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Inside Africa: Ägypten
Mit Croissants und Enthusiasmus durch die Krise

Alaa El Bahay ist Unternehmer in Ägypten. Das Land steckt seit den Unruhen 2011 in einer Dauerkrise - politisch und wirtschaftlich. Aber trotz aller Probleme hat Bahay seinen Weg gefunden. Er ist einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner Ägyptens.

Von Björn Blaschke | 16.06.2017
    Ein Croissant liegt auf einem dunklen Holztisch
    Auch Blätterteigwaren wie Croissants bringt El Bahay in Ägypten auf den Markt (imago stock&people)
    Der Wind streicht über das riesige Loch. Ein Bagger steht auf einem Sandhügel. Holzpflöcke ragen aus dem Boden; sie markieren, wo demnächst Betonmauern gegossen werden. Alaa El Bahay blickt zufrieden über die Baustelle. Seine Baustelle:
    "Wir bauen hier eine schöne Anlage. 6.000 Quadratmeter groß; eine Anlage, um Nahrungsmittel zu produzieren."
    Marktlücken als Chance
    Alaa El Bahay, ein grau melierter Herr in feinem Anzug, dem seine siebzig Lebensjahre noch lange nicht anzusehen sind, ist einer der erfolgreichsten Unternehmer Ägyptens. Und: Erfolgreich ist er vor allem, weil er während seines Berufslebens immer wieder Marktlücken entdeckt und sofort gefüllt hat. Einst, während eines Deutschlandbesuches, war Alaa El Bahay aufgefallen, dass es in Ägypten keine vakuumverpackten Erdnüsse gab. Das änderte er, als er wieder in Kairo war. Erdnüsse wachsen hier, in Ägypten, auf Plantagen in großem Stil. El Bahay musste sie sozusagen nur noch verpacken. Er baute seine erste Fabrik. Das war in den 70er-Jahren. Nun hat El Bahay erkannt, dass in den Kühltruhen ägyptischer Supermärkte etwas fehlt:
    "Es geht um Backwaren. Genauer um halbgebackenes Brot, das Sie überall in Europa finden. Aber noch nicht in Ägypten. Dazu kommen andere Produkte - Blätterteigwaren wie Schokocroissants. Und das wird unsere erste Produktkette."
    Danach sollen Süßigkeiten folgen und Babynahrung. Alles auf 6.000 Quadratmetern.
    "Also hier her kommt das Management hin?" fragt der Reporter. "Genau, das vordere Gebäude. Und ich hoffe, dass wir noch in diesem Jahr, 2017, mit der Produktion beginnen."
    Der Bau einer Produktionsstätte ist das Eine. Das Andere ist die Industrieanlage: Die muss Alaa El Bahey importieren, erzählt er während der Fahrt zu seinem derzeitigen Firmensitz in der Nähe der Baustelle. Eine Anlage habe er in Japan bestellt, eine andere in der Schweiz. Während der Fahrt erzählt Alaa auch, dass sein Hauptgeschäftspartner sein Sohn sei, Ta’mer.
    Vater und Sohn - ein erfolgreiches Team
    Sie arbeiteten, so Alaa El Bahay, gerne zusammen, und das schon seit mehr als 17 Jahren. Bereits in ihrem ersten Familienunternehmen, das vor allem Frühstücksflocken wie Cornflakes und Schokochips produzierte und exportierte. In immerhin 30 Länder, vor allem nach Ost-Asien, Afrika und Europa. Alaa El Bahay und Ta´mer verkauften ihr Erfolgsunternehmen schließlich - an einen ihrer weltweit größten Konkurrenten.
    "Ich habe nur einen Sohn. Und er sagte: Ich glaube, wir müssen verkaufen. Dann haben wir Geld und können etwas Neues beginnen. Und gleichzeitig legen wir eine gute Summe auf"s Konto."
    Alaa El Bahays Büro ist klein, die Einrichtung schmucklos-modern-praktisch. Passend zum kühl kalkulierenden Unternehmer, der in Ägypten aber auch Abenteurer ist. Sein muss. Denn: Das Land steckt in einer Dauerkrise. Seit dem Beginn der Unruhen 2011, die erst zum Sturz von Langzeitherrscher Hosni Mubarak und später zur Entmachtung des Islamisten-Präsidenten Mohammed Mursi führten. Mit den Unruhen blieben die Touristen weg und mit denen die harten Währungen.
    Das alles scheint sich derzeit zu bessern: Bis zum vergangenen Spätherbst hatte die Zentralbank den Kurs vom Ägyptischem Pfund zum Dollar vorgeschrieben. Dann gab sie das Pfund frei; seitdem bestimmt der Markt den Wert der ägyptischen Währung, was mit einer Abwertung einherging. Alaa El Bahey sagt, eine richtige Entscheidung - die allerdings hart sei:
    "Es wird einige ausländische Investoren nach Ägypten locken. Zumal Ägypten ein großer Markt ist - mit den bald 100 Millionen Einwohnern, die alle essen und trinken müssen, Kleidung brauchen. Dazu ist von Ägypten aus ganz Afrika leicht zu erreichen. Ein Riesenmarkt. Für viele ägyptische Unternehmer ist die Situation schwer: Wir müssen Maschinen importieren, bezahlen, mit Geld, das heute weniger wert ist. Aber: Wir müssen da durch. Denn sonst verlieren wir Unternehmer, die wir Millionen und Aber-Millionen in unsere Fabriken investiert haben, alles."
    Trotz aller Hürden nach vorne blicken
    Ein weiterer Schritt in die richtige Richtung, so Alaa El Bahay, sei der Abbau der Subventionen gewesen. Auch wenn viele Ägypter darunter leiden; immerhin lebt gut die Hälfte von ihnen an der Grenze zur Armut oder darunter. Nun müsse allerdings noch mehr folgen, so der Unternehmer weiter. Zum Beispiel der Kampf gegen die Korruption:
    "Es gibt Korruption in Ägypten. Überall. ÜBERALL. Vielleicht ändert sich aber auch in diesem Punkt etwas: Während der Registrierung unseres neuen Unternehmens, das wir jetzt aufbauen, habe ich nichts extra bezahlt. Für alle Gebühren, die ich entrichten musste, habe ich einen offiziellen Beleg erhalten. Aber es gibt nach wie vor Korruption. Überall in Afrika gibt es Korruption."
    Alaa El Bahay hat seinen Weg gefunden - trotz aller Probleme. Er ist einer der erfolgreichsten Geschäftsmänner Ägyptens.
    "Man muss nach vorne blicken. Es geht überall mal hoch mal runter. Aber irgendwann geht es immer wieder aufwärts - und in die richtige Richtung."