedene Fachleute, die einfach zu unterschiedlichen Einschätzungen kommen und am Ende bleibt es jedem selbst überlassen, dieses Risiko für sich abzuschätzen. Kann es da eine einheitliche Ansage geben, eine klare Ansage, wie Sie sie einfordern?

    Kuppe: Eine ganz klare sicherlich nicht, aber dieser Medienwettlauf der Wissenschaft, der zur Verunsicherung der Bevölkerung beiträgt, muss möglichst unterbrochen werden. Die Aussagen des Robert-Koch-Instituts und des Paul-Ehrlich-Instituts sind eine gute Richtschnur. Wenn wir uns in der öffentlichen Kommunikation stärker darauf verständigen könnten, wäre ich schon froh und das wäre für die Bevölkerung, für bestimmte Bevölkerungsgruppen, die jetzt stark verunsichert sind, dann ein klares Signal und das wäre auch für die impfenden Ärztinnen und Ärzte eine gute Grundlage, auf der sie die Empfehlungen für die Nachfragenden geben können.

    Barenberg: Kommen wir noch mal kurz auf die Engpässe mit dem Impfstoff zu sprechen. Da erwartet beispielsweise die zuständige Ministerin in Rheinland-Pfalz keine Besserung in den nächsten zwei bis drei Wochen. Was kann heute im Gespräch auch mit dem Bundesgesundheitsminister überhaupt erreicht werden?

    Kuppe: Es wird ja ein Vertreter des Impfstoffherstellers erwartet. Ich gehe auch davon aus, dass die Firma vertreten sein wird und die Situation beim Impfstoffhersteller erst mal darstellen wird. Die Forderung aus den Ländern, dass wir eine verlässliche Perspektive bekommen, wann welche Menge an Impfstoff in den einzelnen Regionen zu erwarten ist, das ist das Mindeste, was heute als Ergebnis rauskommen muss. Ich erwarte auch nicht, dass wir die ursprünglich avisierten Mengen an Impfstoff in absehbarer Zeit zur Verfügung haben werden, aber nicht von Woche zu Woche die vage Ansage, es könnte wieder weniger werden oder es könnte doch ein bisschen mehr sein, damit können wir uns nicht zufrieden geben, sondern es muss verlässliche Aussagen geben.

    Barenberg: Die Ministerin für Gesundheit und Soziales in Sachsen-Anhalt heute Morgen im Gespräch mit dem Deutschlandfunk. Danke schön, Gerlinde Kuppe.