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Induktionsschleifen statt Batterien

Verkehr. - Elektroautos sollen neben Hybridfahrzeugen die Alternativen zu herkömmlichen Verbrennungsmotoren werden. Doch bislang plagen viele Elektroautos noch Kinderkrankheiten. Vor allem die Batterien machen Probleme. Ein neues Konzept weg von Batterien und hin zum leichten Automobil haben jetzt Karlsruher Forscher vorgestellt.

Von Michael Stang | 05.08.2010
    Geschwinden Schrittes führt Jürgen Walter durch den Keller der Fakultät für Maschinenbau und Mechatronik.

    "So, das ist also hier das E-Quickie und hier sehen wir jetzt natürlich einmal die Fahrerkabine mit der Lenkung."

    An der Hochschule Karlsruhe – Technik und Wirtschaft hat der Professor zusammen mit seinen Studenten und Kollegen ein neuartiges Elektromobil binnen weniger Monate geplant und konstruiert. Gerade einmal 60 Kilogramm schwer ist das stromlinienförmige, tiefliegende Dreirad im Ganzen. Neuartig ist vor allem sein Antrieb. Das Elektroauto kommt ohne schwere Batterien aus. Jürgen Walter kniet sich hin.

    "Dann sehen Sie hier den Übertragerkopf, das ist das Geheimnis hier unten. Der ist ungefähr 1,5 Zentimeter von dem Linienleiter weg. Hier werden wir auch noch versuchen, den Abstand zu verringern, damit die Übertragung noch besser wird."

    Auf die Idee, das Prinzip der elektrischen Linienleiter in einem Auto umzusetzen, kam der Wissenschaftler bei der Suche nach leichteren Alternativantrieben. Fündig wurde er bei Triebfahrzeugen, die Energie über Kabel aus dem Boden beziehen. Mithilfe solcher Linienleiter werden zum Beispiel Straßenbahnen automatisch gestoppt. Die gleiche Technik sorgt auch dafür, dass Radaranlagen ausgelöst werden, wenn ein Auto zu schnell an ihnen vorbeifährt. Jürgen Walter hat die Technik so umgesetzt, dass das E-Quickie die benötigte Energie – gerade einmal zwei Kilowatt - berührungsfrei aus dem Boden gewinnt.

    "Dann kommen wir hier sozusagen an mit 700 Volt. Dann müssen wir die 700 Volt momentan noch wandeln, damit wir hier ungefähr auf 54 Volt kommen, womit wir Radnabenmotor bestromen können. Und mit diesem Fahrzeug können wir jetzt schon 60 Kilometer (km/h) fahren."

    Zwar verzichteten Jürgen Walter und Kollegen auf große Batterien, dennoch kann das E-Quickie auch kurze Strecken ohne direkte Stromzufuhr fahren.

    "Hier sehen wir mal Pufferbatterien, die dann eben beim Fahren geladen werden können. Und dann, wenn ich jetzt beispielsweise auf eine Seitenstrecke komme, beispielsweise ich möchte jetzt in meine Garage rein fahren, also da ist klar, wird man keinen Linienleiter legen, dass ich hier etwa auch eine Viertelstunde ohne Linienleiter fahren kann, so dass man da ein Gesamtkonzept hat, wo ich eine große Beweglichkeit habe in der Stadt."

    Da die Batterien beim Fahren dank permanenter Stromzufuhr aufgeladen werden, fallen lange Ladezeiten weg. Doch noch sei das Elektromobil nicht praxistauglich. Dies war aber auch nicht das Ziel so Jürgen Walter. Vielmehr sei es um eine tatsächliche Umsetzung des Konzepts gegangen.

    "Das Ziel ist, das Fahrzeug straßentauglich zu machen, und, dass dann auch ein gewisser Komfort da ist, aber eben mit dem Ansatz ein relativ leichtes Fahrzeug zu bauen, das nicht auf Höchstgeschwindigkeiten ausgelegt ist, sondern im normalen Stadtverkehr, also 50 Stundenkilometer, vielleicht mal 70. Aber das ist nicht das Ziel, sondern einfach eine andere Art der Mobilität zu kreieren, das heißt eigentlich den Individualverkehr auf die Spitze treiben und möglichst auch ohne Einsatz von Verbrennungsstoffen oder von nicht-regenerativen Energien."

    Einen ersten Praxistest hat das E-Quickie bereits bestanden. Auf einer 222 Meter langen Rundstrecke an der Hochschule konnte es problemlos 40 Runden drehen. Doch das ist nur der Anfang. Der nächste Prototyp ist schon in Planung. Dann soll das Gehäuse aus Kohle-Kevlar-Gewebe bestehen. So soll das E-Quickie noch einmal 20 Kilogramm leichter werden. Jürgen Walter ist optimistisch, dass schon in zwei Jahren Ableger des Elektromobils wie selbstverständlich zum Straßenbild Karlsruhes dazugehören werden.

    "Im Moment laufen Gespräche, einmal dass man hier eine Dauerstrecke aufbaut. Es laufen Gespräche mit der Stadt, dass wir im Schlossgarten ein Strecke aufbauen, wo man andauernd fahren kann in der Öffentlichkeit und es laufen Gespräche, wie kann man eine Strecke herstellen zwischen der Stadtmitte und dem Forschungszentrum draußen, wo Wissenschaftler andauernd hin- und herfahren müssen, wo man tatsächlich das System auch richtig einsetzt."