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Impulse für ein besseres Rechtssystem

Chinesische Studenten lernen deutsche Paragrafen? Weit gefehlt: Die China-EU School of Law mit Sitz in Hamburg bildet junge Chinsen in europäischen und internationalem Recht aus.

Von Verena Herb | 24.08.2009
    Die Vorlesung ist zu Ende: Die chinesischen Studenten packen langsam ihre Sachen zusammen. Julia steckt ihren Notizblock und den Kugelschreiber in ihre Tasche. Sie ist eine von 30 Studenten der China EU School of Law, die die dreiwöchige Summer School in Hamburg besuchen:

    "It´s very interesting, cause you meet different kinds of people. We have courses about the European Law in our school in china. And now we actually see how people live in the European Union and we meet people that work for international institutions. You got to know how the legal content operates in reality and it´s a wonderful chance for your study and very interesting."
    Julia gehört zu den Besten ihres Jahrgangs. Die China EU School of Law wurde im Oktober 2008 offiziell eröffnet, und ist an der China University for Political Science and Law in Peking angesiedelt.

    "Die Zielsetzung der China EU School of Law ist, die chinesische Regierung bei ihren Bestrebungen zu unterstützen, eine Gesellschaft zu entwickeln, die rechtsstaatlichen Prinzipien genügt. Wir bilden eine chinesische Elite aus, die sich später international bewegen kann, und eben auch vertraut ist mit europäischen Gedanken."

    Erklärt Prof. Ninon Colneric, die deutsche Co-Dekanin der Law School. 54 Studenten umfasst der 1. Jahrgang, zukünftig sollen 120 junge Leute pro Jahrgang den Masterstudiengang absolvieren können:

    "Ein Masterprogramm, in dem chinesische Studierende einen doppelten Master erwerben können: Sie studieren zunächst chinesisches Recht auf chinesisch, und dieses Studium schließen sie mit einem chinesischen Master ab. Und im Anschluss studieren sie das sogenannte European Law Program, in dem es nicht nur um europäisches Recht im engeren Sinne geht, sondern auch um internationales Recht und Rechtsvergleichung. Und zum Ende des Studiums erwerben Sie zur Zeit einen Hamburger Mastertitel. Der Titel soll allerdings internationalisiert werden."

    Auch Europäische Studenten können an dem Programm teilnehmen. Doch warum sollte man EU Recht in China studieren?

    "Die ganze Vielfalt des Europäischen Rechtsdenkens kann man gerade da besonders gut erfahren. Außerdem haben die europäischen Studenten dort die Gelegenheit, chinesisches Recht zu studieren."
    Eine große Herausforderung, nicht zuletzt aufgrund der Sprache - erklärt die Dekanin. Die China EU School of Law wird getragen von einem Konsortium aus insgesamt 16 Hochschulen, 3 aus China, 13 aus Europa. Sie ist eine sogenannte "Flying Faculty", da aus jeder der beteiligten Hochschulen Professoren für eine Zeit in Peking lehren. Die Dozenten wechseln turnusgemäß. Für die chinesischen Studenten, die gerade in Hamburg lernen, ist es ein Privileg, an der Schule studieren zu können, erklärt Joe, ein Student:

    "The EU is a relative new political entity and it´s becoming more and more important on the international stage. It´s an important global player. And China and the EU has many exchanging relationships, also in the political and legal areas. So I think it´s the best to know about the EU, the European culture, especially the legal culture."

    Und sicherlich gilt es auch ein wenig als Vorbild. Schließlich ist das Rechtssystem in China noch nicht besonders ausgeprägt, die Studenten agieren deshalb anders als beispielsweise ihre europäischen Kommilitonen:

    "So dass manchmal die Argumente etwas anders sind, mehr politisch sind."

    , erklärt Prof. Bruha, der die Studenten während der Summer School in internationalem Recht lehrt. Es ist noch ein langer Weg, bis China nach rechtsstaatlichen Prinzipien handelt. Umso wichtiger sei es, für Verfassungsprinzipien und demokratische Prozesse zu werben. Eine solche Institution ist ein möglicher Weg, so der Professor.

    Das Studium deckt eine weite Spannbreite ab, erklärt Professor Ninon Colneric, die als erste Frau als Richterin an den Europäischen Gerichtshof nach Luxemburg berufen wurde, und zieht eine positive Bilanz nach dem ersten Jahr:

    "Wir sind sehr erfolgreich. Wir haben fast schon alles implementiert, was wir implementieren sollten."

    Der zweite Jahrgang steht schon in den Startlöchern. Anfang September geht´s los. Wieder werden einige Europäer dabei sein, doch zum Großteil Chinesen. Im Herbst dann beginnt das Bewerbungsverfahren für das kommende Jahr.