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Infektionen
Kranke Mäuse meiden gesunde Artgenossen

Grippe, Tuberkulose, Ebola - das sind Infektionskrankheiten, die durch die Atemluft, Speichel oder Blut zwischen den Betroffenen übertragen werden. Wie sich die Bakterien und Viren in einer Population ausbreiten, haben Wissenschaftler jetzt an Mäusen untersucht.

Per Block im Gespräch mit Lennart Pyritz | 23.08.2016
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    Kranke Mäuse isolieren sich von ihren Artgenossen, bis sie wieder gesund sind. (picture alliance / dpa / Rolf Kremming)
    Lennart Pyritz: Neben zwei Evolutionsbiologen war an der Studie auch Per Block beteiligt, Soziologe und Netzwerk-Forscher an der ETH Zürich.
    Herr Block, was war denn vor der Studie bereits bekannt über den Zusammenhang zwischen Verhalten und Infektionsmustern bei Tieren?
    Per Block: Also zum einen wissen wir, dass kranke Tiere - ebenso wie kranke Menschen - ihr Verhalten ändern, wenn sie krank werden: Wenn Sie eine Erkältung haben, bleiben Sie zuhause. Und zum andern wurde auch viel erforscht, wie sich Krankheiten innerhalb von Netzwerkstrukturen ausbreiten und wie sich die Strukturen von diesen Netzwerken auf die Ausbreitung auswirken. In der Vergangenheit wurde bei Modellen zur Krankheitsausbreitung aber häufig eine Netzwerkstruktur angenommen, die fest ist und dass sich einfach innerhalb dieser festen Struktur eine Krankheit ausbreitet.
    Genau hier setzt unsere Studie an: Wenn wir wissen, dass sich durch die Infektion das Kontaktmuster von Menschen oder Tieren verändert, dann sollte das ja die Ausbreitung von Krankheiten in irgendeiner Weise beeinflussen. Ein ganz anderes Beispiel ist: Stellen Sie sich vor, Sie sind erkältet und bleiben zuhause - dann können Sie Ihre Kollegen bei der Arbeit nicht mehr anstecken.
    Pyritz: In der Studie haben Sie nun Verhaltensexperimente mit mehr als 250 Hausmäusen gemacht. Können Sie den Ablauf dieser Versuche einmal kurz darstellen?
    Block: Ja. Etwas außerhalb von Zürich gibt es eine Scheune, in der lebt eine Population von Mäusen und jede dieser Mäuse hat einen kleinen Micro-Chip unter der Haut und das erlaubt uns zu sehen welche Maus zu welchem Zeitpunkt sich genau wo aufhält. Mäuse sind Gruppentiere und leben in sogenannten Nestern. Innerhalb dieser Nester können wir dann sehen welche Maus wann mit einer anderen Maus Kontakt hat.
    Und in dieser Studie wurde nun zufällig ausgewählten Mäusen eine Lösung injiziert und diese Lösung ruft Krankheitssymtome hervor. Erkältungsähnlich. Und dann haben wir geschaut, wie sich das Sozialverhalten von diesen infizieren Mäusen gegenüber denen, die nicht infiziert wurden, verändert. Und was wir herausgefunden haben ist, dass sich circa 40 Prozent der infizierten Mäuse komplett von der Gruppe isolieren und während sie die Symptome zeigen, keinen Kontakt mit den anderen Mäusen haben.
    Das gesamte Gespräch können Sie noch mindestens sechs Monate ab Sendungsdatum in unserer Mediathek nachhören.