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Ins rechte digitale Licht gerückt

Computer. - Der komplett im Computer entstandene Animationsfilm "Große Haie - Kleine Fische" lässt eine Unterwasserwelt entstehen, die erst mit der passenden Beleuchtung wirklich überzeugend wirken kann. Für das richtige Licht sorgte mit Mark Wendell ein nur dafür verantwortlicher Licht-Regisseur. Durch ein neuartiges Schattierungsverfahren konnte sein Team die Zeit zur Berechnung des Lichts in den Filmbildern massiv verkürzen.

Von Maximilian Schönherr | 13.10.2004
    Unser Ziel war es, eine reiche, helle Unterwasserwelt erzeugen, wie sie noch niemand gesehen hat.

    Das ist Mark Wendell gelungen. Er ist Licht-Chef bei Dreamworks' komplett im Computer entstandenen Unterwasserfilm "Große Haie - Kleine Fische". Unterwasserlicht ist ein ganz eigenes Licht. Es unterliegt anderen Regeln der Brechung und Streuung als das Licht über Wasser. Schon die Konkurrenz von Dreamworks, Pixar, hat bei der Produktion von "Findet Nemo" mit Unterwasserlicht gekämpft. Trübes Licht, Licht von überall her, keine harten Strahlen. Einer der Tricks, deren man sich bei Nemo bediente, um dieses diffuse Licht zu erzeugen, war, eine Vielzahl virtueller Lichter zu setzen, die dem Betrachter natürlich nicht auffallen durften. Dreamworks ging schon mit "Shrek 2", jetzt aber vor allem mit "Große Haie - Kleine Fische" einen moderneren Weg des digitalen Lichts, erklärt Mark Wendell:

    Unser Beleuchtungsverfahren berechnet uns extrem weiches Licht, weiche Schatten und angenehme Streulichteffekte. Die Bilder sehen dadurch ungemein natürlich aus. Wir schaffen das - anders als unsere Kollegen - mit nur ganz wenigen Lichtern.

    Das Verfahren baut auf dem seit vielen Jahren bekannte Konzept einer Globalen Beleuchtung (Global Illumination) auf. Dabei pumpt man Hunderttausende virtueller Lichtteilchen, im Fachjargon der Grafiker Photonen genannt, in die 3D-Szene hinein und wartet, wie sich diese Energie allmählich überall verteilt. Diese Simulation dauert extrem lang, selbst auf Rechner-Farmen aus 1000 Computern unter Umständen eine ganze Nacht. Dann hat man allerdings ein meisterhaft natürlich wirkendes Bild vor sich, wo selbst subtile Effekte wahrnehmbar sind - etwa ein gelber Fisch, der einen Hauch von Gelb auf die graue Häuserwand abgibt, an der er vorbeischwimmt. Beim alten Verfahren des Raytracing wirft der Fisch einen harten Schatten auf die Wand. Und Stellen, wo kein direkter Lichtstrahl hinkommt, würden im Schwarz absaufen.

    Freilich hätte kein Regisseur solche immensen Wartezeiten, bis das global beleuchtete Bild fertig ist, tolerieren können. Sagt der Regisseur: "Mach das Licht da hinten bisschen blauer". Sagt der Beleuchter: "Okay, komm morgen wieder." Das geht natürlich nicht. Weshalb der eigentliche Clou des Verfahrens darin liegt, das Modell der Globalen Beleuchtung so radikal herunterzubrechen, dass der Regisseur bereits nach wenigen Minuten die Szene sieht, in der das Licht blauer ist. Mark Wendell:

    Wir rechnen in Wirklichkeit nicht mit Photonen, sondern mit einem vereinfachten Modell, das uns die Schatten zwischen den Gegenständen ausrechnet, als wären Photonen präsent. Das Verfahren heißt Ambient Occlusion - Abschattung durch Umgebungslicht - und liefert uns ziemlich rasch ein Graustufenbild mit wenig Detail, aber wunderbar weichen Schatten. Wir haben herausgefunden, dass die Detailarmut gar nichts ausmacht, denn wir mischen dieses Basisbild ja mit den bunten Texturen der bewegten Objekte. Wir kamen mit diesem Ablauf quasi über Nacht zu einem zu 80 Prozent, also fast perfekt ausgeleuchteten Licht für die Szenen, an denen wir gerade arbeiteten. Meine Mitarbeiter hatten dann viel Zeit, diese ohnehin schon ziemlich fantastischen Bilder in Ruhe mit der Regie zur Vollendung zu bringen.

    Und so setzt Dreamworks "Große Haie - Kleine Fische" einen neuen Markstein in der 3D-Computeranimation. Es kann gut sein, dass Mark Wendell und seiner Crew für ihr wunderbares Licht ein technischer Oscar winkt.