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Indexfonds
IWF-Warnung schreckt Kleinanleger auf

Indexfonds galten lange als ideale Investition gerade für Kleinanleger. Mit einer Warnung vor diesem Anlageprodukt hat nun ausgerechnet der Internationale Währungsfonds für Unruhe gesorgt. Experten teilen dessen Ansichten aber nicht unbedingt.

Von Michael Braun | 22.06.2015
    Die Anzeigetafel im Handelssaal der Börse in Frankfurt am Main
    Die Anzeigetafel im Handelssaal der Börse in Frankfurt am Main (dpa / Frank Rumpenhorst)
    Seit es an den Börsen nicht mehr nur aufwärts geht, wächst die Vorsicht, gar das Misstrauen. Auch bislang hochgelobte Produkte wie Indexfonds sind betroffen: Kein teures Rein und Raus in den Aktienmärkten, keine Kosten durch die damit verbundenen Börsengebühren, kein Ehrgeiz, besser als der Markt zu sein, passiv also, aber preiswert – so wurden vor allem Indexfonds gelobt. Und jetzt das: Ausgerechnet der Internationale Währungsfonds schreckte kürzlich mit der Botschaft auf, von Fonds, auch ETFs, könne ein Risiko für die Stabilität des Finanzsystems ausgehen. Die These: Je mehr Fonds es gebe, je mehr gleiche sich das Verhalten der Marktteilnehmer an. Und dass alle in die gleiche Richtung gingen, sei im Aufschwung gern gesehen. Es könne bei sinkenden Kursen aber gefährlich werden.
    So lässt Andreas Hackethal, Finanzprofessor an der Universität Frankfurt, das nicht gelten. Richtig sei, dass aktiv gestaltete Fonds und passiv geführte Indexfonds, die lediglich den Referenzindex abbildeten, ohne große Unterschiede am Markt wirkten. Aktiv gemanagte Fonds würben zwar damit, ihre Fondsmanager erkennten rechtzeitig Kursabschwünge und verkauften nahe dem Höchststand, sicherten so das Vermögen der Fondsanleger. Doch so sei es nicht: "Tatsächlich ist das die schwierigste Disziplin in den Märkten, im richtigen Zeitpunkt drinnen und draußen zu sein. Also die Vorstellung, dass das aktive Managen dafür genutzt werden könnte, einen Marktniedergang, Kursstürze auszusitzen, das sehen wir leider in der Vergangenheit nicht so."
    Umso schlimmer, denkt sich der Internationale Währungsfonds. Wenn aktiv und passiv gemanagte Fonds in die gleiche Richtung marschieren, dann könnte das in Abschwüngen zu einem sich selbst verstärkenden Effekt führen. Fonds, auch die hochgelobten, preiswerten ETFs als Brandbeschleuniger? Nein, entwickelt Finanzprofessor Hackethal seine Haltung, dazu. Die Gefahr gehe nicht vom Fonds aus: Nicht der verkaufe, sondern der Impuls gehe doch vom Anleger aus, der Fondsanteile hält.
    "Warum müssen die verkaufen?" Weil alle zur gleichen Zeit Angst bekämen? Weil alle auf einmal konsumieren wollten? Weil alle plötzlich Geld für die Rente bräuchten? Das sei sehr hypothetisch. Die Marktstabilität, erinnert Hermann Josef Tenhagen, der Chefredakteur von "Finanztip", sei überdies in der Vergangenheit nicht von vielen Kleinanlegern, sondern von wenigen Großinvestoren bedroht worden, "die in großem Umfang viel Geld sehr schnell von A nach B transferiert haben oder sehr schnell Liquidität aus dem Markt gezogen haben und damit den Markt instabil gemacht haben. Das war 2008/2009, wenn sie die offenen Immobilienfonds in Deutschland anschauen, was ein sehr ordentliches Investment war für viele kleine Leute, den Markt haben große Investoren zerstört."

    Hier könnte auch in der derzeitigen Marktverfassung eine Gefahr lauern. Denn Großanleger haben die Vorteile von Indexfonds auch erkannt, sind in großem Stil eingestiegen. Zudem wollen Marktgerüchte wissen, dass die niedrigen Zinsen spekulative Großanleger verführt haben, auf Pump Aktien und Fonds zu kaufen. Steigen die Zinsen, dürfte diese Spekulation sich nicht mehr rechnen. Sie müsste aufgelöst werden – mit der Folge eines deftigen Kursrutsches an den Aktienmärkten. Doch das, so Finanzprofessor Hackethal, sollte die Gegenseite aktivieren: "Letztlich haben wir aber nach wie vor viele aktive, gerade institutionelle Anleger, die vielleicht genau darauf warten und sagen: Wenn es da Verkaufsdruck gibt, da gibt es Anleger, die sagen, ich möchte jetzt und muss verkaufen, dass die dann natürlich gut beraten sind, auf der anderen Seite zu stehen und sagen: Gut, dann warte ich, bis der Kurs etwas unten geht. Aber dann ist es für mich eine Kaufgelegenheit. Und das stützt natürlich den Kurs."
    Für "Finanztip"-Chef Tenhagen ist die Debatte jedenfalls kein Grund, Privatanlegern von Indexfonds abzuraten: "Das ist kein Anlass, diese Empfehlung mit einem Fragezeichen zu versehen. 'Finanztip' empfiehlt diese ETFs auf internationale Aktienfonds, weil das der breitestmögliche Markt ist, an dem man überhaupt investiert sein kann, und weil es für Kleinanleger die beste Chance ist, ohne sich sehr, sehr intensiv mit dem Aktienmarkt beschäftigen zu müssen, auf dem Aktienmarkt dabei zu sein und die Chancen des Aktienmarktes mitzunehmen."
    Es sollten freilich Indexfonds auf breite Märkte sein, den deutschen, den europäischen, gar den weltweiten Aktienmarkt. Je enger der im Indexfonds abgebildete Markt wird - nur deutsche Pharmaaktien, nur europäische Medienwerte – umso mehr wird die Idee des Indexfonds verfälscht, umso modischer wird die Anlage. Und umso risikoreicher.

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