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Insektengift
Fipronil in eierhaltigen Lebensmitteln

Das Insektizid Fipronil ist über verseuchte Eier in verarbeitete Lebensmittel gelangt. Laut "Süddeutsche Zeitung" fand das Bundeslandwirtschaftsministerium in gut 100 Proben Rückstände - mehr als jeder vierte Test sei auffällig gewesen. Getestet wurden die Lebensmittel schon im August.

Von Paul Vorreiter | 10.10.2017
    Eier in einem Karton
    Wochenlang ist es aus den Schlagzeilen verschwunden: Nun ist das Insektizid Fipronil wieder aufgetaucht: Diesmal allerdings nicht in frischen Hühnereiern, sondern in vielen anderen eihaltigen Produkten, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtet.
    Demnach fand das Bundeslandwirtschaftsministerium in gut 100 Proben Rückstände des Insektengifts. 25 von ihnen lagen über dem einschlägigen Rückstandshöchstgehalt. Soll heißt: Mehr als jeder vierte Test sei auffällig gewesen. Davon wiederum enthielt jede vierte Probe zu viel Fipronil. Experten sprechen von einer "besorgniserregenden Trefferquote".
    Vier Kategorien von eihaltigen Produkten
    Das Bundeslandwirtschaftsministerium ist laut Bericht in vier Kategorien von eihaltigen Produkten auf die Rückstände gestoßen. Darunter "Likör mit Eierzusatz", "Eiersalat", "Feine Backwaren" und "Vollei getrocknet".
    Getestet wurden die Lebensmittel schon im August, also im Zuge des Fipronil-Skandals. Damals mussten Millionen Eier vom Markt genommen werden und mehrere Legenhennenbetriebe gesperrt werden. Den Ursprung hatte der Skandal in Belgien und Niederlanden. Eine belgische Firma hatte ein Desinfektionsmittel, dem das Insektizid beigemischt war, an eine niederländische Firma geliefert. Die ließ die Ställe von Legehennen mit dem Mittel reinigen. Die so verseuchten Eier gelangten dann nach Deutschland.
    Die Behörden wollten mit den Tests in diesem Sommer herausfinden, ob neben Eiern auch andere Lebensmittel betroffen waren. Bis Ende Oktober sollen laut Bericht fast 800 Proben ausgewertet sein. Gut die Hälfte sei schon jetzt analysiert worden. Schon das Zwischenergebnis belege also, dass eihaltige Lebensmittel mit Fipronil-Rückständen in Supermärkte gelangt seien.
    Kritik am Umgang mit dem Skandal
    In dem Bericht wird auch Kritik am Umgang mit dem Skandal laut. In Überwachsungsbehörden kritisiert man demnach offen, dass Labore dazu angehalten worden seien, nicht so genau zu messen, wie es eigentlich nötig wäre. Aber selbst mit den unempfindlichen Messungen sei in vielen Produkten Fipronil entdeckt worden.
    Laut "SZ" bestreiten allerdings mehrere Landesministerien, die mit der Lebensmittelüberwachung vertraut sind, dass sie solche Anweisungen gegeben haben. Ganz im Gegenteil: Das Verbraucherschutzministerium in Kiel etwa soll sogar die Bestimmungsgrenzen verringert haben, um möglichst empfindlich messen zu können.
    Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer kritisiert in dem Bericht sogar die Haltung des Bundes als zu lax. Auch für verarbeitete Produkte müsste Null Toleranz gelten, sagte der Grünen-Politiker. Er wirft Bundesagrarminister Christian Schmidt vor, die Rückstandswerte zu hoch zu legen, damit möglichst wenig zurückgerufen werden.
    Rückruf von Verbraucherzentrale Bundesverband gefordert
    Der Verbraucherzentrale Bundesverband stellt sich nicht die Frage nach der Höhe der Rückstandswerte. Referentin Jutta Jaksche:
    "Zwar hat das Bundesinstitiut für Risikobewertung eine gewisse Entwarnung gegeben für verarbeitete Lebensmittel, weil die entsprechenden Mengen an Fipronil nicht zu einer Gesundheitsgefahr führen aber dennoch gehört Fipronil ganz und gar nicht in Lebensmittel und deswegen sollte auch ein Nachweis dieser Rückstände unbedingt auch zu einem Rückruf dieser verarbeiteten Lebensmittel führen."
    Laut Bericht berufen sich die Ministerien auf Angaben des Bundesinstituts für Risikobewertung, wonach frühestens ab dem Wert von 720 Mikrogramm pro Kilogramm Fipronil im Ei Gefahr droht.
    Dieser Wert findet sich auch in einem Vorschlag von Dienststellen der EU-Kommission. Ab diesem Wert sollten Lebensmittel zurückgenommen werden. Der Entwurf schlägt außerdem vor, dass der 1. August als eine Art Stichtag fungieren könnte. Sollte ein Hersteller vorher Fipronil-haltige Eier verwendet haben, soll er nichts tun müssen, solange die Eier unter der Marke geblieben sind.