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Türkisch-russische Beziehungen
Putin und Erdogan demonstrieren Freundschaft

Kooperationen in der Verteidigungsindustrie und ein Ausbau des Handelsvolumens: Russland und die Türkei wollen die Beziehungen verbessern und haben am ersten Tag von Wladimir Putins Staatsbesuch demonstrativ ihre Freundschaft betont. Die könnte heute gleich wieder auf die Probe gestellt werden.

Von Karin Senz | 04.04.2018
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Russlands Präsident Wladimir Putin schütteln sich die Hände bei der Auftaktzeremonie für den Bau des ersten Atomkraftwerks auf türkischem Boden, das mit Moskaus Hilfe entsteht
    Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und Russlands Präsident Wladimir Putin schütteln sich die Hände bei der Auftaktzeremonie für den Bau des ersten Atomkraftwerks auf türkischem Boden, das mit Moskaus Hilfe entsteht (AFP/ Adem Altan)
    Vor gut zwei Jahren nicht denkbar – heute sind die Freundschaftsbekundungen wieder an der Tagesordnung. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan spricht beim Staatsbesuch seines russischen Amtskollegen von seinem "werten Freund Wladimir Putin". Der hat sich Zeit genommen. Zwei Tage bleibt er mit seiner Delegation in der Türkei. Dazu gehören acht Minister. Gestern Nachmittag feiern die beiden Staatschefs den Baubeginn des ersten Atomkraftwerks auf türkischem Boden – mit Moskaus Hilfe – ein russischer Konzern ist beteiligt, russisches Know-how fließt in das Milliarden-Projekt – ein Prestige-Projekt – eines mit Symbolcharakter, betont Erdogan.
    "Zusammen mit Russland arbeiten wir an der Verwirklichung vieler strategisch bedeutender Projekte. Das Flugabwehrsystem S-400, die Turk-Stream-Erdgaspipeline und das Atomkraftwerk Akkuyu, dessen Grundstein wir hier heute legen, sind nur einige von vielen Beispielen."
    Händeschütteln mit Blick auf den Westen
    Erdogan und Putin sind sich der Aufmerksamkeit ihres Treffens sehr bewusst. Man schüttelt Hände, klopft sich auf die Schulter. Die Bilder aus Ankara sind auch für den Westen bestimmt, für die EU, die die Türkei nicht als Mitglied aufnehmen will und für die NATO-Partner. Ankara kauft von Russland das Raketen-Abwehrsystem S-400. Allerdings zieht sich das Geschäft. Darum bittet Erdogan darum, die Lieferung zu beschleunigen. Und Putin stimmt zu:
    "Im militärischen Bereich hat der Vertrag zur Versorgung der Türkei mit dem S-400 Raketensystemen Priorität. Wir erwarten, dass das bevorstehende Treffen einer Kommission auf Regierungsebene die künftigen Lieferungen aus moderner russischer Militärproduktion gründlich diskutieren wird."
    Engere Bindungen zwischen Russland und der Türkei
    Russland, sagen Experten, versucht die Türkei aus seinen Verbindungen zum Westen herauszulösen und stärker an sich zu binden. Erdogan scheint nicht abgeneigt, was künftige gemeinsame Rüstungsgeschäfte angeht:
    "Wir machen diesen Schritt, und wir können auch in anderen Bereichen der Verteidigungsindustrie kooperieren. Wir haben gesehen, dass russische Firmen dafür offen sind. Beteiligte Bereiche, dazu gehört auch unsere Verteidigungsindustrie, führen zu dem Thema Gespräche."
    Bei den Gesprächen gestern sitzen sich die Delegationen beider Länder an einer langen Tafel im Präsidentenpalast in Ankara gegenüber. Auch der Tourismus ist Thema. Die Türkei will noch deutlich mehr Russen an die Mittelmeerküste holen. 4,7 Millionen waren es vergangenes Jahr, bald sollen es sechs Millionen sein, erklärt Erdogan. Und auch das Handelsvolumen soll noch mal deutlich zulegen:
    "Die bilaterale Zusammenarbeit, die unsere Länder in den vergangenen 15 Jahren gezeigt haben, ist eine wichtige Referenz für unsere künftigen Beziehungen."
    Syriengespräche am zweiten Tag
    Die schweren Zeiten sind überwunden, so das Signal nach dem ersten Tag von Putins Staatsbesuch – wäre da nicht der zweite Tag und die Syriengespräche. Zwar setzt Erdogan auch da auf Harmonie:
    "Unsere Länder arbeiten eng zusammen, um den Terrorismus in Syrien zu bekämpfen und den Krieg zu beenden."
    Aber die beiden Länder stehen auf unterschiedlichen Seiten, Russland auf der des syrischen Machthabers Baschar al Assad, die Türkei auf der der Rebellen. Wie belastbar die demonstrative Freundschaft tatsächlich ist, könnte sich also schon heute bei den Syriengesprächen mit dem Iran zeigen.