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Institut für Staatspolitik
Die Denkfabrik der Neuen Rechten

Am Wochenende geben sich rechte Intellektuelle in Sachsen-Anhalt auf dem Rittergut Schnellroda im Institut für Staatspolitik ein Stelldichein. Das Wochenmagazin "Der Spiegel" schreibt vom "Gipfeltreffen der rechten Vordenker". Wir haben versucht, mit den Gründern des Instituts ins Gespräch zu kommen, was natürlich zu Zeiten des Lügenpresse-Vorwurfs durch die Rechten einigermaßen schwierig war. Trotzdem hat sich unser Autor davon nicht beeindrucken lassen.

Von Christoph Richter | 19.11.2015
    Götz Kubitschek vor seinem 700 Jahre alten Rittergut in Schnellroda.
    Götz Kubitschek vor seinem 700 Jahre alten Rittergut in Schnellroda (Archiv). (dpa / DB Georg Ismar)
    Herbst in Schnellroda im unteren Unstrut-Tal. 100 Einwohner zählt das kleine Dorf - auf halber Strecke zwischen Halle und Erfurt. Läden gibt es keine, nur einen Gasthof und ein altes gelbfarbenes Rittergut im neo-barockem Stil. Hier ist das Institut für Staatspolitik beheimatet. Im Garten weht die Pegida-Fahne, mit dem markant gelb-schwarzem Kreuz auf rotem Untergrund. Was hochoffiziell aussieht, ist formaljuristisch ein spendenfinanzierter Verein. Eine Denkfabrik für das rechtsintellektuelle Milieu Deutschlands, so beschreibt es David Begrich. Ein langjähriger Beobachter der Szene.
    "Es geht ihnen darum, den jungakademischen Nachwuchs weltanschaulich zu schulen. Im Sinne eines Konservatismus, ich würde es nennen recht-intellekutelle Gedankenwelt, die von drei Elementen bestimmt ist. Erstes Element: Anti-Liberales Denken. Zweites Element: Klare Feindbestimmung und das ist der Liberalismus. Und das dritte Element: Auseinandersetzung mit dem Islam."
    Gründer war einst Redakteur der "Junge Freiheit"
    Gründer des Instituts ist Götz Kubitschek, einst Redakteur für die Junge Freiheit. Mit dem Deutschlandfunk allerdings wollen er und seine Frau Ellen Kositza trotz mehrerer Anfragen nicht sprechen. Deshalb an dieser Stelle eine Art familiäre Selbstdarstellung, ein Ausschnitt aus einem 3Sat-Fernsehporträt.
    Ellen Kositza: "Klar, wir sind rechts. Ich bin rechts."
    Götz Kubitschek: "Das Deutschland, in dem ich leben möchte, das ist das Land in dem die Deutschen leben..."
    Kinder tragen allesamt altdeutsche Namen wie Alruhn und Brunhilde
    Der gebürtige Oberschwabe, studierte Germanist, Oberleutnant der Reserve, Verleger – 2001 gründete er den Verlag Antaios, der sich der konservativen Revolution verschrieben hat - führt ein exemplarisch deutsches Leben. Zusammen mit seiner Frau Ellen Kositza zieht er sieben Kinder groß, die allesamt altdeutsche Namen, wie Alruhn und Brunhilde tragen. Fernsehen ist tabu, stattdessen macht man Hausmusik. Im Dorf hat man damit überhaupt keine Probleme.
    Frau: "Na ja, wir kommen gut miteinander aus. Wir sagen auch Guten Tag, die grüßen auch nett. Also wir können uns nicht beschweren."
    Mann: "Ach, da gibt's kein Ärger. Nüscht gibt's. Die Kinder einwandfrei, da gibt's gar nix."
    Auch Thüringens AfD-Chef Björn Höcke ist da
    Für kommendes Wochenende hat Kubitschek zum Herbstkongress geladen. Titel der Veranstaltung: "Ansturm auf Europa". Es werden Redner wie Thüringens nationalkonservativer AfD-Chef Björn Höcke, Euro-Kritiker Karl-Albrecht Schachtschneider oder der Ex-Linke Jürgen Elsässer erwartet. Intellektuelle, die völkisch-nationales Gedankengut mit elitär-aristokratischem Habitus verbindet. Wer jedoch von Neo-Nazis in Nadelstreifen spricht, liegt hier völlig falsch, sagt David Begrich.
    "Natürlich wird deren Gedankenwelt von Neo-Nazis rezipiert, aber es sind keine Neo-Nazis. Sie stehen in der Traditionslinie der sogenannten Konservativen Revolution der Weimarer Republik."
    David Begrich ist Leiter der Arbeitsstelle Rechtsextremismus beim Verein Miteinander in Magdeburg: "Wir wissen, dass die Verbindungen zwischen dem rechten Flügel der AfD und dem Institut für Staatspolitik relativ eng sind. Höcke hat mehrfach Interviews gegeben für den Newsblog sezessions.de. Man könnte es mal so zusammenfassen: Für einen bestimmten Teil der AfD liefert das Institut für Staatspolitik die Ideen."
    Einer der Gastredner war der Staatsrechtler Karl-Albrecht Schachtschneider
    Burschenschaftlern, völkische Ökos bis hin zu AfD-Mitgliedern: Sie alle werden am Wochenende nach Schnellroda kommen. Mit der NPD jedoch – da ist man extrem distinktionsbewusst - will man aber nichts zu tun haben.
    "Man kann als junger konservativer Kopf ein Wochenende kaum besser verbringen. Die Arbeit des Instituts zeigt, vieles ist möglich..." So klingt es bei Götz Kubitschek in einem Werbe-Clip des Instituts für Staatspolitik im Süden Sachsen-Anhalts. Einer der Gastredner ist an diesem Wochenende der Staatsrechtler und Asyl-Kritiker Karl-Albrecht Schachtschneider - ein zackiger Gelehrter um die 75, Emeritus der Universität Erlangen: "Wie ich gehört habe, haben die 190 Leute ausgeladen, weil es viel zu viele waren, die kommen wollten. Es ist mir auch egal, ob Björn Höcke kommt und wer da sonst redet. Ich sage immer nur meine Sache.
    Auf dem Herbsttreffen wird Schachtschneider über die aktuelle Einwanderungspolitik sprechen, die seines Erachtens mit dem Grundgesetz völlig unvereinbar und illegal sei. Merkels Politik nennt der Jurist: "Einen schweren Bruch des Rechts. Und das muss abgewehrt werden."
    "Es gibt eine nicht-nazistische Strömung der extremen Rechten in Deutschland"
    Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider – er hat unter anderem gegen den Lissabon-Vertrag, den Euro, das Transplantationsgesetz geklagt – ist für das Institut für Staatspolitik genau der richtige Mann. Das meint der Sozialwissenschaftler David Begrich. Mit ihm wolle Kubitschek der Öffentlichkeit beweisen, dass der Kongress kein Sammelbecken dumpfer Neonazis, sondern ein Treffen konservativer Intellektueller ist: "Man muss sich einfach klar machen, es gibt eine nicht-nazistische Strömung der extremen Rechten in Deutschland. Das stößt bei vielen auf Unverständnis, weil wir in der zeitgeschichtlichen und ideengeschichtlichen Auseinandersetzung mit der extremen Rechten in Deutschland gewohnt sind, auf Neonazis zu gucken. Und eben wenig oder selten oder gar nicht in der Lage sind, zu differenzieren."
    Ob das Herbstreffen vom Verfassungsschutz in Sachsen-Anhalt beobachtet wird, darüber war von Seiten der Behörde nichts zu erfahren.