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Institut für Friedensforschung
In unruhigen Zeiten sind Krisenexperten gefragt

Jetzt sind sie wieder gefragt: Experten für internationale Konflikte und für Rüstungskontrolle. Ein einjähriger Masterstudiengang "Peace and Security Studies" will ihnen in Hamburg das nötige Wissen vermitteln. Da Konflikte immer mehrere Ursachen haben, ist das Studium auch breit und interdisziplinär angelegt.

Von Axel Schröder | 07.10.2015
    Syrische Truppen beziehen Stellung
    Der Bürgerkrieg in Syrien dauert seit 2011 an. Experten sollen helfen, die Konflikte zu verstehen. (dpa/picture-alliance/Ria Novosti)
    In seinen Büroregalen reihen sich Fachbücher über Rüstungskontrolle, über die Krisenherde der Welt, über Militärinterventionen aneinander. Götz Neuneck ist stellvertretender Leiter des Hamburger Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik. In Zeiten zerfallender Staaten, von Bürgerkriegen und Flüchtlingsströmen sind die Absolventinnen und Absolventen des einjährigen Masterstudiengangs "Peace and Security Studies" gefragte Akademiker: "Wir haben einige Absolventen, die sind jetzt tatsächlich in der Flüchtlingsbetreuung tätig. Es gibt Nichtregierungsorganisationen, die die Leute in bestimmte Krisenregionen schicken. Es gibt auch einen Bedarf bei den Außenministerien anderer Staaten, auch in Deutschland. Beispielsweise die Rüstungskontrollabteilung fragt immer wieder nach: 'Wir brauchen Leute, die sich mit Rüstungskontrolle auskennen!'"
    Gegründet wurde das Institut 1971 mitten im Kalten Krieg. Maßgeblich daran beteiligt war Egon Bahr, der die Annäherung zwischen West und Ost auch durch die Ausbildung von fachkundigen Analytikern, durch Forschung auf diesem Gebiet vorantreiben wollte. 100 Bewerber kommen auf 25 Studienplätze, im Schnitt ist ein Professor für drei Studierende zuständig. Und weil politische und militärische Konflikte sich nie monokausal erklären lassen, arbeitet das Institut eng mit anderen Fakultäten, auch außerhalb Hamburgs zusammen, erklärt Götz Neuneck: "Es ist immer eine Überlagerung von mehreren Problemen: Es geht um machtpolitische Grundlagen, es sind wirtschaftliche Fragen, es sind Fragen des Konfliktmanagements, der Psychologie und so weiter. Friedensforschung muss einen multidisziplinären Ansatz haben. Und deswegen haben wir auch diese fünf verschiedenen Module: beispielsweise Politische Ökonomie und rechtliche Fragen. Zum Beispiel, wenn es um Waffenexport geht."
    Andere Studiengänge als Hintergrund
    Die Absolventen haben ganz unterschiedliche Bachelor- und Masterstudiengänge hinter sich. Beram Mahmoud hat schon fünf Jahre als Ingenieur gearbeitet und beim Aufbau von Hochsee-Windparks gearbeitet. Politisch interessiert war der 32-Jährige schon immer. Und fasste nach dem Aufflammen des Arabische Frühlings den Entschluss, genau diese Entwicklungen besser verstehen zu wollen. "Das ist natürlich erst mal ein sehr spannendes Phänomen. Zumal ich mir auch überlegt habe, dass, wenn es irgendwie anders gekommen wäre, hätte ich auch einer der Jugendlichen sein können, die dort auf der Straße mit protestiert haben. Und aus der Überlegung heraus war ich auch so überrascht, dass die meisten Staaten selbst überrascht waren. Und ich habe mich halt damit beschäftigt: Warum war das so? Warum hat man es nicht kommen sehen und wie weit kann man sowas dann unterstützen oder auch nicht unterstützen?"
    Jetzt, nach dem Abschluss seiner "Peace and Security Studies" will er sich eine kurze Auszeit gönnen. Und dann Bewerbungen verschicken, vielleicht auch ans Auswärtige Amt.
    Wissen, wie Entwicklungspolitik funktioniert
    Gerade eine Woche dabei ist Eva Ernst. Englisch, Spanisch und Deutsch als Fremdsprache hat sie studiert. Nun will sie wissen, wie Entwicklungspolitik funktioniert, welche Möglichkeiten sie bietet. Einerseits, so die Studentin, treibt sie der Wunsch an, etwas zu verändern. Aber sie bleibt auch realistisch: "In vielen Punkten denkt man sich schon, dass man aktiv werden möchte! Man möchte was machen. Jetzt gerade im Hinblick auf die Flüchtlingspolitik. Aber ansonsten würde ich sagen, es ist vielleicht etwas weit gegriffen, dann zu sagen, man muss jetzt vorreiten und auf jeden Fall agieren und was tun. Aber man sollte sich auf jeden Fall mit dem Thema auseinandersetzen, das ist klar!"
    Und klar ist auch: In unruhigen Zeiten müssen sich die Absolventen des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik keine Sorgen um die berufliche Zukunft zu machen. Oder - so formuliert es Beram Mahmoud: Zur Zeit sind die Perspektiven für sie krisensicher.